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Atembeschwerden und Herzleiden überschneiden sich manchmal

Linksherzinsuffizienz, eine Pumpschwäche des Herzens, führt klassischerweise zu Atemnotsymptomatik



Credoweb:   Was kann für Atembeschwerden verantwortlich sein?

Ja, das ist manchmal nicht ganz leicht herauszufinden, weil doch mehrere Organsysteme ineinandergreifen. Es können natürlich die Atembeschwerden an sich aus der Lunge herrühren. Das können entzündliche Erkrankungen der Lunge sein, häufige Erkrankungen, wie z.b. Asthma, das ca. 10-15% der Bevölkerung betrifft, oder eben die chronisch obstruktive Bronchitis – die COPD. Das wären Erkrankungen, die häufig ihren Ursprung in der Lunge haben. Es gibt aber auch starke Überschneidungen zu kardialen Problemen. Das heißt auch eine Linksherzinsuffizienz, eine Pumpschwäche des Herzens, führt klassischerweise zu Atemnotsymptomatik. Psychogene Faktoren wie z.B. Panik oder Stress, können zu einer Hyperventilation führen und auch das Gefühl der Atemnot auslösen. Atemnot an sich ist ein sehr subjektives Gefühl. Normalerweise ist Atmen etwas, was automatisch abläuft, ohne dass wir darüber nachdenken müssen. Das heißt, schon das Bewusstwerden der Atmung ist gleichzusetzen mit „Es stimmt irgendetwas nicht.“, und wenn man das Gefühl hat, effektiv keine Luft zu bekommen, das ist das, was wir als Dyspnoea oder Atemnot beschreiben. Schon alleine, wie dieses Gefühl zustande kommt, ist man sich nicht ganz einig.

Credoweb:   Wie wird eine genaue Diagnose gestellt? Vor- und Nachteile der Untersuchungsmethoden?

Die primären Organsysteme, die von der Wahrscheinlichkeit her ursächlich sind, sind eben Lunge und Herz; darauf muss eben der Fokus liegen. Man kann mit relativ simplen Untersuchungsmethoden, wie z.B. Lungenfunktionstest, Röntgenaufnahme der Lunge, oder auch Laborwerten, und da allen voran, weil das ein sehr guter Wert ist, der pro-BNP-Wert, B-type natriuretic peptide, das ist klassischerweise ein Wert, der dann erhöht ist, wenn das Herz mit Volumen überlastet ist, also schon in eine Pumpschwäche kommt. Man kann zum  Beispiel mit einem relativ simplen Wert wie diesem eine Linksherzinsuffizienz, eine Pumpschwäche des Herzens ausschließen, gesetzten Falles der Wert ist nicht erhöht. Mit den anderen genannten Methoden, wie Lungenröntgen oder Lungenfunktionstest, kann ich doch schon sehr gut einengen, ob die Ursache nicht doch in der Lunge selbst liegt. Erst, wenn diese Untersuchungen keinen klaren Abschluss bringen, muss ich weiterschauen. Auch die coronare Herzerkrankung mit Einengung der Herzkranzgefäße, also noch nicht der Komplettverschluss, wie wir es bei einem Herzinfarkt haben, aber auch schon die substantielle Verengung der Herzkranzgefäße, kann unter Belastung einfach nur das Gefühl der Atemnot  hervorrufen.

Wenn man das Herz weiter abklären müsste, wäre dann in weiterer Folge eine Echokardiographie, ein Herzultraschall, ein CT- der Koronararterien oder eine Herzkathetheruntersuchung notwendig. Wenn die Symptomatik in der Lunge unklar ist, würde man weiter forschen und als nächsten sinnvollen Schritt eine Computertomographie der Lunge machen. Mit dieser Basisdiagnostik müsste man schon einen Großteil der Ursachen rausfinden können.

Credoweb:  Warum steht auf Ihrer Homepage, dass Sie für unklare Befunde der Spezialist sind? Also gibt es ja scheinbar diese Thematik?

