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Richtige Ernährung in der Schwangerschaft

Richtige Ernährung in der Schwangerschaft

CredoWeb im Interview mit Facharzt für Gynäkologie & Geburtshilfe Dr. med. Dietmar Moosburger

 

CredoWeb: Wie hoch ist der Energiebedarf in der Schwangerschaft?

 

Dr. med. Dietmar Moosburger: Der Stoffwechsel von Schwangeren verändert sich.

Der „Grundumsatz“ – das ist die Energiemenge, die der Körper pro Tag ohne große Anstrengung verbraucht – erhöht sich um weniger als 20 %. Das hört sich nach Viel an, entspricht aber nur einem belegten Brot oder einem Joghurt!

 

CredoWeb: Wie sollte dieser Bedarf gedeckt werden bzw. wie sollten sich Schwangere generell ernähren? Gibt es Speisen, die man meiden sollte?

 

Dr. med. Dietmar Moosburger: Der Körper einer Frau ist zwar von Natur aus hervorragend für eine Schwangerschaft eingerichtet, aber leider ist das Wissen über eine gesunde Ernährung in unserer Fast-und Junk-Food-Gesellschaft sehr bescheiden.

 

 

Wir lernen nicht mehr was der eigene Organismus braucht. Und schon gar nicht was das wachsende Baby braucht.

Dieses Wissen muss aber dringend vermittelt werden, denn von der Ernährung der Schwangeren hängt ganz unmittelbar die Gesundheit des neuen Erdenbürgers ab.

Man nennt das fetal programming.


Google findet zu diesem Begriff 7 Millionen Suchergebnisse und trotzdem wird im Rahmen der frühen Schwangerenbetreuung geschweige von Medien nicht darüber informiert.

Auf Fachkongressen, wie zuletzt dem Weltkongress für Fetalmedizin wird von einem slow motion desaster (= die langsame aber stete Zunahme an chronischen Erkrankungen in der westlichen Welt) gesprochen.

Es ist also eine wissenschaftlich bewiesene Tatsache, dass die häufigsten schweren Erkrankungen im Leben eines Menschen außer den infektiösen, fetal programmiert und „imprinted“- sogar in die Genen geprägt- werden.

 

Es ist demnach so, dass die Bauphase entscheidend ist für die Gesundheit des späteren Lebens.


Vereinfacht vergleichbar mit einem Auto – man kann sich dazu entscheiden beispielsweise einen Dacia oder eben einen Audi zu bauen!

 

 

Eiweiß:


Das Kind braucht zum Wachsen viel Eiweiß.

 

 

Jede einzelne Zelle des Babys wird aus Eiweiß gebaut. Und das nach einem exakten Zeitplan.

 

Die Gene des Kindes sind der Bauplan, der bestimmt, wie die Aminosäuren (das Abbauprodukt von Eiweiß) zu neuen Zellen zusammengebaut werden. Fehlen zeitweise diese essentiellen (essentiell = kann nur durch die Nahrung herbeigeschafft werden) Aminosäuren entstehen Fehler in den Zellen und zwangsläufig im Leben dieses Menschen Funktionsstörungen dieser Zellen (chronische Krankheiten).

 

Das betrifft:

 

  • Stoffwechselerkrankungen,
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen,
  • psychische Erkrankungen und
  • Krebs

 

Daher sollte die Nahrung der Schwangeren pro Tag mindestens 80–100 g Eiweiß, das in Eiern, Milchprodukten, Fisch, in fettarmem Fleisch, Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten, Nüssen, Samen und Sprossen vorliegt.

 

Kohlenhydrate:


Das sind Nahrungsmittel, die bei der Verdauung vorwiegend zu Zucker (= Glucose) abgebaut werden, sind also der Energielieferant, damit unser Körper einwandfrei funktioniert.

 

 

Idealerweise sollten solche Kohlenhydrate zu sich genommen werden, die langsam zu Zucker umgewandelt werden, viel Ballaststoffe und Faserstoffe und Mikronährstoffe, wie Vitamine und Mineralstoffe enthalten. zB Kartoffeln, Süßkartoffeln, Vollkornnudeln und -brot, Rollgerste, etc.

 

Fette:


Fette sind der Energielieferant schlechthin und außerdem Bestandteil von Körperstrukturen wie Zellmembranen. Wieder hängt es von der Dosis und Qualität des Fettes ab: Nicht mehr als 20% und hochwertige Pflanzenöle sollten es sein.

 

Schwanger sein heißt sehr wohl „Essen für Zwei“. Das heißt aber nicht MEHR essen, sondern dass man sich jetzt auch nach den Bedürfnissen des Babys richten muss.

 

Durch den erhöhten Eiweißbedarf verschiebt sich das Verhältnis Eiweiß/Kohlenhydrate/Fette jetzt von 20/60/20 auf 30/50/20.

Man findet im Internet jede Menge Listen an Nahrungsmittel, die in der Schwangerschaft nicht gegessen werden dürfen. Das allermeiste davon sind Mythen: „keine weichen Eier“, kein roher Fisch, etc.

 

Schwangere sollten individuell je nach Immunstatus, der zu Beginn der Schwangerschaft getestet werden soll, über gefährliche Keime in der Nahrung aufgeklärt werden. Dann wird diese Liste plötzlich sehr klein!

