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Lungenkrebs: Immuntherapie kommt bei fast jedem Patienten zum Einsatz – und bringt Überlebensvorteil

Lungenkrebs: Immuntherapie kommt bei fast jedem Patienten zum Einsatz – und bringt Überlebensvorteil

Österreichische Pneumologen maßgeblich an neuen Entwicklungen in der Spitzenmedizin beteiligt


Die Fortschritte bei der Behandlung von Lungenkrebs sind, vor allem dank der sogenannten Immuntherapie, enorm: Die Immuntherapie, die – vereinfacht gesagt – das körpereigene Immunsystem dazu stimuliert, den Tumor anzugreifen, kommt heute in verschiedenen Kombinationen bei jeder Form von Lungenkrebs zum Einsatz. Für die Patienten bedeutet dies einen Überlebensvorteil und eine bessere Lebensqualität. Eine Entwicklung, die dank eines zunehmend besseren Verständnisses der Erkrankung, neuer Erkenntnisse über Biomarker, neuer Medikamente und vor allem auch neuer Studien, an denen österreichische Pneumologen maßgeblich beteiligt waren, ermöglicht wurde.

 

„Unabhängig vom Stadium des Karzinoms und um welche Form von Lungenkrebs es sich handelt: Die Immuntherapie kommt heute bei fast jedem Lungenkrebs-Patienten zum Einsatz“, so der onkologische Pneumologe OA Dr. Maximilian Hochmair vom SMZ Baumgartner Höhe – Otto Wagner Spital in Wien. „Die Immuntherapie kommt heute in verschiedenen Kombinationen oder, bei manchen Patienten, als alleinige Therapie zur Anwendung. Auch die Kombination verschiedener Immuntherapeutika wird untersucht und die Ergebnisse sind sehr vielversprechend.“

 

Spitzenmedizin – made in Austria


Hochmair selbst, Leiter des Arbeitskreises Pneumologische Onkologie der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP), ist maßgeblich an den neuen Entwicklungen beteiligt: Er fungiert als Co-Autor dreier (!) Publikationen[1],[2],[3], die in der renommierten Fachzeitschrift New England Journal of Medicine (NEJM) seit April dieses Jahres publiziert wurden. Und jede dieser Arbeiten verändert in Teilbereichen das therapeutische Vorgehen bei Lungenkrebs dahingehend, dass das Überleben beim kleinzelligen und beim nicht-kleinzelligen Bronchuskarzinom mittels Immuntherapie bzw. zielgerichteter Therapien verbessert werden kann.


Im Rahmen der Pressekonferenz anlässlich der Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) stellte Hochmair die wichtigsten Erkenntnisse und ihre Bedeutung für den klinischen Alltag vor.


Hochmair: „Dank eines besseren Verständnisses der Lungenkrebserkrankungen, der Erfahrungen der vergangenen Jahre aus der Praxis mit den neuen Therapien, der Entdeckung und Bewertung neuer Biomarker sowie der darauf basierenden Entwicklung neuer Therapeutika sind Riesensprünge in der Behandlung des Lungenkarzinoms möglich geworden. In den rezenten Studien wurden, vereinfacht gesagt, verschiedene Therapie- und Therapeutika-Kombinationen untersucht. Unter anderem mit dem Ergebnis, dass die Immuntherapie, die heute schon viel häufiger als noch vor einem Jahr zur Anwendung kommt, in Zukunft noch häufiger eingesetzt werden wird, da sie – in Kombination mit anderen Therapien oder in manchen Fällen auch als alleinige Therapie – einen Überlebensvorteil bringt.“ So wird die Immuntherapie zunehmend mit einer Chemo- und/oder Strahlentherapie kombiniert, was zu einer Immunmodulation, also einem ausgleichenden Einwirken auf das Immunsystem, führt.

