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Digitales Monitoring kontrolliert mögliche Mangelernährung von Spitals-PatientInnen

Digitales Monitoring kontrolliert mögliche Mangelernährung von Spitals-PatientInnen

Ernährungswissenschaftlerinnen der MedUni Wien konnten nun zeigen, dass eine genaue Beobachtung des Essverhaltens und eine Bewertung der Speisen mit Hilfe eines digitalen, fotografischen Monitoring-Tools möglich ist.


Trotz ausreichendem Angebot essen rund 50 Prozent der PatientInnen weltweit während ihres stationären Aufenthalts in einem Spital zu wenig, wodurch Mangelerscheinungen verursacht werden und die Genesung gefährdet ist. Die Ernährungswissenschaftlerinnen Eva Winzer vom Zentrum für Public Health an der Abteilung für Sozial- und Präventivmedizin der MedUni Wien und Karin Schindler, Universitätsklinik für Innere Medizin III der MedUni Wien und des AKH Wien, konnten nun zeigen, dass eine genaue Beobachtung des Essverhaltens und eine Bewertung der Speisen mit Hilfe eines digitalen, fotografischen Monitoring-Tools möglich ist. Die Ergebnisse könnten in einem, auf die PatientInnen abgestimmten, Therapieplan miteinbezogen werden. Die Studie wurde im European Journal of Clinical Nutrition publiziert.

 

Kranke und frisch operierte Menschen essen aus mehreren Gründen im Spital zu wenig: „Es kann der Appetit situationsbedingt gering sein, oder man hat zum Zeitpunkt der oft ungewohnt frühen Ausgabe der Mahlzeiten noch keinen Hunger. Anders als bei gesunden Menschen, kann eine Nahrungsreduktion aber zu klinisch relevanten Problemen führen und Prognose und Heilung negativ beeinflussen“, erklärt Karin Schindler, Studienleiterin und Ernährungswissenschafterin der MedUni Wien.

 

Die quantitative und qualitative Nahrungsaufnahme der PatientInnen, z.B. wenn nur die Beilagen gegessen werden, sollte aus ernährungsmedizinischer Sicht kontrolliert werden. Auch eine direkte Rückmeldung über die Qualität der angebotenen Speisen durch die PatientInnen an die Küche, wäre im Zuge eines Monitorings möglich. Im Krankenhausalltag werden derzeit als Monitoring-Tool „Tellerprotokolle“ verfasst, wobei auf einem Blatt Papier mit grafischen Tellersymbolen eingetragen werden kann, ob ein halber Teller oder z.B. ein Viertel verzehrt wurde.

 

Die Ernährungswissenschaftlerin Eva Winzer vom Zentrum für Public Health an der Abteilung für Sozial- und Präventivmedizin der MedUni Wien führte auf einer Station des AKH Wien zur Erprobung eines neuen Tools eine Pilotstudie mit Hilfe digitaler Fotografie durch. Dabei beobachtete sie über sieben Wochen lang die Speisenteller von zwanzig PatientInnen vor und nach dem Essen. Sie fotografierte vor der Essensvergabe die Tabletts und wog sie, ebenso nach dem Essen. Zusätzlich protokollierten die PatientInnen mittels „Tellerprotokolls“ ihre Essensmengen. Anhand des Vorher-Nachher-Vergleichs ließ sich genau quantifizieren, wieviel die PatientInnen von welcher Speise zu sich genommen hatten.

 

Die Schlussfolgerung: Dieses digitale Monitoring-Tool ist valide, genau und praktisch anwendbar. Die Menge der aufgenommenen Nahrung stationärer PatientInnen lässt sich damit quantitativ und qualitativ anhand des Nährwertes der Speisen erfassen. In der Folge könnten therapeutische Ernährungsmaßnahmen, wie etwa die zusätzliche Gabe von Trinknahrung, früher eingeleitet werden, betonen die ExpertInnen. Diese Methode könnte auch für die quantitative und qualitative Bewertung von Speiseresten von Vorteil sein.

 

Eva Winzer: „Es ist klar, dass ein Monitoring-Tool den Arbeitsaufwand des Personals nicht zusätzlich erhöhen darf. Dieses fotografische Monitoring ließe sich nach Einschulung auch ohne Abwiegen durchführen und wäre immer noch valide. In Zukunft wäre die Entwicklung eines automatisierten Ablaufs sinnvoll, zum Beispiel mit einem Gerät, in das man die Tabletts hineinschiebt, wo diese dann fotografiert werden und die Infos danach an die DiätologInnen zur Beurteilung weitergeleitet würden“.

 

Studie: E. Winzer, M. Luger, K. Schindler. Using digital photography in a clinical setting: a valid, accurate, and applicable method to assess food intake. European Journal of Clinical Nutrition. March 2018. doi: 10.1038/s41430-018-0126-x.

Quelle: Presseaussendung der Medizinischen Universität Wien

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