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Während und in Folge einer COVID-19-Erkrankung kann es zu Schlafstörungen kommen

Während und in Folge einer COVID-19-Erkrankung kann es zu Schlafstörungen kommen

Innsbruck, am 16.03.2021: Häufig werden Schlafstörungen durch Stress ausgelöst. Ausnahmesituationen wie die COVID-19-Erkrankung können unterschiedliche Gefühle wie z. B. Besorgnis, Verunsicherung oder Angst auslösen und PatientInnen in einen Stresszustand versetzen. Ein Jahr nach Beginn der Pandemie und rechtzeitig zum Weltschlaftag am 19. März, zieht Schlafforscherin Anna Heidbreder vom Schlaflabor der Innsbrucker Universitätsklinik für Neurologie Bilanz.

 


Schlafforscherin Anna Heidbreder: ©MUI/Bullock

 

Zu Beginn der Pandemie haben Daten – vorwiegend aus China – gezeigt, dass es infolge einer COVID-19-Erkrankung wesentlich zu Schlafstörungen kommen kann. Haben sich die Zahlen nach einem Jahr bestätigt?

 

Anna Heidbreder: Diese Zahlen haben sich mittlerweile vielfach bestätigt. So wurden aus der ganzen Welt eine Reihe von Arbeiten publiziert, die zeigen, dass es während und in Folge einer COVID-19-Erkrankung zu Schlafstörungen kommen kann. Auch an unserer Ambulanz melden sich immer noch Patientinnen und Patienten, die in Folge einer COVID-19-Erkrankung schlaflos geworden sind.

 

Was berichten die PatientInnen?

 

Die Insomnie zeigt sich vorwiegend als Einschlafstörung, zu frühes Aufwachen oder als nicht erholsamer Schlaf. Bei Patientinnen und Patienten, die eine COVID-19-Erkrankung durchgemacht haben, und mittlerweile schon wieder arbeiten, führt dies oft zu einer erheblichen Beeinträchtigung, da sie sich Sorgen machen, ob sie die benötigte Leistung erbringen können, wenn sie nachts nicht richtig schlafen.

 

Kann die Ursache aus diesen Berichten auf das neuartige Corona-Virus zurückgeführt werden?

 

Die Ursachen sind vielfältig. Eine ganze Reihe kann davon jedoch mit SARS-Cov-2 in Zusammenhang gebracht werden. So würde z. B. eine vermehrte Stressbelastung zu einem Zustand von vermehrtem Arousals, zu intrinsischen Mikro-Weckreaktionen führen. Für viele Betroffene ist die COVID-19-Erkrankung eine sehr traumatische Erfahrung. Dies betrifft natürlich Patientinnen und Patienten, die auf einer Intensivstation gelegen haben, aber auch andere mit vermeintlich minder schweren Verläufen. Bei manchen Patientinnen und Patienten sind die Schlafstörungen somit als Trauma-Folge zu sehen. Hier kommen zur Schlaflosigkeit oft auch Albträume hinzu. Aber auch sonst sind die psychischen Folgen oft sehr ausgeprägt, und mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von Untersuchungen, die das bestätigt haben – auch aus Innsbruck und anderen Teilen Österreichs.

 

Welche Rückschlüsse können gezogen werden?

 

Unsere Gruppe in der Neurologie konnte eine kleine Anzahl von Patientinnen und Patienten im Schlaflabor untersuchen, die an der Univ.-Klinik für Innere Medizin II betreut werden. Ein unerwarteter Befund war hier, dass ein Teil eine Auffälligkeit im REM-Schlaf aufgewiesen hat; D. h., im REM-Schlaf war bei diesen Patientinnen und Patienten der Muskeltonus nicht aufgehoben (wie es normalerweise der Fall ist), sondern es war eine vermehrte muskuläre Aktivität vorhanden. Dies könnte ein möglicher Hinweis darauf sein, dass die SARS-Cov-2-Erkrankung bei diesen tatsächlich das zentrale Nervensystem mit betrifft. Ob dies auf Dauer so bleibt, kann man naturgemäß noch nicht sagen, da Langzeitbeobachtungen fehlen. Außerdem ist nicht nur die COVID-19-Erkrankung an sich, sondern auch die mit der Erkrankung und Pandemie verbundenen oft existenzbedrohenden beruflichen und wirtschaftlichen Konsequenzen ein ganz wesentlicher Mitgrund für die Schlafstörungen. Neue wissenschaftliche Untersuchungen aus Singapur zeigen, dass durch die COVID-19-bedingte Mobilitätsrestrektion es zu Auswirkungen auf Schlaf und zirkadiane Rhythmen kommt – das gleiche gilt für verminderte Tageslichtexposition.

 


Patient wird während des Schlafens kontrolliert: ©MUI/Lechner

 

Was kann man gegen solche Schlafstörungen tun?

 

Es gibt auch eine Reihe von neuen und hilfreichen Interventionen. So hat beispielsweise das Department für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik ein Online-Interventionsprogramm für betroffene gestartet. Es gibt jedoch auch eine andere Seite: Mittlerweile gibt es eine Reihe von Patientinnen und Patienten, die durch die COVID-19-bedingten Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und Homeoffice mehr Zeit zum Schlafen hatten. Eine Umfrage von Brigitte Holzinger vom Wiener Institut für Bewusstseins- und Traumforschung und ihrem Team hat genau dies gezeigt: Manche Patientinnen und Patienten konnten endlich besser ausschlafen. Auch in Argentinien haben SchlafmedizinerInnen bereits zu Anfang der Pandemie ihre Patientinnen und Patienten dazu aufgerufen, den Lockdown zu nützen, und das oft ausgeprägte chronische Schlafdefizit auszugleichen, was bei einem Teil auch gelungen ist.

 

Wie lange dauert es, bis es wieder zu normalen Schlafgewohnheiten kommt?

 

Da die Pandemie gerade erst einmal ein Jahr alt ist, fehlen Langzeitbeobachtungen.

 

 

Link Interventionsprogramm: https://www.psychosomatik-innsbruck.at

 

Für Rückfragen:

Dr.in Anna Heidbreder

Universitätsklinik für Neurologie

Tel.: +43 50 504 23988

E-Mail: Anna.Heidbreder@i-med.ac.at

 

Medienkontakt:

Medizinische Universität Innsbruck
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TITELBILD: Patient im Schlaflabor: ©MUI/Lechner

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