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1. Wiener Verdauungstag 2017 - ein Rückblick

1. Wiener Verdauungstag 2017 - ein Rückblick

Namhafte Experten sprachen am 5. Mai im Wiener Rathaus über neueste medizinische Erkenntnisse zu Verdauung und Darmgesundheit ebenso wie über Traditionelle Chinesische Medizin und Ayurveda.


Der 1. Wiener Verdauungstag war ein voller Erfolg. 8.600 BesucherInnen und 160 ÄrztInnen nahmen an diesem spannenden Thema im Rathaus teil. Bei der Begrüßung durch Univ.-Prof. Dr. Michael Frass und Univ.-Prof. Dr. Ludwig Kramer zeigten sich die Veranstalter über den regen Andrang Interessierter begeistert. Die Eröffnung erfolgte durch Gesundheitsstadträtin Mag. Sandra Frauenberger.

Prof. Dr. Frass sprach über "Homöopathie bei Magen-, Darm- und Lebererkrankungen". Dabei stellte er die 4 Säulen der Homöopathie vor: Ähnliches muss durch Ähnliches geheilt werden; die Arzneimittelprüfungen werden am Gesunden durchgeführt; es sollen möglichst immer nur Einzelmittel gegeben werden; die Arzneimittel werden nicht nur verdünnt, sondern auch verschüttelt, was man Potenzierung nennt.

Frass berichtete über Arsen (in kleinster Dosis), welches besonders bei Brech-Durchfall als Akutmittel eingesetzt wird, auch Bauchschmerzen und Entzündungen können gelindert werden. Ein weiteres wichtiges Mittel für den Verdauungstrakt ist Nux vomica (Brechnuss), das bei Beschwerden durch Durcheinanderessen helfen kann, es ist auch bei Magenbeschwerden durch zu viel Stress und Burnout hilfreich. Auch Studien ergeben einen Anhaltspunkt für die Wirksamkeit der Homöopathie bei Magen-Darm-Erkrankungen.

´Heartburn

Prof. Dr. Werner Dolak sprach in seinem Vortrag „Reflux: Wenn die Speiseröhre brennt“ über die Speiseröhre und deren Funktionen. Sie verbindet den Rachen mit den Magen, zieht sich vom Brust- bis in den Bauchraum und befördert im Rahmen des Schluckens die Nahrung in den Magen. Reflux entsteht beim Übergang von der Speiseröhre in den Magen. Immerhin leiden 15% der Österreicher regelmäßig an Sodbrennen! Die Refluxerkrankung kann unterschiedliche Symptome verursachen und kann unbehandelt zu Folgeerkrankungen führen, ist aber im Regelfall gut behandelbar.

Ursachen von Refluxproblemen können sein, dass der Schließmuskel erschlafft, die Speiseröhre unter Zug ist, Verätzungen, aber vor allem ungesunde Ernährungsgewohnheiten können zu Reflux („Heartburn“) führen. Die Symptome äußern sich durch Sodbrennen, Rückfluss von Säure und Nahrung bis zur Mundhöhle, Schwierigkeiten beim Schlucken, können aber auch durch Kehlkopfentzündung, Heiserkeit und Lungenentzündung ausgelöst werden. Bei Alarmsymptomen wie Schluckstörungen, Schmerzen beim Schlucken, Gewichtsverlust, Bluterbrechen, Teerstuhl sollte immer eine endoskopische Abklärung (Magenspiegelung) erfolgen - auch dann, wenn eine medikamentöse Therapie nicht anspricht sowie bei Patienten über 50 Jahren mit Risikofaktoren, um Geschwüren, Engstellen und Speiseröhrenkrebs vorzubeugen. Neben medikamentöser Behandlung gibt es auch die Antireflux-Chirurgie, um einen besseren Verschluss zu erzielen.

Weitere Untersuchungsarten sind Röntgen oder eine pH-Messung durch eine Sonde. Aus therapeutischer Sicht ist eine Gewichtsreduktion zu empfehlen, generell Diätmaßnahmen und ein Abstand von mind. 3 Stunden zwischen den Mahlzeiten, beim Schlafen Kopfhochlagerung, eine 45-Gradstellung beim Schlafen, möglichst nicht in Rückenlage.

Prim. Univ.-Doz. Dr. Manfred Prager vom Krankenhaus Hietzing referierte anschließend über die "Ursachen der Fettleibigkeit", die in unseren Breiten rasant zunimmt, bis zur chirurgischen Behandlung. 1,7 Milliarden Menschen sind weltweit von Fettleibigkeit (Adipositas oder Obesitas) betroffen, 2,5 Millionen Menschen sterben weltweit pro Jahr. Verfahren der Adipositaschirurgie zur Adipositasbehandlung stellen die effektivste Langzeitbehandlung dar, konservative Methoden wie Lebensstilmodifikation, Diäten und medikamentöse Therapien führen leider meist nicht zu den gewünschten Erfolgen.

Fettleibigkeit

Nach 5 Jahren Chirurgie kommt es zu einem Rückgang der Fettleibigkeit von 45 %. Das Gesundheitsbudget beläuft sich bei dieser Erkrankung auf 2-4%, das ist soviel wie bei der Behandlung von Krebskarzinomen ausgegeben wird. Entgegen den Behauptungen ist die Fettleibigkeit jedoch nicht genetisch verankert, sondern familiär bedingt, d.h. der (ungesunde) Ernährungsstil wird weitergegeben. Schuld sind also nicht die Gene, auch der hormonelle Einfluss ist winzig - allein die falsche Ernährung ist ausschlaggebend. Der BMI berechnet sich mit kg/m², bei Fettleibigkeit steigt die Kurve steil an. Bei einem BMI ≥40 kg/m² mit zwei Zusatzerkrankungen kann operiert werden. Die Operation wird von der Krankenkasse übernommen. Das Übergewicht von Senioren und Seniorinnen in Österreich beläuft sich auf 40%.

Es gibt verschiedene Arten der Adipositaschirurgie: Das Magenband führt zu ca. 50 %, die Magenverkleinerung (GastricSleeve Resection) zu 60 % und der Magen-Bypass (Gastric Bypass) zu 70 % Reduktion des Übergewichts. Nach der Operation ist der Erfolg im ersten Jahr ersichtlich, ab dem zweiten Jahr kommt der Lebenssitil dazu, d.h. es ist höchst problematisch, wenn die ungesunde Ernährungsweise beibehalten wird.

Die morbide Adipositas ist eine chronische Erkrankung und hat eine hohe Komorbidität und Mortalität zur Folge. Organe wie Herz, Lunge und Gefäße sind betroffen, Hypertonie, Diabetes mellitus Typ 2, Schlafapnoe können Folgerkrankungen sein, auch Karzinome treten häufiger auf. Durch die Adipositaschirurgie und die ausgeprägte Gewichtsabnahme zeigt sich eine Reversibilität fast aller mit Adipositas verbundenen Stoffwechselveränderungen. Aber auch die Adipositaschirurgie ist nur eine supportive Therapie. Sie ist als Unterstützung gedacht und muss mit einer einer Veränderung des Lebensstils einhergehen.

Text und Fotos: Angelika Vötsch-Rosenauer;  Bildquelle und Video: Springer Medizin - www.vielgesundheit.at

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