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Die Bedeutung von Komorbidität am Beispiel der COPD

Die Bedeutung von Komorbidität am Beispiel der COPD

Vortrag im Rahmen der wissenschaftlichen Fortbildungswoche der österreichischen Ärztekammer in Schladming 5.-9.3. 2017


Komorbidität bei COPD

 

Durch die chronisch-neutrophile Entzündung der Atemwege kommt es zu einer permanenten Freisetzung von proinflammatorischen Entzündungsmediatoren (Prostaglandine, TNF α und β, IL 6, Fibrinogen).


Es bildet sich ein Teufelskreis aus Inflammation – oxidativer Stress – Gewebeschädigung, wobei im Mittelpunkt die Inhalation und Resorption von oxidativen und karzinogenen Substanzen sowie Ultrafeinstaubpartikel aus Zigarettenrauch (ca. 4.800 Chemikalien, rund 2.000 sind schädlich, etwa 90 davon krebserregen) steht.

 

COPD kann man als eine systemische “low grade” Inflammation mit erhöhten Krankheits- und Sterblichkeitsrisiko sehen. Es besteht eine Abhängigkeit zwischen den Entzündungsmarkern im Blut und der Wahrscheinlichkeit einer Exazerbation, wodurch sich ein sogenanntes potentielles „Interventions-zeit-fenster“ nach der ersten krankenhauspflichtigen Exazerbation zur Vermeidung einer weiteren herauskristallisiert (ca. ein Jahr).

 

Eine Exazerbation ist definiert als ein Ereignis, das zur Verschreibung von Antibiotika u/o systemischen Kortikosteroiden oder zur Klinikeinweisung (schwere Exazerbationen) führt.

Exazerbationen treten zwar mit fortschreitendem Schweregrad häufiger und schwerer auf, es weist aber vieles daraufhin, dass es auch einen Phänotyp mit primärer Neigung zu häufigen Exazerbationen gibt.


Es besteht ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Exazerbationshäufigkeit und Mortalität.

Die Mortalität 12 Monate nach Hospitalisierung wegen einer Exazerbation liegt höher als die, bei einem Herzinfarkt mit und ohne primärer PTCA (Ballondilatation)!

 

Prädiktoren für häufige künftige Exazerbationen:

 

  • Exazerbationen in der Vorgeschichte
  • Abnehmende Lungenfunktion
  • Schlechter Gesundheitszustand
  • Erhöhte Leukozytenzahl
  • Gastroösophagealer Reflux

Folgeerkrankungen

 

Durch die chronisch-neutrophile Entzündung der Atemwege kommt es zu einer Systemisierung der Entzündung über den Blutkreislauf und in weiterer Folge zu: Gewichtsverlust, Muskelschwäche, Dekonditionierung und Pulm. Kachexie, Osteopenie sowie Osteoporose und letztendlich auch eines Vit. D Mangels, welcher die zuletzt genannten Folgeerkrankungen wieder verstärkt und weitere mit sich bringt (Müdigkeit, Konzentrationsprobleme, Depsression, Infektanfälligkeit…).

 

Körperliche Betätigung hingegen zeigt positiven Einfluss auf das Überleben von COPD Patienten, hierbei sollte man sich aber auf Sportarten wie Schwimmen, Radfahren oder Wandern beschränken, Kampfsportarten, Tauchen oder Leistungssport sollten vermieden werden.

Bewegung wirkt auch der Gefahr von psychosomatischen Beschwerden oder einer Depression, welche bei COPD Patienten zum häufigen Begleiter wird, entgegen.

 

Häufige Komorbiditäten:

 

- Typ 2 Diabetes - Risikoerhöhung von 80% im 8 Jahres Follow up. Diese beiden Erkrankungen beeinflussen sich gegenseitig, wobei hier die COPD einen unabhängigen Risikofaktor für Typ 2 Diabetes darstellt;

 

- Metabolische Syndrom - 42,9% aller COPD Patienten (MetS: Abdominelle Adipositas, Dyslipoproteinämie, Hypertonie, gestörte Glukosetoleranz);

 

- kardiovaskuläre Erkrankungen – COPD Patienten erleiden 2,4x häufiger an diesen, wobei bereits bei einer leichten bis mittleren COPD um 28% mehr tödliche koronare Ereignisse zu verzeichnen sind. Unter anderem führt die gesteigerte systemische Inflammation zu vermehrten Plaque Rupturen und in weiterer Folge zu einem Herzinfarkt;

 

Aktives Rauchen zählt hier als gemeinsamer Risikofaktor (kardiovaskuläre Erkrankungen und COPD), COPD als eigenständiger. Erwähnt sei, dass die Kombination aus COPD und Rauchen die Wahrscheinlichkeit eines Bronchuskarzinoms um das Dreifache erhöht!

Die Wahrscheinlichkeit als COPD Patient an einem Bronchialkarzinom zu erkranken ist erhöht, die Prognose durch die Multimorbidität eher schlecht.

 

Möglichkeiten zur Reduktion der Erkrankungsprogression und der Mortalitätsrate:

 

- Frühzeitige Diagnose der COPD (Anamnese: Belastungsdyspnoe, Husten, Vorsorgeuntersuchung, Lungenfunkton, A1AT-Spiegel);

 

Frühzeitiges Erkennen des Risikoprofils (Raucher-, Schnarch-, Familien- anamnese, Gewicht, häufige Infekte, Diabetesneigung, Herz-KL-Probleme);

 

- Frühzeitige adäquate Therapie (LAMA, LABA, ß-Blocker, Antihypertensiva, Roflumilast, OSAS-Therapie [cPAP], LTOT, Antidepressiva, Refluxtherapie, Statine?);

 

- Frühzeitige Präventionsmaßnahmen (Raucherentwöhnung, Gewichts- abnahme, Impfungen, Bewegung-Trainingsprogramm, stat.- amb. Rehabilitation);

 

- Einbeziehung nicht medikamentöser Therapiemöglichkeiten (Lebens- stiländerung, Physio- Ergotherapie, Ausdauer-, Kraft-, Atemmuskeltraining);

 

- Engmaschige Kontrollen der Risikopatienten (Inhalationstechnik, Blutgase Entzündungsparameter, Lungenfunktion, Herzecho, HbA1c, Osteodensitometrie.

 

* Dieser Artikel wurde durch Unterstützung von Dr. Marieluise Draxler verfasst.

Kommentare

Sehr geehrtes CredoWeb-Team! Beim Artikel - Bedeutung von Komorbidität am Beispiel der COPD ist ihnen ein fataler Fehler unterlaufen! Sie haben ein Thorax-Übersichtsröntgen als Blickfang vorangestellt, jedoch seitenverkehrt. Dies ist für jeden Arzt ein sehr schmerzlicher Stich ins Auge, für Lungenfachärzte sogar fast unverzeihlich! Ich bitte Sie daher das Bild zu korrigieren oder zu entfernen!!!

Sehr geehrter Herr Prim. Dr. Wurzinger, vielen Dank für Ihre Anmerkung. Das Foto wurde getauscht. 

Mit freundlichen Grüßen: Ihr CredoWeb Team