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Kinder mit hohem LDL-Cholesterinspiegel haben 20-fach erhöhtes Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko

Kinder mit hohem LDL-Cholesterinspiegel haben 20-fach erhöhtes  Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko

Familiäre Hypercholesterinämie: Früherkennung im Vorschulalter wichtig

Eines von 250 Kindern in Österreich hat aufgrund genetischer Ursachen von Geburt an krankhaft erhöhte LDL-Cholesterinwerte. Weil die familiäre Hypercholesterinämie (FH)
genannte Erkrankung meist nicht rechtzeitig erkannt wird, haben die Betroffenen ein 20-fach erhöhtes Risiko, schon in jungem Erwachsenenalter einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden. Anlässlich des Tags der familiären Hypercholesterinämie am 24. September betont die Leiterin der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde der MedUni Wien Susanne Greber-Platzer die Dringlichkeit, Früherkennungsprogramme bei Kindern im Vorschulalter zu installieren.


Bereits bei jungen Erwachsenen spielt FH als Todesursache nach kardiovaskulären
Ereignissen eine zentrale Rolle. Wenn Männer unter 55 und Frauen unter 60 Jahren einen
Herzinfarkt erleiden, ist der genetisch bedingte erhöhte LDL-Cholesterinspiegel ein
Hauptkriterium für das Vorliegen der Erkrankung. Als Faustregel gilt: „Je jünger und
scheinbar ,gesünder‘ die Patient:innen zum Zeitpunkt eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls
sind, desto häufiger ist familiäre Hypercholesterinämie der Grund dafür“, fasst Susanne
Greber-Platzer, Leiterin der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde der MedUni
Wien, eine zentrale Erkenntnis aus Studien und Statistiken zusammen.


Als Mutter-Kind-Pass-Untersuchung empfohlen


Um Kinder mit FH einer rechtzeitigen Therapie zuführen zu können, empfiehlt Greber-Platzer
die Einführung eines Screenings im Rahmen der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen z.B. ab
dem Ende des ersten Lebensjahres. Für den Test genügen ein paar Blutstropfen, die durch
einen Fingerstich gewonnen werden. Bei einem Wert von LDL-Cholesterin über 135 mg/dL
sind ein bis zwei Messungen innerhalb weniger Wochen nötig. Kommt es zu keiner Besserung
der Werte, sollte eine diagnostische Abklärung erfolgen. Zur Bestätigung einer FH zählen die
erhöhten LDL-Cholesterinwerte, vorzeitige Herz-Kreislauferkrankungen in der Familie und ein
positiver Gentest. Lebensstiländerungen wie insbesondere fettreduzierte Ernährung,
körperliche Aktivität und das Meiden anderer kardiovaskulärer Risikofaktoren (Adipositas,
Diabetes, Rauchen, Bluthochdruck) sind bei Betroffenen ab der Kindheit essenziell. Zudem
kommen frühzeitig fettsenkende Medikamente (Statine sind ab dem sechsten Lebensjahr
zugelassen) zum Einsatz. Bei Vorliegen einer FH gilt es, die Therapie lebenslang einzuhalten.

 

Trotz schwerwiegender Folgen wird die Dunkelziffer bei FH als sehr hoch eingeschätzt. Laut
Berechnungen geht man in Österreich von rund 35.000 Patient:innen aus. Wie viele von ihnen eine entsprechende Diagnose und Therapie erhalten, wird nicht erfasst. Im Durchschnitt wird die familiäre Hypercholesterinämie erst im mittleren Erwachsenenalter diagnostiziert, wenn sich erste Folgen einer kardiovaskulären Erkrankung bemerkbar machen.


Neue Medikamente und Früherkennung


FH entsteht durch Mutationen an Genen, die die Funktion des LDL-Rezeptors und damit die
Aufnahme von LDL-Cholesterin zum Abbau in den Zellen einschränken. Eine direkte Korrektur
des Gendefekts ist derzeit nicht möglich. Zur positiven Beeinflussung der LDL-Rezeptoren
gibt es aber eine Reihe neuer Medikamente, die neben der First-Line-Therapie mit Statinen in
bestimmten Fällen zusätzlich oder alternativ zum Einsatz kommen können. Zur Eindämmung
kardiovaskulärer Risiken bleiben Früherkennung und frühzeitiger Therapiebeginn das Um
und Auf.


In diesem Zusammenhang stehen den in Wien tätigen Schulärzt:innen von Greber-Platzer und
ihrem Team erstellte Fragebögen zur Verfügung, mit denen das FH-Risiko im Rahmen der
Einschulungsuntersuchung erhoben werden kann: „Es ist ein Anfang“, sagt Susanne GreberPlatzer über das Projekt, das die Eltern auf die Problematik aufmerksam macht und zur Abklärung an die Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde der MedUni Wien
einlädt. „Ein universelles und vor allem nicht lokal begrenztes Screening im Rahmen der
Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen könnte einen wesentlich größeren Beitrag zur Vermeidung
von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, der Todesursache Nummer eins in Österreich, leisten.“

 


Rückfragen bitte an:
Mag. Johannes Angerer
Leiter Kommunikation und
Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: 01/ 40 160-11501
E-Mail: pr@meduniwien.ac.at
Spitalgasse 23, 1090 Wien
www.meduniwien.ac.at/pr


Mag.a Karin Kirschbichler
Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: 01/ 40 160-11505
E-Mail: pr@meduniwien.ac.at
Spitalgasse 23, 1090 Wien
www.meduniwien.ac.at/pr


Medizinische Universität Wien – Kurzprofil
Die Medizinische Universität Wien (kurz: MedUni Wien) ist eine der traditionsreichsten medizinischen Ausbildungs- und Forschungsstätten Europas. Mit rund 8.000 Studierenden ist sie heute die größte medizinische Ausbildungsstätte im deutschsprachigen Raum. Mit 6.000 Mitarbeiter:innen, 30 Universitätskliniken und zwei klinischen Instituten, 13 medizintheoretischen Zentren und zahlreichen hochspezialisierten Laboratorien zählt sie auch zu den bedeutendsten Spitzenforschungsinstitutionen Europas im biomedizinischen Bereich.

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