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Ärztemangel: Das ist erst der Anfang!

Versäumnisse von Politik, Kassen und Kammern werden die Misere weiter verschärfen



St. Pölten (OTS) - "Und täglich grüßt das Murmeltier, könnte man in dieser Angelegenheit schon sagen", zieht die Allgemeinmedizinerin und Landtagsabgeordnete Dr. Gabriele Von Gimborn (BürgerLandtag) im Zuge einer kürzlich erschienenen Meldung der NÖ Ärztekammer Bilanz, wonach schon wieder für mehr als zehn Stellen im Bereich Allgemeinmedizin kein einziger Bewerber vorhanden ist. "Hier ist zunächst einmal die Gebietskrankenkasse als Hauptkasse in Niederösterreich in der Pflicht, eine ordentliche Versorgung zu garantieren", so Dr. Von Gimborn weiter. "Die Menschen zahlen ihre Pflichtbeiträge und haben daher auch Anspruch auf medizinische Versorgung."


Doch die NÖGKK steht mit diesem Problem nicht alleine da. "Die Ärztekammer klagt immer nur. Doch sie hat gemeinsam mit der Kasse die Vertragshoheit. Wenn also die Kassenverträge so schlecht sind, dass sich in Österreich Stellen nicht mehr besetzen lassen und sich stattdessen fast 10.000 Wahlärzte etabliert haben, dann kann etwas an den Verträgen nicht passen. Da haben also beide Institutionen Handlungsbedarf", stellt Dr. Von Gimborn fest.


Begründung von Kasse und Kammer ist schwach – dort besteht Vertragshoheit


Aus Sicht von Dr. Herbert Machacek, selbst Arzt und Abgeordneter im Landtag (BürgerLandtag), ist die Sozialversicherung längst nicht mehr im Stande, eine flächendeckende medizinische Basisversorgung anzubieten. "Dort ist man aber auch nicht bereit für Reformen, die man im Bundesland und auf Österreichebene dringend angehen müsste", führt Dr. Machacek weiter aus. Der Allgemeinmediziner, der selbst in der Ärztekammer ein Mandat auf Oppositionsseite besitzt, kennt die Kammerpolitik genau: "Die Ärztekammer hat in den letzten Jahren keine für die Bekämpfung des Ärztemangels wesentlichen Verbesserungen erreicht."


Die Begründung der NÖ Ärztekammer laut ORF, wonach die Misere dadurch zu begründen sei, dass die Bedingungen in den Krankenhäusern deutlich besser seien und die Ärzte dahin abwandern, kann aus Sicht von Dr. Von Gimborn nicht nachvollzogen werden. "Die Spitäler haben selbst massive Nachbesetzungsprobleme. Und dass es deshalb keine Ärzte gibt, weil Ordinationsräumlichkeiten fehlen - wie der Obmann der Gebietskrankenkasse Gerhard Hutter glaubt – gehört in den Bereich der Märchen." Glaubhaft ist jedoch seine These, dass die Ärzte lieber Wahlärzte werden. "Das wissen wir alle, aber man muss auch etwas dagegen tun. Ich bin schon gespannt, ab wann die GKK die Versorgung als gefährdet ansieht. Bei 50 oder 100 nichtbesetzbaren Stellen?" Optimierung ist an vielen Stellen nötig, geeignete Vorschläge sind vorhanden.


Der Honorarkatalog ist aus Sicht von Dr. Machacek uralt und entspricht bei Weitem nicht mehr dem heutigen medizinischen Standard. "Unter anderem aus diesem Grund interessieren sich junge Ärzte auch nicht mehr für diese grundsätzlich schöne Aufgabe. Aber eine Vertragskündigung als Druckmittel ist schwierig und für die Patienten natürlich unangenehm. Es bedarf daher auch politischer Entscheidungen auf höherer Ebene, sonst fährt das System an die Wand", ist Dr. Machacek überzeugt.


Dr. Von Gimborn und Dr. Machacek sind sich jedenfalls einig: "Sollten die Herren und Damen in der Verantwortung keine Ideen haben, stehen wir natürlich sehr gerne mit Konzepten zur Verfügung: Wir haben eine vernünftige Lehrpraxisfinanzierung entwickelt, sowie ein System "Gemeindearzt neu". Längst fällig ist eine Tariferhöhung für Wochenenddienste und Visiten, neue Honorarpositionen für Geriatrie, Multimedikation, etc. müssen ebenfalls eingeführt werden. Wenn man den Ärztemangel bekämpfen möchte, dann muss man Taten setzen statt Reden produzieren."

Quelle: APS OTS


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