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Neues Tool kann Abnahme der Nierenfunktion bei Diabetes prognostizieren

Neues Tool kann Abnahme der Nierenfunktion bei Diabetes prognostizieren

Rund 40 Prozent der Diabetiker:innen entwickeln eine chronische Nierenerkrankung, die zu einer sukzessiven Verschlechterung bis hin zum völligen Verlust der Nierenfunktion führt. Ob und in welcher Geschwindigkeit die Nierenerkrankung voranschreitet, konnte bisher nicht vorhergesehen werden. Dabei ist Früherkennung wesentlich, um ein dialysepflichtiges Nierenversagen möglichst zu verzögern bzw. zu vermeiden. Im Rahmen einer internationalen Forschungsarbeit unter der Leitung der MedUni Wien wurde ein Modell entwickelt, das Abschätzungen für bis zu fünf Jahre im Voraus erlaubt und so rechtzeitige präventive Maßnahmen ermöglicht. Die Studienergebnisse wurden kürzlich im Fachjournal „JAMA Network Open“ publiziert.


Für ihre Forschungen griff das Team um Rainer Oberbauer, Leiter der Klinischen Abteilung für Nephrologie und Dialyse der Universitätsklinik für Innere Medizin III der MedUni Wien, und Mariella Gregorich vom Zentrum für Medical Data Science der MedUni Wien auf Daten von großen internationalen Studien zurück. So konnten 13 routinemäßig erhobene Ausgangswerte von 4.637 18- bis 75-Jährigen mit Typ-2-Diabetes und leicht bis mäßig eingeschränkter Nierenfunktion eingeschlossen werden. Dabei wurden neben dem wichtigsten Wert zur Beurteilung der Nierenfunktion (estimated Glomerular Filtration Rate, eGFR) auch z. B. Alter, Geschlecht, Body-Mass-Index, Rauchverhalten, Hämoglobin- und Cholesterinspiegel sowie Medikamenteneinnahme als Prädiktoren ausgewählt. Auf dieser Grundlage entwickelte das Forschungsteam ein Vorhersagemodell, das auf geprüften statistischen Methoden beruht und bereits für den klinischen Gebrauch vorbereitet wird.


„Die Stärke unserer Studie liegt gegenüber vorherigen Forschungen zum Thema nicht nur in der verfeinerten Methodologie, sondern auch in der großen Datenmenge. Damit erreichen wir eine hohe Aussagekraft“, sagt Erstautorin Mariella Gregorich. „Entsprechend erweist sich das Prognosemodell als zuverlässig und ist in der Lage, eine Abnahme der Nierenfunktion anhand des eGFR für bis zu fünf Jahre nach dem Ausgangswert vorherzusagen.“ Die Studie hat aber auch aufgezeigt, dass der individuelle Verlauf darüber hinaus von anderen, noch unbekannten Faktoren abhängt.


Früherkennung und Therapiemanagement

Eine chronische Nierenerkrankung (Chronic Kidney Disease, CKD) ist eine der häufigsten Komplikationen von Diabetes und die häufigste Ursache eines dialysepflichtigen Nierenversagens. Da CKD im Frühstadium keine Symptome verursacht, wird sie oft erst dann erkannt, wenn die Abnahme der Nierenfunktion bereits weit fortgeschritten ist. Durch Früherkennung und ein konsequentes Therapiemanagement vor allem bei der diabetischen Stoffwechsel- und Blutdruckeinstellung können die Nierenschäden verzögert bzw. verhindert werden. Derzeit wird die Nierenfunktion bei Diabetiker:innen im Wesentlichen durch die regelmäßige Messung des eGFR überwacht. „Unser Vorhersagemodell kann die kontinuierliche Überwachung des Krankheitsverlaufs erleichtern und die Identifizierung von Personen mit einem erhöhten Risiko für eine Verschlechterung der Nierenfunktion in den nächsten Jahren ermöglichen“, streicht Studienleiter Rainer Oberbauer die große klinische Relevanz des Prognosetools hervor. Eine webadaptierte Version des Modells ist bereits im Aufbau und steht in Kürze für weitere, unabhängige Validierung zur Verfügung:
https://beatdkd.shinyapps.io/shiny/


Publikation: JAMA Network Open
Development and Validation of a Prediction Model for Future Estimated Glomerular Filtration Rate in People With Type 2 Diabetes and Chronic Kidney Disease
Mariella Gregorich, Michael Kammer, Andreas Heinzel, Carsten Böger, Kai-Uwe Eckardt, Hiddo Lambers Heerspink, Bettina Jung, Gert Mayer, Heike Meiselbach, Matthias Schmid, Ulla T. Schultheiss, Georg Heinze, Rainer Oberbauer, for the BEAt-DKD Consortium
Author Affiliations Article Information
doi: 10.1001/jamanetworkopen.2023.1870
https://jamanetwork.com/journals/jamanetworkopen/fullarticle/2803123


Rückfragen bitte an:
Mag. Johannes Angerer
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Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: 01/ 40 160-11501
E-Mail: pr@meduniwien.ac.at
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