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Feinstaub-Debatte: Lungenärzte bezweifeln Grenzwerte

Feinstaub-Debatte: Lungenärzte bezweifeln Grenzwerte

Deutsche Lungenärzte haben eine kritische Überprüfung der Auswirkungen von Feinstaub und Stickoxiden - kurz NOx - auf die Gesundheit gefordert. In einer veröffentlichten Stellungnahme äußerte eine Gruppe von mehr als hundert Medizinern erhebliche Zweifel an der wissenschaftlichen Methodik bei der Festlegung der Grenzwerte.

 

Zugleich drangen die Ärzte auf eine Neubewertung der Studien. Es gebe derzeit "keine wissenschaftliche Begründung für die aktuellen Grenzwerte", hieß es in der Stellungnahme. Die Ärztegruppe kritisierte, die Daten zur Gefährdung von Luftverschmutzung seien "extrem einseitig" interpretiert worden. Andere Faktoren wie Lebensstil, Rauchen, Alkoholkonsum oder Bewegung hätten weitaus stärkere Auswirkungen auf Krankheitshäufigkeit und Lebenserwartung.


Der frühere Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP), Dieter Köhler, der die Stellungnahme initiierte, sprach von einer "Ideologisierung" der Debatte über die Gesundheitsgefährdung durch Feinstaub. Diese werde noch zunehmen, weil vielen Städten weitere Fahrverbote drohten.


Die Kritik der Ärzte bezieht sich auf Studien, in denen Wissenschafter unter anderem des Helmholtz-Instituts in München und der Berliner Charite Krankheiten und Lebenserwartung von Regionen mit unterschiedlicher Feinstaub- oder Stickoxidbelastung verglichen. Demnach besteht für staubbelastete Gebiete ein erhöhtes Erkrankungs- und Sterberisiko.

 

Luftschadstoffe werden mit Lungenerkrankungen, aber auch mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall sowie Diabetes in Zusammenhang gebracht.


Die DGP selbst fasste Ende vergangenen Jahres in einem Positionspapier den Stand der Forschung zusammen, um "einen Beitrag zur Versachlichung und kritischen Meinungsbildung über die Auswirkungen von Stickoxiden und Feinstäuben zu leisten".


Die nun veröffentlichte Gegenposition solle ein Anstoß für die notwendige Forschung und "eine kritische Überprüfung der Auswirkungen von Stickoxiden und Feinstaub" sein, erklärten die DGP, der Verband der Pneumologischen Kliniken und die Deutsche Lungenstiftung.


Der deutsche Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hält die Zweifel der Lungenärzte für gerechtfertigt. "Der wissenschaftliche Ansatz hat das Gewicht, den Ansatz des Verbietens, Einschränkens und Verärgerns zu überwinden", sagte der CSU-Politiker. Die Initiative der Mediziner sei ein wichtiger und überfälliger Schritt. Er helfe mit, "Sachlichkeit und Fakten in die Diesel-Debatte zu bringen".

Quelle: dpa / APA

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