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Was hat die Reanimation eines Babys mit einem Boxenstopp gemeinsam?
In beiden Szenarios wird ein Team benötigt, das in einer zeitkritischen Phase und auf wenig Platz reibungslos zusammenarbeiten muss. Das Universitätskrankenhauses von Wales hat mit dem britischen Autorennstall Williams eine Kooperation gestartet um gemeinsam zu lernen.
Walisisches Krankenhaus kooperiert mit Williams-Team und nutzt F1-Technologie bei Reanimations-Prozessen von Neugeborenen
Cardiff/Grove (APA) - Boxenstopp-Technik aus der
Motorsport-Königsklasse Formel 1 soll helfen, das Leben von
Neugeborenen zu retten. Die Geburtsstation des
Universitätskrankenhauses von Wales in Cardiff (UHW) hat mit dem
britischen Autorennstall Williams eine Kooperation gestartet, die
bei der Reanimation von Babys hilfreich sein soll.
Spezialisten auf der Neugeborenen-Station des UHW hatten
Ähnlichkeiten zwischen den blitzschnell abgewickelten Service-Stopps
bei Formel-1-Rennen sowie ihrer Arbeitsweise im Krankenhaus bemerkt.
Deshalb wurde das Traditions-Team aus dem englischen Grove, das
bisher sieben Fahrer- sowie neun Konstrukteurs-Titel gewonnen hat
und zudem ein Technologie-Center betreibt, um Hilfe gebeten. Vor
kurzem erfolgte ein Gegenbesuch in der Williams-Fabrik in
Oxfordshire, um sich ein Bild aus erster Hand zu machen.
Die Erkenntnisse waren laut einer Team-Aussendung aufschlussreich
und hilfreich: In beiden Szenarios wird ein Team benötigt, das in
einer zeitkritischen Phase und auf wenig Platz reibungslos
zusammenarbeiten muss. In der Formel 1 kann ein aus 20 Personen
bestehendes und synchron arbeitendes Boxenteam alle vier Reifen
innerhalb von nur zwei Sekunden austauschen. Bei Williams hat man
den Ablauf mittlerweile so perfektioniert, dass man in den ersten
vier WM-Läufen des Jahres 2016 jeweils für die schnellsten Stopps
sorgte.
Darauf aufbauend hat das Neugeborenen-Team in Wales nun einige
Änderungen eingeführt, um ihre Reanimations-Prozesse zu optimieren.
Ein Rollwagen etwa wurde so verbessert, dass man noch schneller auf
die darauf liegenden Operations-Bestecke zugreifen kann. Wie in der
Formel-1-Renngarage weisen nun Boden-Markierungen in den Kreißsälen
den OP-Teams exakt den Weg. Auch hinsichtlich Kommunikation und
Analysen hat man wertvolle Erkenntnisse gewonnen. Funk-Checks im
Vorfeld, vermehrte Handsignale statt verbaler Mitteilungen sowie
Video-Analysen und Einsatz-Nachbesprechungen gehören dazu.
"Die Wiederbelebung eines Neugeborenen ist sehr zeitkritisch und verlangt größte Effektivität", sagte Rachel Hayward vom Universitäts-Krankenhaus. "Verzögerungen können markante Folgen hinsichtlich der Überlebenschancen bzw. der Entwicklung von Langzeitschäden haben", erklärte Hayward, warum man sich mit dem Rennteam zusammengetan und Formel-1-Wissen implementiert hat.
Claire Williams war als Co-Teamchefin des Rennstalls höchst
erfreut, geholfen zu haben. "Ihre Arbeit dort ist wirklich wichtig.
Es geht jeden Tag der Woche um Leben oder Tod. Wenn wenigstens ein
Teil unserer Ratschläge hilft, Leben zu retten, war das jeden
Versuch wert", sagte die Tochter von Teamchef Frank Williams. "Es
ist ein gutes Beispiel dafür, dass sich Technologie und Wissen aus
der Formel 1 als zunehmend nützlich auch für viele anderen Branchen
erweist."
Quelle: APA
Foto: evrenkalinbacak / 123RF
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