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Thrombosen & Thrombozytopenie als mögliche Impffolgen nach COVID-19-Impfung

Thrombosen & Thrombozytopenie als mögliche Impffolgen nach COVID-19-Impfung

Privatdozent Dr. Thomas Gary ist Facharzt für Innere Medizin, sowie für Gefäßmedizin. Dr. Gary ist assoziierter Professor an der MedUni Graz und 2021 Präsident des Österreichischen Verbandes für Gefäßmedizin, sowie Präsident der Young Academy der European Society of Vascular Medicine.

 

CredoWeb: Was versteht man unter einer Thrombozytopenie und was unter einer Thrombose?

 

Prof. PD Dr. Thomas Gary: Unter einer Thrombozytopenie versteht man einen Mangel von Blutplättchen. Diese Zellen benötigt man für die Blutgerinnung.

 


Eine Thrombose hingegen ist ein Blutgerinnsel, also eine Ansammlung von Blutbestandteilen in einem Gefäß. Die Kombination aus beiden ist von Gerinnungsseite durchaus fordernd, da man einerseits ein erhöhtes Blutungsrisiko hat (durch den Mangel der Blutplättchen), aber auch gerne blutverdünnen möchte, damit die Thrombose nicht größer wird.



CredoWeb: Was versteht man unter der Heparin-induzierten-Thrombozytopenie und was unter der Vakzin-induzierten-Thrombozytopenie und wie treten diese Syndrome im Zusammenhang mit der COVID19-Impfung auf?

 

Prof. PD Dr. Thomas Gary: Eine Heparin induzierte Thrombopenie (HIT) ist ein Phänomen, das während einer Heparintherapie auftreten kann. Hierbei werden auf die Heparingabe hin Antikörper gegen eine Oberflächenprotein auf den Blutplättchen gebildet, welche zur Bildung von Thrombosen gemeinsam mit einem Mangel an Blutplättchen führt.


Dieses Phänomen kann auch extrem selten ohne Heparingabe zum Beispiel nach orthopädischen Operationen auftreten. Ähnliche Phänomene wurde nun auch nach der COVID-Impfung von Astra Zeneca beschrieben und wurden daher VITT (Vaccine induced thrombotic thrombopenia) genannt.

 

CredoWeb: Sind diese Impffolgen bei den mRNA-Impfstoffen und/oder bei den Vektorimpfstoffen vermehrt aufgetreten?

 

Prof. PD Dr. Thomas Gary: 

Diese Phänomene sind bei Vektorimpfstoffen beschrieben: Astra Zeneca (angenommen 1:100 000) und Johnson und Johnson (angenommen 1: 1 000 000).

 

CredoWeb: Welche klinischen Komplikationen können hierbei auftreten?

 

Prof. PD Dr. Thomas Gary: Initial scheint das Blutungsrisiko bei diesen Patienten hoch zu sein. Speziell bei Thrombosen im Kopf (Sinusvenenthrombosen) kann das die Antikoagulationstherapie extrem schwer gestalten. Weiters sind die Risiken auch abhängig vom Ort des Thrombosereignisses (Kopf: Hirnblutung, Lungenembolie: Rechtsherzversagen).

Generell ist die Mortalität dieses Phänomens mit 25-30% in der Literatur sehr hoch. 

 

CredoWeb: Wie erfolgt die Diagnose und was ist hier die Therapieempfehlung?

 

Prof. PD Dr. Thomas Gary:

 

Die Diagnose sollte auf folgenden Punkten beruhen:

  •  Medizinische Vorgeschichte: Covid Impfung mit Vektorimpfstoff 1 bis 3 Wochen davor
  •  Typische Laborveränderungen: Thrombopenie, D-Dimer Auslenkung und ev. niedriges Fibrinogen
  • Thrombotisches Ereignis an unüblicher Lokalisation: Bauch und Beckenvenen sowie Kopfvenen.


 

Man kann auch eine Testung auf HIT Antikörper durchführen (Plättchenfaktor 4 Antikörper), jedoch gibt es Testverfahren, die hier negativ ausfallen können und daher würde ich dieser Testung in der Diagnosestellung eine untergeordnete Rolle beimessen.  

 


CredoWeb:
Auf welche „Impfnebenwirkungen“ sollen die Geimpften achten? Wann müssen Sie sofort einen Arzt aufsuchen?

 

Prof. PD Dr. Thomas Gary:

Viele Nebenwirkungen wie grippale Infektzeichen sind normal und vergehen nach 1 bis 2 Tagen nach der Impfung wieder. Sollten die Beschwerden (Kopfschmerzen, Bauchschmerzen sowie Rückenschmerzen oder Atemnot) nach ca. einer Woche auftreten scheint eine weitere Abklärung mit oben ausgeführten Laborwerten sinnvoll bzw. auch eine bildgebende Untersuchung (CT oder MRT) angebracht.


Interview: Christina Neumayer/CredoWeb

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