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Aktive Sexualität auch nach gynäkologischer Bestrahlung möglich

Aktive Sexualität auch nach gynäkologischer Bestrahlung möglich

Präzisionsmedizin in der Radioonkologie ermöglicht Erhalt der aktiven Sexualität auch nach gynäkologischer Bestrahlung.


Eine gynäkologische Bestrahlung bei Gebärmutterhalskrebs, Vaginal- oder Vulvakarzinomen hat bislang häufig zu deutlichen Nebenwirkungen in der Scheide geführt, wodurch der Erhalt einer aktiven Sexualität beeinträchtigt war. Mit neuen medizinischen Methoden und Technologien, die eine personalisierte und ganz exakt auf die betroffene Frau abgestimmte Behandlung zulassen, wird es heutzutage immer öfter möglich, dass auch nach einer Bestrahlung eine erfüllte Sexualität gelebt werden kann. Das betont die Expertin für Sexualmedizin Kathrin Kirchheiner von der Universitätsklinik für Strahlentherapie anlässlich des europäischen Kongresses der führenden gynäkologischen Onkologen (ESGO), der von 4. -7. November unter Federführung der MedUni Wien im Austria Center Vienna stattfindet.

Lange Zeit war Sexualität bei Krebspatientinnen ein Tabuthema,

sagt Kirchheiner,

aber neue Forschungsergebnisse und moderne Bestrahlungsmethoden erlauben es den Frauen, auch nach der Therapie wieder an eine erfüllte Sexualität zu denken.

Dabei wirken drei Säulen der Präzisionsmedizin in der Radioonkologie zusammen: Optimale Prävention, exakte Bestrahlung des Tumors und anschließende Sexualberatung. Bei den präventiven Maßnahmen geht es um eine noch bessere Planung der Bestrahlung, um eine hohe Strahlendosis auf den Tumor zu richten aber gleichzeitig das gesunde Gewebe und umliegende Organe möglichst zu schonen, unter anderem auch einen Teil der Vagina. Mit modernen Bestrahlungsmethoden der Außen- und Innenbestrahlung kann heutzutage die Therapie hoch präzise und individuell an die Patientinnen angepaßt werden, wodurch Nebenwirkungen deutlich verringert werden. Eine anschließende Sexualberatung kann den Patientinnen helfen, mit körperlichen aber auch seelischen Veränderungen durch die Krebsdiagnose und Therapie besser umzugehen.   

Optimierte Kooperation 
Die präzise und individualisierte Behandlung der betroffenen Frauen gelingt durch ein optimiertes Zusammenspiel von mehreren Abteilungen und Kliniken an der MedUni Wien/AKH Wien. Beteiligt sind neben der Universitätsklinik für Strahlentherapie auch die Universitätsklinik für Frauenheilkunde – insbesondere die klinische Abteilung für Allgemeine Gynäkologie und gynäkologische Onkologie unter der Leitung von Heinz Kölbl – sowie das Tumorboard des Comprehensive Cancer Centers Vienna (CCC) und deren Plattform „Sexual Health in Cancer Patients“. 

Insgesamt unterziehen sich rund 150 Frauen jährlich im AKH Wien bzw. an der MedUni Wien einer gynäkologischen Bestrahlung, in deren Folge auf den Erhalt einer erfüllten Sexualität mit Unterstützung der drei Säulen Prävention, exakte Strahlentherapie und psychologische Hilfe großes Augenmerk gelegt wird.

 

Österreich ist Vorreiter bei der Prävention von gynäkologisch indiziertem Krebs, insbesondere bei durch Humane Papillomaviren (HPV) hervorgerufenen Krebserkrankungen. "Derzeit erkranken jährlich 400 Österreicherinnen an Gebärmutterhalskrebs und 800 Menschen leiden an Krebserkrankungen, die durch HPV hervorgerufen werden", so Univ.-Prof. Dr. Heinz Kölbl, Leiter der Abteilung für Gynäkologie und gynäkologische Onkologie der Medizinischen Universität Wien. HPV infizieren dabei Epithelzellen der Haut und Schleimhäute und können tumorartiges Wachstum verursachen. Als erstes Land bietet Österreich daher allen Schülerinnen und Schüler der 4. Klassen, also Mädchen und Buben ab 9 Jahren, die kostenlose Schutzimpfung gegen HPV an. Alternativ impfen natürlich auch die Kinderärzte und Gesundheitszentren. Wichtig ist, dass sowohl Mädchen als auch Buben vor deren ersten Sexualkontakten geimpft werden, denn auch Männer können selbst durch HPV-Infektionen an Krebs erkranken oder ihre Sexualpartnerinnen anstecken. "Mit der HPV-9-fach Impfung, an deren Entwicklung die MedUni Wien maßgeblich beteiligt war, und dem neuen HPV-Abstrich als Sekundärprävention kann das Krebsrisiko bei Frauen um mehr als 90 Prozent reduziert werden," erklärt Kölbl. Daher sind Vorsorgeuntersuchungen für jede Frau lebenswichtig.


ESGO 2017
Von 4. bis 7. November 2017 findet im Austria Center Vienna der ESGO (European Gynaecological Oncology Congress 2017) statt, als Kongress-Präsident fungiert Heinz Kölbl, Leiter der klinischen Abteilung für Allgemeine Gynäkologie und gynäkologische Onkologie an der Klinik für Frauenheilkunde der MedUni Wien. Die „Co-Session Sexualmedizin“ findet unter Leitung von Kathrin Kirchheiner statt, es referieren die renommierten ExpertInnen Michal Zikan und Moniek ter Kuile.

 

Quelle: Presseinformation MedUni Wien / Fotocredit: IAKW-AG - Getty Images/iStockphoto

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