 

Lungenkrebs als „neues Role-Model“


War lange Zeit das Melanom der Vorreiter in der Erforschung und Entwicklung von Immuntherapien, so gilt heute das Lungenkarzinom als interessantestes und vielversprechendstes Forschungsgebiet: „Auch bei anderen onkologischen Erkrankungen gibt es hier sehr gute Entwicklungen, aber da ist der Sprung nicht so groß wie beim Lungenkrebs. Das Lungenkarzinom ist aus wissenschaftlicher Sicht einfach noch interessanter, weil die Immun- und die zielgerichtete Therapie bei unterschiedlichen Patienten besonders gut wirken. Und darum lernt man jetzt vom Bronchuskarzinom besonders viel.“


Grund dafür ist, dass besonders beim Raucher durch diverse Substanzen im Tabakrauch das körpereigene Immunsystem besonders beeinträchtigt wird. Dieses wieder „anzukurbeln“ ist das Ziel der Immuntherapie. Hochmair: „Und die Immunmodulation greift hier tatsächlich besonders gut. Das ist auch der Grund, warum der Fortschritt mit der Immuntherapie gerade beim Lungenkrebs so groß ist!“

 

Erstmals seit 30 Jahren neue Behandlungsoption bei kleinzelligem Lungenkrebs dank Immuntherapie


Beim besonders gefährlichen kleinzelligen Lungenkrebs, der ca. 15% der Bronchuskarzinome ausmacht, stellt die Kombination von Chemo- und Immuntherapie überhaupt zum ersten Mal seit 30 Jahren eine neue Therapieoption dar. Das Problem ist, dass der kleinzellige Lungenkrebs (SCLC = Small Cell Lung Cancer) bei zwei Drittel bis drei Viertel der Patienten erst in einem sehr fortgeschrittenem Stadium (Stadium 4) entdeckt wird, da der Tumor so rasch wächst. „Diesen Patienten haben wir 30 Jahre lang nur eine Chemotherapie verabreichen können. Jetzt geben wir diesen Patienten im Stadium 4 zur Chemotherapie zusätzlich eine Immuntherapie und können somit das Gesamtüberleben verlängern.2 Das ist ein enormer Fortschritt!“

 

Immuntherapie auch bei häufigster Lungenkrebsform höchst effektiv


Aber auch beim nichtkleinzelligen Lungenkrebs (NSCLC = Non Small Cell Lung Cancer) kommt die Immuntherapie seit kurzem in einem früheren Stadium zum Einsatz als bisher. Hochmair: „Eine aktuelle Studie hat gezeigt, dass sich das progressionsfreie Überleben und das Gesamtüberleben verbessern, wenn wir bereits im Stadium 3, nach der Gabe einer Kombination von Chemo- und Strahlentherapie, zusätzlich eine Immuntherapie verabreichen. Zusätzlich können dadurch auch einige Patienten mehr sogar geheilt werden, als dies ohne Immuntherapie der Fall wäre. Dies bedeutet ebenfalls einen gewaltigen Vorwärtssprung.“


Auch bei der häufigsten Lungenkrebsform überhaupt, dem sogenannten nicht-kleinzelligen Adenokarzinom (70% der Patienten) kommt die Immuntherapie – in Kombination mit zwei Chemotherapien – heute bereits als First Line Therapie zum Einsatz. Denn in einer weiteren rezenten Studie1, bei der Hochmair Co-Autor war, konnte gezeigt werden, dass diese Triple-Kombination bei Patienten mit fortgeschrittenem nicht-kleinzelligen Lungenkrebs einen deutlichen Überlebensvorteil mit sich bringt.

 

Resümee


Hochmair: „Vor allem die Fortschritte in der Immuntherapie verbessern den Überlebensvorteil der Lungenkrebs-Patienten deutlich. Unabhängig vom Stadium und um welche Lungenkrebsform es sich handelt (SCLC, NSLC) – die Immuntherapie kommt heute bei fast allen Lungenkrebs-Patienten zum Einsatz. – Und sie wird, basierend auf den neuen Studien-Erkenntnissen, in Zukunft noch öfter zur Anwendung kommen: In Kombination mit Chemo- und/oder Strahlentherapie, oder, bei manchen Patienten, als alleinige Therapie oder als Kombination verschiedener Immuntherapeutika. Und wahrscheinlich wird die Immuntherapie in Zukunft auch in Kombination mit einer Operation zur Anwendung kommen – diese Option wird zurzeit ebenfalls in Studien untersucht. Die Immuntherapien, aber auch zielgerichtete Therapien, kommen heute also in immer früheren Stadien des Lungenkrebses zum Einsatz. Und dieser frühe Einsatz von Immuntherapien und zielgerichteten Therapien bedeutet für den Patienten einen Überlebensvorteil, deutlich weniger Nebenwirkungen, deutlich bessere Behandlungsergebnisse und eine höhere Lebensqualität!“

Quelle: Medienaussendung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie

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