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Ärzte in Niederösterreich mehrheitlich mit Arbeits- und Lebenssituation zufrieden

Das besagt die neueste Umfrage der Ärztekammer für Niederösterreich mit 7.525 Teilnehmern


Die Ärztekammer für Niederösterreich hat im Mai und Juni dieses Jahres eine umfangreiche und detaillierte Umfrage zur Arbeits-und Lebenssituation unter allen 7.525 Ärztinnen und Ärzten Niederösterreichs durchgeführt. „Wir wollten wie bereits 2008 und 2013 wissen, wie es unseren Mitgliedern geht, um unsere Arbeit als Interessensvertretung dementsprechend ausrichten zu können“, betont der Präsident der NÖ Ärztekammer, Dr. Christoph Reisner, MSc. 13,5 Prozent der Ärztinnen und Ärzte aus allen Arbeitsbereichen sind der Einladung gefolgt und haben an der Online-Umfrage teilgenommen. Reisner: „Die hohe Rücklaufquote zeigt, dass unsere Arbeit ernst genommen wird und bietet uns eine gute Vergleichsmöglichkeit mit den Ergebnissen der letzten beiden Befragungen.“

Zufriedenheit: Kassenärzte beurteilen ihre Situation am kritischsten

Zu den Schlüsselfragen der Umfrage gehören jene nach der Zufriedenheit mit der Lebenssituation, die aufgrund der Ausübung der jeweiligen ärztlichen Tätigkeit möglich ist, und jene nach der Zufriedenheit mit der Arbeitssituation. „In beiden Kategorien führen traditionell die Wahlärztinnen und Wahlärzte“, berichtet Reisner, „an zweiter Stelle liegen die Spitalsärztinnen und Spitalsärzte und die Kassenärztinnen und Kassenärzte bilden das Schlusslicht“. Warum die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte mit §2-Kassenvertrag ihre Arbeits- und ihre Lebenssituation so kritisch beurteilen, erläutert MR Dr. Dietmar Baumgartner, Vizepräsident und Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte der NÖ Ärztekammer: „Die Kassenärztinnen und Kassenärzte waren in den letzten Jahren am stärksten von bürokratischen Hürden und administrativen Ärgernissen betroffen und es ist derzeit kein Ende abzusehen.“ Schon heute geben 30 Prozent der befragten Kassenärztinnen und Kassenärzte Niederösterreichs an, mehr als zehn Stunden pro Woche rein für administrative Tätigkeiten aufzuwenden. Baumgartner: „Der hohe Bürokratieaufwand ist das größte Ärgernis. Aber auch die Zahl der zu versorgenden Patienten ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. 40 Prozent widmen sich pro Ordinationstag sogar mehr als 100 Patienten. Nur das Einkommen ist nicht entsprechend mitgewachsen. Ein weiteres Ärgernis für rund ein Viertel der Kassenärztinnen und –ärzte.“

Trotz negativ beurteilter Einkommensverhältnisse und einer Arbeitsbelastung, die krank machen kann, sind knapp mehr als die Hälfte der Kassenärzte mit ihrer Lebenssituation zufrieden. „Doch viele Kollegen wollen sich das nicht mehr antun und überlegen bereits, wegen ELGA, Mystery Shopping etc. früher als ursprünglich geplant in Pension zu gehen. Und es ist schon jetzt schwer, freiwerdende Kassenplanstellen nachzubesetzen“, berichtet Baumgartner.

