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Prof. Obruca: Bilanz nach einem Jahr Fortpflanzungsmedizingesetz NEU durchwachsen

Prof. Obruca: Bilanz nach einem Jahr Fortpflanzungsmedizingesetz NEU durchwachsen

Die Novelle zum FMedG ist 1 Jahr alt. Ärztlicher Leiter Prof. Obruca: „Die Eizellspende kommt kaum zur Anwendung. Lesbische sowie heterosexuelle Paare, die eine Samenspende benötigen, profitieren.“

 

Univ. Prof. Andreas Obruca, Gründer und Leiter des Kinderwunschzentrum an der Wien (vormals Goldenes Kreuz) zieht ein Jahr nach der heftig diskutierten Novelle Bilanz: „Die neu zugelassene Eizellspende kommt in der Praxis kaum zum Einsatz, darüber hinaus gibt es bei der Präimplantationsdiagnostik keine Fortschritte. Für lesbische und heterosexuelle Paare, die eine Samenspende benötigen, wurden hingegen massive Erleichterungen geschaffen, die auch entsprechend angenommen werden.“

Potentielle Spenderinnen bräuchten selber Eizellspende

Durch das Vermittlungs- und Kommerzialisierungsverbot wurde die Eizellspende auf die Verwandten- und Bekanntenspende beschränkt. Dazu kommen noch finanzielle Hürden, wie die Beschränkung von Aufwandsentschädigungen auf belegbare Barauslagen. „Die gesetzlich vorgesehenen Bedingungen sind so eng, dass kaum jemand die Möglichkeit der Eizellspende in Anspruch nehmen kann“, betont Prof. Obruca. Das Kinderwunschzentrum hat im Vorjahr nur drei derartige Fälle behandelt. Bei allen waren die jüngeren Schwestern bereit Eizellen zu spenden. Die Patientinnen waren alle Mitte 30 und von vorzeitigem Wechsel betroffen. „Während der Behandlung haben wir bei den jüngeren Schwestern jedoch ebenfalls eine genetisch vorprogrammierte verfrühte Menopause festgestellt. Es bestanden damit keine Erfolgsaussichten“, berichtet Prof. Obruca. Die engen Rahmenbedingungen haben somit eine Gruppe zu den wahrscheinlichsten Spenderinnen gemacht, die häufig selbst eine Eizellspende benötigen würden. Unser Fazit lautet somit wie vor einem Jahr: „Es wurde totes Recht geschaffen. Die wenigen Frauen, die rechtlich die Möglichkeit hätten, eine Eizellspende in Anspruch zu nehmen, haben trotzdem kaum Chance auf eine Schwangerschaft.“

Kinderwunschzentrum PID-Pionier in Österreich

Das Kinderwunschzentrum setzte als erste österreichische Fertilitätsklinik die Präimplantationsdiagnostik (PID) bei Paaren mit wiederholten Fehlversuchen oder Aborten mittels Trophektodermbiopsie ein. „Wir erwarten die Geburt des ersten Kindes nach PID im März“, berichtet Prof. Obruca erfreut. Jedoch gibt es für jene Fälle, bei denen eine monogenetische Erkrankung der Eltern vorliegt, noch keine Entscheidung des wissenschaftlichen Ausschusses für Genanalyse und Gentherapie. „Diese Paare sind weiter auf Warteposition.“ Die PID hat die Praxis somit nur teilweise erreicht.

Kompetenzzentrum für Regenbogenfamilien gegründet

Die Behandlung lesbischer Paare ist jedoch Alltag geworden. Die Bedürfnisse überschneiden sich nicht zur Gänze mit jenen heterosexueller Paare, auch die Fragestellungen sind häufig andere. Deshalb hat das Kinderwunschzentrum im Zuge der geänderten Gesetzeslage ein Kinderwunschzentrum für Regenbogenfamilien gegründet, das speziell auf die Situation lesbischer Paare eingeht. „Wir haben schnell erkannt, dass lesbische Paare zum Teil andere Fragen und Bedürfnisse haben als heterosexuelle. Diesen tragen wir mit dem Kompetenzzentrum für Regenbogenfamilien Rechnung“, erklärt Prof. Obruca.

Höhere Schwangerschaftschancen mit Donor-Samen

Auch heterosexuelle Paare, die eine Samenspende benötigen, profitieren von der Gesetzesänderung. Bis vor einem Jahr durften mit Spendersamen nur Inseminationen, sprich das Einspritzen von Spendersamen in die Gebärmutter, durchgeführt werden. Die Novelle erlaubt nun auch IVF-Behandlungen mit Donor-Samen. Diese neu zugelassene Behandlungsmethode ist im Kinderwunschzentrum schnell in die Routine übergegangen.

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