Es muss fast nichts gemieden werden! Wir leben nicht in Kambodscha.

Wenn man in Bioqualität in Österreich einkauft, wird man wie in im bisherigen Leben nicht an einer Fisch- oder Salmonellenvergiftung erkranken.

Schwangere sollten keine UNGESUNDEN Nahrungsmittel essen! So sollte die Schwangere aufgeklärt werden. Auf die Liste, der nicht erlaubten Lebensmittel sollen alle von der Industrie verarbeiteten Lebensmittel stehen.

Unsere schnelllebige Konsumgesellschaft liebt diese Produkte aber! Das gefällt dem Staat, denn die Großmärkte verzeichnen Rekordumsätze.

 

Man verbietet schwangeren Frauen listenweise gesunde frische Nahrungsmittel, damit sie zu den ungesunden, aber sicher „keimfreien“ Industrieprodukten greifen. Und das slow motion desaster nimmt seinen Lauf……

 

Mikronährstoffe:


Pränatale Vitaminpräparate werden durch die massive Bewerbung als der Schlüssel zu einer gesunden Schwangerschaft angesehen. In Wirklichkeit ist dieser Schlüssel die richtige Ernährung, die alle diese Mikronährstoffe ausreichend enthält.

 

Gepusht werden diese Präparate von der NEM (Nahrungsergänzungsindustrie) und ihren gewinnbeteiligten Partnerärzten.

 

Nur vom Vitamin D in unseren Breitengraden während der Wintermonate (Vitamin D kann nur aus einer Vorstufe in der Haut durch Sonneneinstrahlung gebildet werden) und für Folsäure, die in der Nahrung beim Kochen leicht zerstört wird, ist ein Nutzen belegt.


Eisen braucht der Körper während der Schwangerschaft deutlich mehr als sonst.

 

Leider tritt bei sehr vielen Frauen im Verlauf ihrer Schwangerschaft eine Blutarmut auf, genauer gesagt eine Eisenmangelanämie.

Ein Eisenpräparat wird nur schlecht vom Darm aufgenommen und verursacht meistens Verstopfung.


Daher gilt auch hier: Eisen findet sich in gesunder Nahrung:

 

  • Hülsenfrüchte,
  • Hefe,
  • Haferflocken,
  • Weizenkeime,
  • Kürbiskerne,
  • Leinsamen,
  • Quinoa

 

Die beste Eisenquelle in der natürlichen Nahrung ist die Leber. Wie wärs mit einer Leberknödelsuppe jede Woche?

 

 

CredoWeb: Was sollten Vegetarierinnen und Veganerinnen während der Schwangerschaft beachten?

 

Dr. med. Dietmar Moosburger:

 

Vegetarierinnen, die auch Eier und Milchprodukte essen, können den Nährstoffbedarf gut abdecken. Nur bei Eisen ist der Mehrbedarf schwierig zu decken.

 

Eine vegane Ernährung enthält auf jeden Fall zu wenig Eiweiß was sich dauerhaft negativ auf die Entwicklung des Babys auswirkt.


 

CredoWeb: Ist Koffein in der Schwangerschaft schädlich?

 

Dr. med. Dietmar Moosburger:

Moderater Kaffeegenuss in der Schwangerschaft hat absolut keine negativen Auswirkungen.

 

CredoWeb: Wie können schwangere Frauen den Körper während der Schwangerschaft ins Gleichgewicht bringen? Welche Sportarten eignen sich dazu am besten und welche sollten vermieden werden?

 

Dr. med. Dietmar Moosburger:

Viel körperliche Aktivität und Sport sind ein extrem wichtiger Faktor für den guten Ausgang einer Schwangerschaft.

 

Es ist für die Ausbildung eines perfekten Herz-Kreislauf-Systems des neuen Erdenbürgers nötig, aber auch für die Wirbelsäulengesundheit der Frau.

 

Am besten ist ein Mix aus Kraft und Ausdauersport. Für die Kräftigung sind Bodyweight-Übungen optimal. Lediglich sehr verletzungsträchtige Sportarten sollten vermieden werden.

 

Ein Limit für den Anstieg der Herzfrequenz und des Blutdruckes für Schwangere gibt es nicht. Super Übungen findet man auf der runtastic homepage (https://www.runtastic.com)

 

CredoWeb: Welche Auswirkungen kann ein ungesunder Lebensstil in der Schwangerschaft auf Mutter und Kind haben?

 

Dr. med. Dietmar Moosburger: Das anschaulichste Beispiel einer falschen fetalen Programmierung durch die Mutter ist der Diabetes.

Wir bezeichnen den rasanten Anstieg an Zuckerkrankheit als Diabetesepidemie.

 

Die Zellhaufen in der Bauchspeicheldrüse, die Insulin produzieren, werden vermehrt gebaut, um den zu viel anlieferten Zucker durch eine zu kohlenhydratreiche Ernährung wieder aus dem Blutgefäßsystem des Babys zu bringen.

Die Folgen für das Baby sind verheerend: Neigung zu Übergewicht bis hin zum Diabetes.

 


 

Also ist es jetzt an der Zeit, sich mit einem gesunden Lebensstil und einer gesunden Ernährung zu befassen. Denn die beste Mitgift fürs Baby ist Gesundheit – und diese ist von diesem Wissen abhängig!

 


Interview: Christina Neumayer/CredoWeb

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