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Lungenkrebs-Screening könnte über 1.000 Leben im Jahr retten

Lungenkrebs-Screening könnte über 1.000 Leben im Jahr retten

Ein von der EU bereits für 2020 gefordertes flächendeckendes System regelmäßiger CT-Untersuchungen von langjährigen Rauchern auf Lungenkrebs könnte pro Jahr in Österreich mehr als 1.000 Menschenleben retten. Die Lungenkarzinomsterblichkeit ließe sich damit laut neuesten Berechnungen um 33 bis 44 Prozent reduzieren. 2018 erlagen der Erkrankung allein in Österreich 4.053 Menschen.

 

"Dass man die (Lungenkrebs-)Mortalität in der zu untersuchenden Bevölkerungsgruppe senken kann, ist gesichert. Das Institut für Höhere Studien hat die jährlichen Kosten durch das Rauchen mit 2,41 Milliarden Euro berechnet. Die EU hat die Einführung eines Screnning-Programms (auf Lungenkarzinome; Anm.) für 2020 gefordert", sagte Gerhard Mostbeck vom Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie (Wien) Samstag beim 9. Bronchuskarzinom-Workshop der Austrian Lung Cancer Group (ALCG) und der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) in Wien.

 

Bei weltweit enormen Erkrankungs- und Todeszahlen durch das zu 90 Prozent durch das Rauchen bedingte Lungenkarzinom wäre eine Frühest-Erkennung noch symptomloser Erkrankungen extrem wichtig.

 

"Wir hatten 2017 weltweit 1,9 Millionen Tode durch das Lungenkarzinom. Das war im Vergleich zu 2007 eine Steigerung um 29 Prozent. In Europa starben zuletzt pro Jahr 388.000 Menschen an Lungenkrebs", sagte Florian Huemer (Otto Wagner Spital/Wien). Die Tendenz zeigt überall nach oben, auch in Österreich: Bis zum Jahr 2030 wird in Österreich bei Frauen und Männern ein Plus der Lungenkrebserkrankungen von 91 Prozent gegenüber dem Jahr 2014 prognostiziert.

 

Chirurgie, moderne medikamentöse Therapie und Strahlenbehandlung können das sprichwörtliche "Ruder" nicht herumreißen. Laut den Experten ist das derzeit am ehesten von regelmäßigen Niedrig-Dosis-CT-Untersuchungen langjähriger Raucher zu erwarten.

Eine US-Studie mit 53.000 Teilnehmern (55 bis 74 Jahre, 30 "Pack Years", drei Mal CT-Untersuchungen im Abstand von einem Jahr im Vergleich zu normalem Lungenröntgen) zeigte bereits vor Jahren eine Reduktion der Lungenkarzinom-Sterblichkeit um 20 Prozent, weil die meisten Karzinome damit im frühen und heilbaren Stadium entdeckt werden konnten.

 

"Die Fünf-Jahres-Überlebensrate bei Entdeckung eines Lungenkarzinoms im Stadium I liegt bei 77 bis 91 Prozent, im Stadium IV nur noch bei fünf Prozent", sagte Huemer. "In Österreich werden 76 Prozent der Lungenkarzinome im Stadium III oder IV entdeckt, das bedeutet eine Fünf-Jahres-Überlebensrate von zehn bzw. drei Prozent", ergänzte Otto Burghuber (Ludwig Boltzmann Institut für COPD und pneumologische Epidemiologie/Wien).

 

Nach den erst vor kurzem präsentierten Ergebnissen der belgisch-niederländischen NELSON-Studie, bei der 15.792 langjährige Raucher (50 bis 74 Jahre, mehr als zehn Zigaretten täglich über 30 Jahre hinweg oder mehr als 15 Zigaretten täglich für 25 Jahre bzw.

Rauchstopp innerhalb der vorangegangenen zehn Jahre) in länger werdenden Abständen per CT untersucht oder nur beobachtet wurden, gibt es kaum mehr Zweifel an der Sinnhaftigkeit an solchen breit angelegten Screening-Programmen.

 

Huemer fasste die Daten zusammen: Bei den Männern war die Lungenkrebsmortalität mit CT-Untersuchungen um 26 Prozent geringer als ohne Screening. Bei den Frauen war sie zum 39 bis 61 Prozent reduziert. Nur 16 Prozent der Probanden waren Frauen. Rechnet man die Resultate auf eine repräsentative Bevölkerungsgruppe von langjährigen Rauchern um, ergibt sich eine erreichbare Verringerung der Lungenkrebsmortalität um 33 bis 44 Prozent.

 

In Österreich wären das pro Jahr jetzt schon mehr als 1.000 gerettete Menschenleben. Laut Burghuber sollten in Österreich 348.000 Menschen an einem solchen Screeningprogramm teilnehmen, 73.000 davon in Wien. Mit jeder der regelmäßigen CT-Untersuchungen dürfte sich der Gewinn an Menschenleben erhöhen, weil das Rauchen für viele Jahrzehnte zu einem erhöhten Krebsrisiko führt.

 

In Tirol versucht man im Zentralraum um Innsbruck derzeit, bis Ende 2020 ein Pilotprojekt zu etablieren, in dem die Machbarkeit und die optimalen Voraussetzungen für ein solches Screeningprogramm in Österreich getestet werden sollen. Sinnvoll wäre es wahrscheinlich nur, wenn Ärzte ihre Patienten mit dem höchsten Lungenkrebsrisiko zu den Untersuchungen zuweisen würden. Wahrscheinlich könnte ein solches Programm nicht früher als 2025/2026 in Österreich funktionieren, hieß es am Samstag in Wien.

Quelle: APA

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