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Zwei Unfallchirurgen am LKH Graz fristlos entlassen

Einer der beiden Oberärzte soll monatelang rund 150 Arztbriefe nicht freigegeben haben


An der Universitätsklinik für Unfallchirurgie am LKH Graz sind zwei Unfallchirurgen fristlos entlassen worden. Einer der beiden Oberärzte soll monatelang rund 150 Arztbriefe nicht freigegeben haben. Dem anderen wird vorgeworfen, er sei einer unerlaubten Nebenbeschäftigung in einem Sanatorium nachgegangen. Die beiden Mediziner wiesen die Vorwürfe am Freitag im APA-Gespräch aufs Schärfste zurück.
"Das war jetzt nur das Ende einer langen Kette von Verfehlungen der beiden Mitarbeiter", meinte KAGes-Vorstandsvorsitzender Karlheinz Tscheliessnigg und bestätigte Medienberichte vom Donnerstag. Dass von dem einen Mediziner die Arztbriefe angeblich nicht weitergegeben wurden und offenbar durch einen Zufall bekannt wurde, dass der andere Oberarzt trotz geltendem Verbots in einem Sanatorium tätig war, sei die Spitze des Eisbergs gewesen, die zu Wochenbeginn zu den Entlassungen geführt habe.

Dass Patienten durch die zeitlich stark verzögerte Weiterleitung der Arztbriefe zu Schaden gekommen sein könnten, hielt Tscheliessnigg nach persönlicher Einsichtnahme in die Akten für unwahrscheinlich, wenn es auch nicht gänzlich ausgeschlossen werden könne. Die ärztliche Versorgung auf der Unfallchirurgie sei aufgrund der aktuellen Entlassungen nicht gefährdet, betonte der KAGes-Vorstandsvorsitzende. "Wir haben jetzt 18 Oberärzte, das sind so viele wie schon lange nicht. Die beiden gehen uns nicht ab, natürlich werden aber ihre beiden Dienstposten nachbesetzt", so der Vorstandsvorsitzende.

Die betroffenen Mediziner gehen mit ihrem Anwalt gegen die Entlassungen vor. Jener, der in einem Sanatorium nebenbei gearbeitet haben soll, aber nicht namentlich genannt werden will, bestritt, auf einem ihm vorgelegten Foto zu sehen zu sein. Auf dem Bild, das angeblich ihn in OP-Montur bei der Arbeit in einem Sanatorium zeige, sei er nicht zu erkennen, sagte er: "Da sind wegen der OP-Maske nur wenige Quadratzentimeter Gesicht zu sehen. Das bin nicht ich." Er erklärte aber, dass er schon vor Monaten eine Mobbing-Klage gegen die KAGes eingebracht hatte. Als man ihm Ruhe versprach, willigte er ein und die Klage wurde vor etwa zwei Monaten verglichen, "ich wollte nicht weiter streiten". Nur fünf Tage später habe man aber wieder begonnen, ihn bei der Arbeit zu "quälen und schikanieren".

Der Mediziner vermute, dass seine Entlassung und das Mobbing mit seiner Kritik zu tun habe: "Es gibt zu wenig qualifiziertes Personal auf der Unfallchirurgie. Fehlbehandlungen kommen sicher einmal pro Woche vor, weil es einer macht, der es eben nicht kann. Die jungen Oberärzte können nichts dafür, sie werden ins kalte Wasser geworfen." Er sagte weiter: "Der Witz ist, dass der Bevölkerung suggeriert wird, dass es besser ist, wenn die Besten weggehen." Er sei aber überzeugt, dass "Leute, in einer gewissen Position, die Pflicht haben, Dinge anzusprechen, die grenzwertig oder sogar übergrenzwertig sind". Bei einer guten Unternehmenskultur sei das in Ordnung, bei einer schlechten sei man aber ein "Nestbeschmutzer". Es werde als persönliche Kritik aufgenommen und man werde "mundtot gemacht".

Der zweite entlassene Chirurg, Wilfried Hartwagner, unterstrich die Kritik seines Kollegen großteils. Zum Vorwurf, er habe 150 Arztbriefe nicht weitergeleitet, stellte er klar: "Das ist eine Lüge und ich kann es beweisen. Es handelt sich nämlich um ambulante Befunde. Natürlich hat jeder Patient eine Ambulanzkarte mit nach Hause bekommen, es ging lediglich um die noch fehlende Freigabe im System." Mit eine Ursache sei das Abziehen einer Schreibkraft gewesen. Deshalb sei es ihm nicht möglich gewesen, die Befunde wie früher direkt nach der Behandlung im System freizugeben. "Der Fall wurde konstruiert", sagte Hartwagner im APA-Gespräch.

Er schloss aus, dass Patienten dadurch in irgendeiner Weise Schaden erleiden hätten können. Beide Mediziner haben bereits über ihren Rechtsanwalt Klagen eingereicht.
"Wir haben in den vergangenen Jahren mit den beiden Mitarbeitern alles Mögliche versucht: Verwarnungen, Coachings, Workshops. Die beiden haben beständig weiter für Unruhe gesorgt. Sie sind ausfällig gegenüber der Kollegenschaft geworden und haben Verfehlungen mit unflätigen Aussagen kommentiert", schilderte Tscheliessnigg das betriebliche Klima auf der Unfallchirurgie seit dem Jahr 2013. Damals entbrannte zwischen Unfallchirurgen und Spitalmanagement ein Konflikt um Personalressourcen. Nachdem Grazer Unfallchirurgen damals in einem internen Schreiben von "Gefahr in Verzug" wegen zu wenig Personal klagten, hat es Maßnahmen für eine bessere Organisation der Ressourcen wie zusätzliche Dienste und engere Kooperation von Unfallchirurgie und Orthopädie gegeben.

Der steirische Ärztekammerpräsident Herwig Lindner sagte, man werde genau darauf achten, ob die entstandene Lücke von der KAGes auch wirklich zu schließen ist. Seitens des Betriebsrats hieß es, dass man die Fälle ambivalent sehe. Beide Entlassungen würden in den Augen des Betriebsrats nicht halten. Bestätigt wurde, dass der Umgangston auf der Unfallchirurgie rauer sei, diese Kultur habe sich so entwickelt und sei sicher "verbesserungswürdig". Kritisch sah die Mitarbeitervertretung, dass Dienstbesprechungen mitprotokolliert wurden. Das sei eine Form der Kontrolle, doch die Protokolle wurden weder dem Betriebsrat noch den Mitarbeitern vorgelegt. Daher sei unklar, was mitprotokolliert wurde. Der Dienstbetrieb und somit die Versorgung der Bevölkerung auf der Unfallchirurgie habe bis vor kurzem in den Augen des Betriebsrats funktioniert.

Quelle: APAMED

Bildquelle: shutterstock

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