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Postvirale Zustände und was niedergelassene Ärztinnen und Ärzte leisten können

Postvirale Zustände und was niedergelassene Ärztinnen und Ärzte leisten können

Die Symptome für anhaltende Folgezustände nach einer viralen Erkrankung sind vielfältig und variabel. Eine aktualisierte Leitlinie befasst sich mit dem Management postviraler Zustände am Beispiel Post-COVID-19.

Grundsätzlich seien postvirale Syndrome an sich nicht häufig, betonte Susanne Rabady, Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (ÖGAM) heute im Rahmen eines Pressegesprächs:

„Auch Post-COVID wäre nicht häufig – wenn COVID nicht so häufig wäre.“

Zahlen aus Registerstudien – z.B. aus Finnland – würden zeigen, dass etwa 1,4 Prozent der Infizierten nach mindestens drei Monaten noch unter Beschwerden leiden würden: „Wenn wir von – niedrig geschätzt – sieben Millionen Infizierten in Österreich ausgehen, sind das etwa 100.000 Betroffene, wenn auch nicht gleichzeitig“, sagte Rabady.

 

Die Symptome seien dabei vielfältig, die Schweregrade würden variieren und Schwerstbetroffene seien glücklicherweise nur ein kleiner Teil. Alle Symptome seien grundsätzlich mehrdeutig und können ihre Ursache in mehreren Organsystemen haben. Von höchster Bedeutung sei daher die Differenzialdiagnostik – nicht erst nach drei Monaten, sondern so bald wie möglich: „Erkrankungen, die behandelbar sind, dürfen nicht übersehen werden“, betonte die Allgemeinmedizinerin. Sie unterstrich, dass Post-COVID und andere postinfektiöse Syndrome bisher nicht ursächlich behandelbar sind: „Sie können symptomatisch behandelt werden und die Betroffenen brauchen Betreuung und Begleitung“, erklärt sie. Das sei keine leichte, aber eine bewältigbare Aufgabe.  

 

Interprofessionelle Leitlinie und Webtool

Unterstützt werde der niedergelassene Bereich, insbesondere der hausärztliche Bereich, durch die von einer Expertengruppe erarbeitete S1-Leitlinie und das aus ihr entwickelte Webtool. „Erstmals gibt die Leitlinie auch detailliert einen sinnvollen Versorgungsweg vor. Sie klärt die Aufgaben der Primärversorgung, der niedergelassenen Spezialisten, sowie die Aufgaben einer darauffolgenden 2. und 3. Ebene“, erklärte Rabady. Auf allen Ebenen müsse interprofessionell agiert werden, auch dies werde in der Leitlinie abgebildet, die die erste interprofessionelle Leitlinie in Österreich darstellt.

 

Geführt durch die primärversorgende Ebene erfolge zunächst die eminent wichtige Differenzialdiagnostik – die Leitlinie böte hier, als einzige der existierenden Leitlinien, detaillierte, aber übersichtliche Unterstützung. „Schwer und anhaltend Betroffene sollten auf einer zweiten Ebene weiter abgeklärt und behandelt werden können. Was uns noch fehlt, ist eine ausreichende Zahl von Angehörigen aller beteiligten Berufe mit dem nötigen Expertenwissen zu postviralen Syndromen, und die erforderlichen Einrichtungen – ob telemedizinisch oder in Form von mobilen Teams oder Ambulanzen. Das betrifft nicht nur Österreich, das ist ein globales Problem“, sagte Rabady.

 

Mehr Prävention

Das Management von postviralen Zuständen, nicht nur bei Post-Covid, sei eine wesentliche Aufgabe, die Ärztinnen und Ärzte zu leisten hätten, betonte Edgar Wutscher, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte. Es gebe einige Möglichkeiten, Patientinnen und Patienten adäquat zu versorgen: „Um die Versorgung weiter zu verbessern, sollten auch ein paar Rahmenbedingungen verändert werden, und zwar nicht nur im Bereich der Diagnose und der Therapie, sondern auch im Hinblick auf Prävention“, betonte Wutscher. Impfungen müssten wieder stärker in den Fokus rücken. „Schwerpunkt der Gesundheitspolitik müsste sein, Impfungen niederschwellig und kostengünstig – wenn nicht kostenfrei – zur Verfügung zu stellen“, sagte Wutscher: „Ein niederschwelliger Zugang zu Impfungen bedeutet: keine unnötigen Wege beim Impfen, Impfstoffe, die in den Ordinationen gelagert sind, Impfstoffe, die im bundesweiten Impfprogramm aufgenommen sind und damit auch niederschwellig und kostengünstig oder kostenfrei den Patienten zur Verfügung stehen“, präzisierte der ÖÄK-Vizepräsident.

 

Ausbau der kassenärztlichen Leistungen

Was die Diagnose angehe, sollten hier die kassenärztlichen Leistungen adaptiert werden, betonte Wutscher: „In Zeiten, in denen RSV, Influenza und COVID parallel kursieren helfen spezielle Schnelltest, genau zu analysieren, um welche Infektion es sich handelt und ob eine Mehrfachinfektion vorliegt“, sagt er. Tests auf RSV oder Influenza seien aber leider nach wie vor Privatleistungen, obwohl sie ein wichtiger Bestand der ärztlichen Behandlung seien: „Damit können wir als Kassenärzte unsere Patientinnen und Patienten im Rahmen unserer Möglichkeiten nicht bestmöglich versorgen, denn die Kasse macht uns da einen Strich durch die Rechnung“, kritisierte Wutscher.

 

Eine Therapie sei am Erfolgreichsten, wenn die Diagnose rasch und die Therapie auch entsprechend zeitnah erfolge: „In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal den Wunsch der Österreichischen Ärztekammer betonen, zumindest Basismedikamente direkt in der Ordination abgeben zu können“, sagte Wutscher.

 

Leitlinie & Presseunterlage zum Download (siehe weiter unten)

 

Medienkontakt:

Mag. Sascha Bunda

Leiter Öffentlichkeitsarbeit

Österreichische Ärztekammer

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