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Plötzlicher Herztod – Kammerflimmern & Kammerflattern: Ursachen - Prävention - Therapie

Plötzlicher Herztod – Kammerflimmern & Kammerflattern: Ursachen - Prävention - Therapie

CredoWeb im Experteninterview mit Dr. med. Walter Fuhrmann, Facharzt für Innere Medizin & Kardiologie aus Leoben

 

CredoWeb: Was versteht man unter Kammerflattern und was genau unter Kammerflimmern?


Dr. med. Walter Fuhrmann:

Als Kammerflattern werden tachykarde, ventrikuläre Herzrhythmusstörungen mit einer Frequenz von 250–320/min bezeichnet.

 

Ein Übergang zu Kammerflimmern ist häufig, wobei sich dann Frequenzen von >320/min mit undulierenden, nicht mehr als QRS-Komplex zu erkennenden Ausschlägen zeigen.

 


Ursächlich liegen dieser Entwicklung meist schwere organische Herzerkrankungen, extrakardiale Erkrankungen oder Elektrolytstörungen zugrunde.

 

Kammerflimmern stellt eine lebensbedrohliche Notfallsituation dar und bedarf der sofortigen Reanimation (initial: Defibrillation), da ein mechanischer Herzstillstand vorliegt (plötzlicher Herztod).


 CredoWeb: Wie äußern sich die Symptome und wie wird die Diagnose gestellt?

 

Dr. med. Walter Fuhrmann:

Kammerflimmern =  mechanischer Herzstillstand!

Normalerweise kontrahiert sich das Herz 60 – 80mal in der Minute (in Ruhe), ausgelöst durch elektrische Impulse aus dem Sinusknoten.

Bei Kammerflimmern besteht ein elektrischer Sturm von Impulsen über 320/min., sodass eine mechanische Kontraktion nicht mehr möglich ist.

Die Symptome bei Kammerflimmern entsprechen denen eines Herzstillstandes: Die Betroffenen sind bewusstlos, reagieren nicht auf Ansprechen und Schmerz, sind bleich, die Lippen zyanotisch (bläulich verfärbt), die Pupillen weit und starr. Die Atmung setzt aus. Ein Puls ist nicht tastbar.

CredoWeb: Wie geht man in akuten Fällen vor?

 

Dr. med. Walter Fuhrmann:


Das Vorgehen entspricht jenem bei Kreislaufstillstand:

 

1.      Überprüfen der Vitalfunktionen,

2.      Notruf absetzen und

3.      primäre Reanimation nach den geltenden Leitlinien.

So rasch wie möglich – falls verfügbar mit einem Defibrillator - das Kammerflimmern terminieren!


Das Vorhandensein von sog. Laien-Defibrillatoren an öffentlichen Plätzen ist unabdingbar, um im Akutfall zu helfen und die Zahl der Herztoten zu reduzieren.

 

CredoWeb: Kann man Kammerflimmern vorbeugen?

 

Dr. med. Walter Fuhrmann: Da Kammerflimmern häufig bei koronarer Herzkrankheit, im Rahmen eines Myokardinfarktes, aber auch bei dilatativer CMP (= Kardiomyopathie = krankhafte Erweiterung des Herzmuskels) mit reduzierter Pumpleistung sowie selten auch bei WPW-Syndrom (= Wolff-Parkinson-White-Syndrom = Herzrhythmusstörung) und Ionenkanalerkrankungen auftritt, ist die beste Prophylaxe zunächst die Vorsorgeuntersuchung, um diese Erkrankungen frühzeitig zu erkennen.

Weiters ist eine internistisch-kardiologische Untersuchung vor geplanter sportlicher Aktivität (Hobbysport und Profisport) enpfehlenswert.

Aufklärung: Keine Belastung nach grippalen Infekten (bei Leistungsknick nach Infekt muss an Myokarditis bzw. Herzmuskelentzündung gedacht werden).

 

Primärprävention:

 

Nach stattgehabtem Myokardinfarkt oder bei dilatativer CMP geben die Leitlinien die Notwendigkeit und den Zeitpunkt einer Implantation eines automatischen Cardioverters /Defibrillators (AICD) zur Primärintervention vor.

 

ESC-Guidelines 2018

 

Bei reversiblen Ursachen wird die Patientin/der Patient mit einem tragbaren Defibrillator (WCD) bis zur definitiven Entscheidung versorgt.

 

Sekundärprävention:

 

In der Sekundärprophylaxe des plötzlichen Herztodes (nach anhaltenden Kammertachykardien oder überlebter Reanimation) ist die Indikation zur ICD-Therapie unbestritten, weil diese PatientInnen ein hohes Rezidivrisiko aufweisen.

 


CredoWeb:
Wann und warum kommt es zu einem Herz-Kreislauf-Stillstand?

 

Dr. med. Walter Fuhrmann: Bei Kammerflimmern findet keine Kontraktion des linken Ventrikels mehr statt, somit besteht ein mechanischer Herzstillstand.

 

CredoWeb: Ab und zu kommt es auch bei ganz jungen Menschen zu einem Herz-Kreislauf-Stillstand. Warum?

 

Dr. med. Walter Fuhrmann: Bei jungen Menschen handelt es sich meist um angeborene Veränderungen, meist genetisch bedingte Ionen-Kanalerkrankungen oder Präexzitationssyndrom (z.B. WPW-Syndrom) mit zusätzlich leitenden Bündeln parallel zum AV-Knoten.

 



Auch entzündliche Herzerkrankungen, wie z.B. Myokarditis können zu Kammerflimmern und somit plötzlichem Herztod führen.

 

Interview: Christina Neumayer/CredoWeb

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