Artikel

SchulärztInnen widersprechen dem Schulrechtspaket

Im Entwurf des Schulrechtspaketes 2016 ist vorgesehen, dass SchulärztInnen künftig die Erfassung und Dokumentation der Gesundheitsdaten untersagt ist. Der GSÖ (Gesellschaft der Schulärzte Österreichs) spricht sich entschieden dagegen aus.



Österreichs SchulärztInnen betreuen rund 1,2 Millionen Kinder und Jugendliche. Im Entwurf zum Schulrechtspaket 2016 ist vorgesehen, SchulärztInnen zukünftig die Erfassung und Dokumentation der Gesundheitsdaten der Schülerinnen und Schüler zu untersagen. Diesem Vorhaben widerspricht die Gesellschaft der Schulärztinnen und Schulärzte Österreichs entschieden. Nur durch umfassende Begleitung und Betreuung der SchülerInnen und einzig durch die zeitgleiche Dokumentation ihrer Gesundheitsdaten ist es möglich, Erkrankungen und gesundheitliche Beeinträchtigungen frühzeitig zu erkennen und diesen rechtzeitig entgegen zu steuern. Ein früher Therapiebeginn ist für den Behandlungserfolg zahlreicher, vor allem chronischer, Krankheiten ausschlaggebend. SchülerInnen haben ein Recht auf eine bestmögliche gesundheitliche Begleitung, die ohne Dokumentation des Schularztes unmöglich wird!


Gesundheitsdaten haben einzigartigen Stellenwert für das Gesundheitssystem

SchulärztInnen sind als Ärzte gesetzlich verpflichtet, ihre Tätigkeit zu dokumentieren. Dafür ist in Österreich bisher jeder Schularzt selbst verantwortlich. „Die einzige einheitliche Vorlage für die jährliche Grunduntersuchung der Schüler bildet das Gesundheitsblatt“, erläutert Dr. Judith Glazer, Präsidentin der Gesellschaft der Schulärztinnen und Schulärzte Österreichs (GSÖ). Und genau diese Aufzeichnungsmöglichkeit soll im Entwurf des neuen Schulrechtspakets 2016 ersatzlos gestrichen werden, weil diese für die Schulgesundheitspflege „nicht notwendig“ wäre! „Dabei wäre die einzige logische Änderung, um die Gesundheitsprävention zu fördern und die Gesundheit unserer Kinder und Jugendlichen langfristig zu verbessern, das Gegenteil, nämlich die einheitliche, umfassende Dokumentation des Gesundheitszustands jedes einzelnen Schülers, sowie die Auswertung dieser unglaublich wertvollen Daten“, fordert Glazer vehement. „Wir SchulärztInnen fordern seit Jahren ein Programm, das zur Erfassung der Daten maßgeschneidert ist, sowie die rechtliche Grundlage, um diese Daten auch anonymisiert auswerten zu können!“ Der Entwurf zum neuen Schulrechtspaket 2016 geht genau in die andere Richtung und stellt eine deutliche Verschlechterung für die zukünftige Gesundheitsbildung der jungen Generation dar!

 

Umfeld Schule: Entwicklung von Gesundheit und Gesundheitsbewusstsein

„Die Schule ist der einzige Ort, an dem alle Kinder und Jugendlichen, unabhängig von ihrem sozialen Hintergrund, Gesundheit erlernen und erleben können“, so Dr. Glazer. „Der Schularzt leistet hierzu einen erheblichen Beitrag, der ohne Dokumentation der Gesundheitsdaten zukünftig nicht mehr möglich wäre.“ Die frühe Diagnose vieler Krankheiten wird erst durch Verlaufsdaten möglich und ein früher Therapiebeginn ist für die Bekämpfung vieler Erkrankungen essentiell, zudem erhöht er die Chancen für einen unbeeinträchtigten Schulbesuch und einen Schulabschluss. Erkrankungen wie Essstörungen, Diabetes oder Minderwuchs können einzig dadurch entdeckt und zur Behandlung an den niedergelassenen Arzt weitergeleitet werden, weil sich Gewicht und Größe eines Kindes entgegen der Norm entwickeln. Adipositas kann durch Verlaufsdaten rechtzeitig erkannt und in einem persönlichen Gespräch mit dem Jugendlichen angesprochen werden. Ein einzelner blauer Fleck fällt nicht auf und ist auch nicht besorgniserregend. Laufend Hämatome an unterschiedlichen Stellen des Körpers lassen die Schulärztin/den Schularzt hellhörig und gegebenenfalls auch tätig werden. „Und diese Auffälligkeiten werden nur sichtbar, wenn die Daten über einen längeren Zeitraum aufgezeichnet werden“, ergänzt Dr. Erich Lemberger, Schularzt in Wien und Vizepräsident der GSÖ. „Um unserem Gesundheitssystem in Zukunft Kosten und unseren Heranwachsenden Leid zu ersparen, muss die Schule als Arbeitsumfeld des Kindes Verantwortung übernehmen und umfassender tätig werden dürfen, als es derzeit der Fall ist!“

 

Schulärzte gegen die gesetzliche Blockade der Gesundheitsförderung

Österreichs Schulärztinnen und Schulärzte erheben seit Jahren Gesundheitsdaten, die detaillierte Zahlen über die gesundheitliche Entwicklung einer ganzen Generation bringen könnten. „Dennoch werden diese Daten vehement ignoriert, um nicht zu sagen, absichtlich schubladisiert und nicht bearbeitet“, ist Dr. Glazer überzeugt. „Anstatt gegenzusteuern und Programme für Kinder zu entwickeln und anzubieten, verschweigen wir Tendenzen lieber.“

 

Forderungen der SchulärztInnen zum Schulrechtspaket 2016

Die Gesellschaft der SchulärztInnen und Schulärzte fordert daher eine Überarbeitung des Entwurfs zum Schulrechtspaket 2016 und eine Erweiterung um folgende Punkte:

  • -       SchulärztInnen sollen zukünftig einheitliche, umfassende Aufzeichnungen zum Gesundheitszustand der SchülerInnen im Rahmen der jährlichen Grunduntersuchung führen.

  • -       Zum Zweck der Aufzeichnung soll allen BundesschulärztInnen ein einheitliches, umfassendes Dokumentationsprogramm zur Verfügung gestellt werden, das die derzeitigen Gesundheitsblätter zeitgemäß ersetzen soll.
  • -       Für die Ausarbeitung von Richtlinien zu standardisierten Untersuchungen soll eine Arbeitsgruppe gebildet werden, die vor allem aus Mitgliedern besteht, die auch in der Praxis an der Schule tätig sind (aktive SchulärztInnen).

 

Quelle: GSÖ


Kommentare