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Die Geschichte der Säure-Basen-Kost/ Gängige Ansichten von damals, heute noch aktuell?

Die Geschichte der Säure-Basen-Kost/ Gängige Ansichten von damals, heute noch aktuell?

Woher stammen viele der teilweise heute noch gängigen Ansichten zum Säure-Basen-Haushalt - und sind sie heute noch aktuell?


Der erste, der sich dem Thema " Säure und Basen" widmete, war der schwedische Biochemiker

Ragnar Berg, (1873 – 1956).

Ragner Berg

Ragner Berg hat in der Asche der gängigen Nahrungsmittel den Anteil an Säuren und  Basen erforscht und diesen mit dem Säure- und Basengehalt des Lebensmittels gleichgesetzt. Nach ihm waren Kationen(= + -Ionen) Basen und Anionen (= - -Ionen)  Säuren. Heute weiß man, dass H+ ein Kation und der Grundbaustein der Säuren ist.

Folgende Einteilung hat sich damals etabliert und oft bis heute gehalten:

Gemüse ist ausschließlich: Basenbildner

Eiweiß (v.a. tierisches Eiweiß) ist ausschließlich: Säurelieferant

Die Entdeckung, dass vorwiegend pflanzliche Kost zu einem alkalischen Harn führt, Vegetarier einen alkalischen Harn haben und fleischreiche Kost zu einem sauren Harn führt, bestätigte diese Einteilung ganz offensichtlich.

In die ähnliche Richtung ging die Beobachtung:

Der Tod mancher Menschen an Ketoazidose, infolge tödlicher Übersäuerung. Die Ursache dieses sog. „Säuretodes“ war damals unbekannt. Damit galt diese Einteilung (Pflanzen = Basen, Fleisch = Säuren) als gesichert. Heute weiß man, dass Ketoazidose, die tödlich enden kann, Menschen betrifft, deren Bauchspeicheldrüse so gut wie kein Insulin mehr ausschüttet und die daher die Diagnose Diabetes I erhalten. Bei allen anderen bewirkt Insulin, dass  trotz strengem Kohlenhydratfasten die Werte an Ketonen in einem gesunden Rahmen bleiben.

Eine andere Meinung, die bis heute gerne überliefert wird:

Bestimmte Mineralstoffe (Phosphate, Sulfate) aus Eiweiß werden in Säuren  (z.B. Phosphorsäure) umgewandelt, die nur in Form von Salzen (z.B. Natriumphosphat) mit dem Harn ausgeschieden werden können. Der Körper muss hierfür Basen beisteuern, die er mangels Nahrung zur Not aus den eigenen Knochen usw. bereitstellen muss.

Werden mehr anorganische Säuren als Basen gebildet, baut sich im Organismus allmählich ein Säureüberschuss auf, der durch Basen aus den Pflanzen ausgeglichen werden muss.

  • Sulfate und Phosphate sind negativ geladene Ionen. Sie wurden damals aufgrund der Einteilung von Ragnar Berg fälschlicherweise den Säuren zugeordnet. Chemisch betrachtet, sind sie Salze und Ester und werden im Körper u.a. dazu verwendet, sich bei Bedarf mit Säuren (H+) zu verbinden, damit diese über die Nieren ausgeschieden werden können. Z.B. auch in Form von Schwefelsäure;
  • Jedes Eiweiß, also pflanzliches und tierisches EW, enthält Schwefelsäure. Darüber hinaus liefert jede Zelle beim Abbau Harn- und Phosphorsäure;
  • Ein kleiner Teil der Säuren verlässt den Körper direkt über den Harn, der Rest, gebunden an Salze und Basen, die bei Bedarf von den Nieren aus dem Blut filtriert werden. Oft sind es vor allem tierische Eiweiße, die diese Puffer bereitstellen;
  • Es kann sich kein Säureüberschuss aufbauen, da unser Körper über sehr potente und überaus rasche Puffer verfügt (Zelle, Blut, Bicarbonat-Puffer, zwei Nicht-Bicarbonat-Puffer);
  • Säuren und Basen werden restlos ausgeschieden;
  • Ein großer Teil der Säure-Puffer stammt aus Eiweiß: Zelle, 24% Blut, Ammoniak, Salze: Citrate, Phosphate…
  • Zu viele Säuren können die Nieren genauso belasten wie zu viel Basen aus Gemüse und Basenlieferndem z.B.: Mineralwasser, Basenpulver;
  • Bei Gesunden kann „Basenkost“ den Säure-Basen-Haushalt genauso wenig wie „Säurekost“ aus dem Gleichgewicht bringen.

Viele Ärzte von damals übernahmen diese Sicht:

  • Howard Hay (1866 – 1940): "Trennkost"
  • Japaner Sagen Ishizuka (1851 – 1910): „Makrobiotik“ Yin= Basen//Yang = Säuren entspricht NICHT der Einteilung der TCM.
  • Österreicher Dr. Franz Xaver Mayr (1875 – 1965) Urvater der „Mayr-Kuren“
    • Zitat: „Die Säure ist das Zellgift schlechthin.“
    • Der Schweizer Maximilian Bircher-Benner spricht ebenfalls von der „Säurenot“ des Körpers, die u.a. zu Gicht führt (Gicht wird neuerdings in Zusammenhang mit hohem Zuckerkonsum, insbesondere hohem Fructosekonsum, Alkoholgenuss und dem Verzehr großer Mengen an homogenisierten Milchprodukten gesehen);

Überlieferte Ansichten zu Säure-Basen - was ist dran?

 

KEINESFALLS STIMMT:

  • Gleichsetzen des Anteils an Säuren und Basen in den Nahrungsmitteln mit dem Säure- und  Basengehalt, den sie im Körpergewebe bewirken: man unterscheidet heute zwischen pH- und PRAL-Wert (dazu im Folgeartikel);
  • sauer = ungesund, basisch = gesund;
  • dass unser Körper Basen aus dem Gewebe bereitstellen muss, um Säuren ausscheiden zu können;
  • dass das Bindegewebe als Zwischenlager für Säuren fungiert, bis diese notfalls mit Mineralstoffen, die dem Körper (vorzugsweise den Knochen) entnommen werden, neutralisiert werden, um wieder ausgeschieden werden zu können;
  • der menschliche Säure-Basen-Haushalt gehört zu den homöostatischen Systemen, soll heißen, er wird vom Körper autonom geregelt. Kommt es zu groben Verschiebungen, sind wir schwer krank und müssen akut in die Notfallaufnahme eines Spitals, weil dieser Zustand lebensgefährlich ist. Der ideale ph-Wert liegt für jedes Organ wo anders.
Gemüse - ein anerkannter Basenbildner
Eiweiß - ideal als Säurelieferant

 

Mehrere Ausscheidungsorgane und leistungsstarke Puffersysteme sorgen dafür, dass der pH-Wert seine physiologisch zulässigen Grenzen durch Essen und Trinken nicht verlassen kann. (Voraussetzung: die entsprechenden Organe, wie Lunge und Niere sind gesund).

Wir haben alle eine Idee, welche die säurebildenden Lebensmittel sind. Hier hat sich allerdings die Sichtweise, was als sauer und was als basisch einzustufen ist, vor allem in den letzten zehn Jahren, grundlegend gewandelt.

Lesen Sie mehr in meinem nächsten Artikel zum Thema Säure-Basen-Haushalt.

Kommentare

Tom Glady
13 Okt 2018 21:16

Ok aber wenn jetzt eiweiß keine Säuren Bilder mehr sins, was ist denn dann Säuren Bilder? Aus wo kommen dann die Säure??