Spitalsärzte an zweiter Stelle des Zufriedenheitsrankings

Die Antworten auf die Frage nach der Arbeitszufriedenheit sind bei den angestellten Ärztinnen und Ärzten Niederösterreichs ein wenig schlechter ausgefallen als im Jahr 2013. OA Dr. Ronald Gallob, Vizepräsident und Kurienobmann der angestellten Ärzte der NÖ Ärztekammer, erklärt sich das mit dem Umstand, dass die aktuelle Umfrage durchgeführt wurde bevor das neue Gehaltsschema für die Spitalsärzte Niederösterreichs beschlossen werden konnte. „Einige Antworten zeigen die Unzufriedenheit der angestellten Ärztinnen und Ärzte mit den Verdienstmöglichkeiten. Zu geringe materielle Anerkennung gepaart mit hohem Arbeitsdruck und schlechten strukturellen und organisatorischen Gegebenheiten produzieren verständlicherweise keine zufriedenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, argumentiert Gallob. Erfreulich ist, dass sich die Zufriedenheit mit der Lebenssituation der Spitalsärztinnen und Spitalsärzte Niederösterreichs positiv entwickelt hat, obwohl die meisten ihre Arbeit als sehr fordernd erleben. Gallob: „Der Anstieg der Zufriedenheit mit der Lebenssituation könnte mit der vergleichsweise geringeren Wochenarbeitszeit zusammenhängen. Durchschnittlich arbeiten die Spitalsärztinnen und –ärzte heute um 14 Stunden weniger als vor acht Jahren und um immerhin fünf Stunden weniger als noch vor drei Jahren.“

Die Ausbildungssituation an den niederösterreichischen Krankenhäusern wird von fast der Hälfte der Ärzte gut oder sogar sehr gut beurteilt. Gründe für Kritik sind das hohe Ausmaß an nichtärztlichen Tätigkeiten, die hohe Arbeitsbelastung und der Mangel an praktischer Ausbildung. „Positiv ist, dass die Zusammenarbeit besser funktioniert als früher“, meint Gallob. „Die Kooperation zwischen den Ärzten untereinander und auch zwischen Ärzten und Pflegepersonal wird besser bewertet als früher.“

Als größte Gefahren für die NÖ Spitalslandschaft werden von den direkt betroffenen Ärzten unter anderem die Unmöglichkeit Stellen nachzubesetzen und die Streichung von Dienstposten gesehen.

Wahlärztinnen und Wahlärzte am zufriedensten von allen Ärzten

Reisner: „Es verwundert nicht, dass die Zahl der Wahlärztinnen und Wahlärzte in ganz Österreich laufend steigt, sind doch in Niederösterreich 94 Prozent von diesen mit ihrer Lebenssituation zufrieden.“ Die niedergelassenen Ärzte ohne Kassenvertrag behandeln deutlich weniger Patientinnen und Patienten pro Ordinationstag als ihre Kollegen mit Kassenvertrag, nicht einmal ein Fünftel von ihnen versorgt mehr als 50 Patienten pro Woche. „Viele Wahlärztinnen und Wahlärzte brauchen aber ein zweites Standbein, wie zum Beispiel eine Tätigkeit als Gutachter oder Betriebsarzt“, betont Reisner.

Komplementärmedizinische Behandlungen werden in Wahlarztordinationen viel häufiger angeboten als in Kassenpraxen. „Die Entscheidung, als Wahlarzt tätig zu sein, wurde vom Großteil der Wahlärzteschaft bewusst gefällt. Mehr als drei Viertel der Wahlärzte streben keinen Kassenvertrag an“, so Reisner weiter.

Gutes Zeugnis für die Ärztekammer

Erfreulich ist auch die Meinung der Ärztinnen und Ärzte Niederösterreichs über ihre Standesvertretung. Mehr als die Hälfte (57 Prozent) sind mit der Arbeit der NÖ Ärztekammer zufrieden oder sogar sehr zufrieden. „Für eine Kammer, deren Mitglieder per Gesetz zur Mitgliedschaft verpflichtet sind, ist das ein sehr guter Wert“, freut sich Präsident Reisner abschließend.

Die Detailergebnisse der Umfrage stehen auf der Website der NÖ Ärztekammer unter www.arztnoe.at.

Quelle: APAMED

Bildquelle: shutterstock

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