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Vakzine gegen Ebola, HIV und zur Behandlung von HPV-Infektionen

Vakzine gegen Ebola, HIV und zur Behandlung von HPV-Infektionen

Neue Biotech-Verfahren lassen die Entwicklung völlig neuer Impfstoffe gegen Krankheiten zu, die einer Prophylaxe durch Vakzine bisher nicht zugänglich waren


Neue Biotech-Verfahren lassen die Entwicklung völlig neuer Impfstoffe gegen Krankheiten zu, die einer Prophylaxe durch Vakzine bisher nicht zugänglich waren. Janssen Vaccines hat Hinweise dafür gesammelt, dass ein Kandidatimpfstoff perfekt gegen Ebola schützen könnte, hieß es Ende Woche bei einem Presseforum des zum US-Konzern Johnson-Johnson gehörenden Unternehmens in Leiden in den Niederlanden.

Der Ebola-Ausbruch in Westafrika im Ende 2014 und bis weit in das Jahr 2015 hinein - samt immer wieder aufflackernden Erkrankungen in der Region - hat die Welt sehr unvorbereitet getroffen. Doch die moderne Molekularbiologie erlaubt ein immer schnelleres Reagieren.
Nach mehr als 11.000 Todesopfern bei rund 29.000 Infizierten wurden die Anstrengungen für die Entwicklung einer prophylaktische Vakzine verstärkt.

"Wir haben eine Ebola-Vakzine, die eine robuste Antikörper-Reaktion bei hundert Prozent von gesunden Probanden hervorgerufen hat - und das hielt zumindest ein Jahr an", sagte Johan Van Hoof, Chef der internationalen medizinischen Forschung der Gesundheitssparte des US-Konzerns. Mit einer Immunisierungsstrategie mit einer Erstimpfung und einer Booster-Injektion konnte das erreicht werden. Es zeigte sich bei den Probanden sowohl eine starke Immunantwort durch die Bildung von Antikörpern als auch eine starke Immunantwort auf der Basis von T-Lymphozyten, welche allenfalls durch das Ebola-Virus infizierte Zellen killen sollen.

   Bei der Impfung handelt es sich um die Anwendung von zwei
Vakzinen: Ad26-EBOV als Erstimpfung und MVA-EBOV als Mittel zur Verstärkung der Immunreaktion. Johnson Johnson hat seit 2014 aus dem ehemals eigenständigen Unternehmen Crucell seine Impfstoffsparte geformt. Als Technologie-Plattformen dienen dazu Adenovirus- (ADVac) und Vakzinia-Virus-Vektoren, mit denen man Erbsubstanz in humane Zellen einbringen kann und PER.C6-Zellkulturen zur Produktion. Bei letzteren handelt es sich um aus menschlichen Netzhautzellen
(Retina) abgeleitete Zelllinien, die in Bioreaktoren vermehrt werden. Der Vorteil der Zellkultur-Technologie in der Impfstoffentwicklung und -Produktion liegt in der - theoretisch - sehr schnellen Herstellungsmöglichkeit für Antigene, welche in Impfstoffen zum Einsatz kommen sollen. Mit der speziell entwickelten Zellkulturtechnologie können in einem 20-Liter-Bioreaktor mehr als
150.000 Dosen der Vakzine produziert werden.

   Auch therapeutische Ansätze

   In Sachen Immunschwächekrankheit (HIV) sind bisher alle Forschungen für eine prophylaktische Impfung fehlgeschlagen oder haben nur auf eine zu geringe Schutzrate für eine breite prophylaktische Anwendung hingewiesen. Die Impfstoffentwickler des Pharmakonzerns Janssen setzen hier auf eine ähnliche Strategie wie bei Ebola: Immunisierungen mit zwei verschiedenen Vakzinen.

   Forschungs- und Entwicklungschef Johan Van Hoof betonte, bei jährlich rund 2,1 Millionen HIV/Aids-Neuinfektionen weltweit müsse eine schützende Impfung weiterhin eine Top-Priorität sein. Im Grunde beschäftige man sich schon seit rund zehn Jahren mit solchen Projekten.

   Laut den Vakzine-Entwicklern soll die Erstimpfung mit einem Adenovirus-Vektor erfolgen, in den Gene für die Produktion der HIV-Proteine Gag, Pol und Env eingefügt worden sind. Damit soll eine Immunantwort gegen diese Virusbestandteile in Gang kommen. Dann soll eine Booster-Impfung mit einer Vakzine erfolgen, in der das Oberflächenantigen GP140 von HIV enthalten ist. In einer Versuchsreihe mit zwei Erstimpfungen und zwei Booster-Immunisierungen an zwölf Affen über einen Zeitraum von einem Jahr hinweg gelang es, eine 94-prozentige Schutzrate gegenüber sechs Mal künstlich durchgeführten versuchten Infektionen mit einem Immunschwächevirus (SHIV). Das Konzept soll jetzt in einer klinischen Studie mit rund 2.600 afrikanischen Frauen als Probanden
- die Hälfte bekommen ein Placebo statt den Vakzinen - evaluiert werden.

   Noch weiter wagt man sich mit potenziell therapeutischen Impfstoffen. Wie Van Hoof berichtete, sind präklinische Untersuchungen mit einer Vakzine gegen Human Papilloma Viren (HPV16) bei Mäusen mit durch diese Viren hervorgerufenen Tumoren bei einigen der Versuchstiere positiv verlaufen. Die Immunisierung führte zu vermindertem weiteren Tumorwachstum, drei der Tiere waren nach drei Monaten tumorfrei. Das könnte bedeuten, dass mit einer therapeutischen HPV-Vakzine eventuell Karzinom-Vorstufen oder gar Karzinome (z.B. Gebärmutterhalskrebs) behandelt werden könnten.

   Ähnliches wird von den Janssen-Impfstoffforschern auch bei HIV
geplant: Es soll möglich werden, bei HIV-Infizierten unter einer effektiven medikamentösen antiretroviralen Therapie durch eine zusätzliche therapeutische Impfung das HI-Virus völlig zu unterdrücken bzw. die Infektion auszuheilen. Auch dabei sollen verschiedene HIV-Vakzine zum Einsatz kommen: Konstrukte aus Adeno- und Vakziniaviren, teilweise in Kombination mit einem experimentellen Mittel zur zusätzlichen Stimulierung der angeborenen Immunabwehr über sogenannte Toll-like-Rezeptoren (TLR7). In Versuchen mit Affen und dem Affen-Immunschwächevirus SIV konnte bei drei von neun Versuchstieren eine völlige Unterdrückung von HIV im Blut erreicht werden - ein Zustand der bei diesen Tieren auch nach dem Absetzen der medikamentösen antiretroviralen Therapie anhielt.
Die erste klinische Studie an HIV-positiven Probanden ist bereits im Laufen.

   Weitere Projekte des Unternehmens sind Vakzine gegen invasive E.
coli-Darmbakterien-Infektionen, gegen Infektionen der Atemwege bei Kindern mit dem RSV-Virus, gegen Herpes-Infektionen (HSV1, HSV2) sowie ein Impfstoff, der möglichst gegen alle Stämme von Influenza-Viren schützt (saisonale Influenza und Pandemien durch neu entstandene Influenza-Viren). Schließlich gibt es auch noch ein Projekt zur Entwicklung eines Impfstoffes gegen multiresistente Staphylococcus aureus-Spitalskeime (MRSA).

Quelle: APA

Bildquelle: shutterstock

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