Es gibt Unklarheiten bei den Befunden. Zum Beispiel ist  eine Computertomographie  eine irrsinnig gute Methode, der „Goldstandard“ als Bildgebung der Lunge. Das Problem ist, man findet dann doch oft Veränderungen, die dann nicht genau zuordenbar sind.  Primär ist alles, was man in der Lunge als Auffälligkeit findet, für den Patienten extrem beunruhigend, weil fast jeder die Möglichkeit eines Lungenkrebses im Hinterkopf hat, mit den bekannten leider sehr hohen Sterblichkeitsraten.  Es gibt sehr oft Veränderungen, die sind nicht eindeutig zuordenbar, und es ist oft nicht ganz klar, wie man diagnostisch weiter tut. Dann ist der nächstbeste Schritt, und da geht es auch oft um die Erreichbarkeit im Inneren der Lunge, die Lungenspiegelung – eine Bronchoskopie. Macht es mehr Sinn? Ist es weniger gefährlich? Und da muss man natürlich genau nachsehen, wo sind die Veränderungen. Ist für den Patienten eine CT-gezielte Punktion durchzuführen? Muss man doch den Chirurgen bitten, eine Lungenbiopsie durchzuführen? Das heißt, die Lunge ist doch ein Organ, das sehr häufig Veränderungen zeigt, die nicht vom Bild her klar zuordenbar sind. Bevor man sich weiterer Diagnostik unterzieht, macht es dann doch oft Sinn, sich einmal beraten zu lassen, um zu sagen: Ja, das muss man noch weiter abklären lassen, und wenn ja, wie. Was ist der sicherste Zugang? Was ist am erfolgversprechendsten und zugleich die wenigste Gefährdung für den Patienten?

Credoweb:   Wie ist das mit den Pneumokokken?

Das ist ein ganz ein wichtiges Thema. Die Lungenentzündung kann von jung bis alt, letztendlich jeden treffen, wobei auch hier gilt „the very young and the very old“ sind die, die das größte Risiko haben. Der Haupterreger - da reden wir von ca. 60% aller verursachten Lungenentzündungen - sind die Pneumokokken. Darunter wiederum sind in Europa, also in unserer Region, 13 verschiedene Serovare, das heißt 13 unterschiedliche Stämme von Pneumokokken hauptsächlich Verursacher und hauptsächlich schuld. Etwas sehr, sehr Gutes ist aus der Kinderheilkunde gekommen, und zwar ein Impfstoff, der auch seit ein paar Jahren nun auch  für Erwachsene zugelassen ist. Das wäre Prevenar 13. Es ist ein konjungierter Impfstoff. Er hat den Vorteil, dass er eine deutlich höhere Immunantwort induziert als sein Vorgänger, der sogenannte Polysaccharid-Impfstoff, Pneumovax 23. Den konnte man Kinder gar nicht geben, weil Kinder nicht adäquat Antikörper darauf gebildet haben. Erst durch die Möglichkeit ihn zu konjungieren, also an eine Trägersubstanz zu binden, hat man es geschafft, dass das Immunsystem es so gut erkennt, dass es wirklich in extrem hohen Maße Antikörper bildet. Das Prevenar 13 deckt alle wichtigen in Europa vorkommenden Stämme ab und durch die gute Antikörperproduktion reicht an sich für den Erwachsenen eine einmalige Impfung aus. Eine Nachimpfung ist nicht mehr erforderlich. Und, eine Studienpopulation aus den Niederlanden zeigte– ist gerade letztes Jahr veröffentlicht worden – etwas dass wir schon länger wussten, dass die sogenannten invasiven Pneumokokken-Erkrankungen, das heißt die Pneumokokken-Sepsis, die Blutvergiftung, die Pneumokokken-Blutvergiftungen ,dass die hintangehalten werden können, aber auch, dass das Risiko an einer Lungenentzündung zu erkranken deutlich reduziert werden kann.

Credoweb:  Kann eine entzündliche Lungenerkrankung in Asthma übergehen?

Naja, die Frage ist ein bisschen verwirrend. Wir verstehen Asthma selbst als eine chronische Entzündung der Atemwege, so ist es definiert.  Also, dass man irgendeine Virusinfektion hat und diese dann in Asthma übergeht, geht in dem Fall nicht. Es gibt aber sehr wohl Patienten, wo es so läuft, dass sie schon länger eine so genannte bronchiale Hyperreagibilität, eine Überempfindlichkeit der Bronchien haben und so unterschwellig, wenn man es banal sagt, eine asthmatische Veranlagung, und dann ein Trigger dazukommt. Dieser Trigger führt dann dazu, dass das plötzlich manifest wird. Aber das Asthma an sich, so wie es definiert wird nach den geltenden Guidelines, hier vor allem nach GINA – Global Initiative for Asthma, ist selber eine chronische Entzündung der Atemwege, die mit einer variablen Obstruktion, das heißt einer variablen Veränderung der Atemwege, einhergeht.

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