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Dr. Johannes Steinhart: „wir stürzen in eine der spürbarsten Krisen des Gesundheitssystems seit Jahrzehnten“

Dr. Johannes Steinhart: „wir stürzen in eine der spürbarsten Krisen des Gesundheitssystems seit Jahrzehnten“

Bei der Pressekonferenz „SOS – Österreichs Gesundheitsversorgung in Gefahr“ am Donnerstag sprach Dr. Johannes Steinhart, ÖÄK-Vizepräsident und Obmann der Bundeskurie niedergelassene Ärzte, über die Probleme des österreichischen Gesundheitssystems, indem er auf drei offene „Baustellen“ akzentuierte.


Als „eine der spürbarsten Krisen des Gesundheitssystems seit Jahrzehnten“ bezeichnete Dr. Johannes Steinhart bei der Pressekonferenz zum Thema „Österreichs Gesundheitsversorgung in Gefahr“ am 22. September die Lage der Gesundheitsversorgung, die ihm zufolge als Resultat einer Kumulierung lang bestehender Probleme im Gesundheitssystem zu betrachten sei. In diesem Zusammenhang forderte ÖÄK-Vizepräsident einen „institutionenübergreifenden Gesundheitsversorgungsgipfel“, der vom Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) geleitet werden soll: „Gesundheitsversorgung ist auch Chefsache“, so Dr. Johannes Steinhart. Daran sollten alle „Stakeholder“ teilnehmen, vor allem aber die Bevölkerung, also „die Zahler“, die selber bestimmen dürfen sollten, wie ihr Geld eingesetzt wird sowie was für sie in Sache Gesundheitsversorgung wichtig sei und was nicht.

Aus der Fülle von Problemen, die als Folge politischer Versäumnisse und willkürlicher Entscheidungen, welche die Versorgung gefährden, zu verstehen seien, hebte Dr. Johannes Steinhart drei große Bereiche hervor, welche er als „offene Baustellen“ bezeichnete: Spitäler, niedergelassene Ärzte und Wahlärzte.

Die Folgen des Krankenanstalten-Arbeitsgesetzes

In puncto Krankenanstalten-Arbeitsgesetz sind die Probleme vor allem mit der neuen Arbeitsregelung verbunden, die, laut Dr. Steinhart, gleiches Arbeitsaufkommen bei reduzierter ärztlicher Arbeitszeit zur Folge hat. „Es ist nicht zumutbar, dass im Spital längere Wartezeiten entstehen und es ist überhaupt nicht zumutbar, dass OP-Verschiebungen eintreten“, so der Vizepräsident der ÖÄK dazu.

Versorgungsnotstand auch im niedergelassenen Bereich

Die gekürzten Arbeitszeiten der Spitalsärzte und der Personalabbau blockieren den Betrieb der Ambulanzen und erschweren den einwandfreien Ablauf von Operationen und Untersuchungen. Das sollte mittels einem Ausbau der Patientenbetreuung in Ordinationen kompensiert werden, allerdings steht die Zahl der Kassenvertragsärzte in den letzten zwanzig Jahren still: „Heute gibt es genauso viele niedergelassene Ärzte mit Kassenverträgen wie im Jahr 1999, gleichzeitig sind aber in Österreich etwa 700.000 Menschen mehr zu versorgen“, kritisierte der ÖÄK-Vizepräsident. Diese Mehrleistung bedarf mehr Angebot an Ärzten, genauer: „noch ca. 1300-1400 mehr niedergelassene Ärzte mit Kassenvertrag“, wären laut Dr. Steinhart erforderlich.

„Wir verlieren junge Ärzte“

Wahlärzte ohne Kassenverträge seien dem ÖÄK-Vizepräsidenten zufolge „ein ganz wichtiger Teil der Versorgung“, da sie die Versorgungsmankos teilweise kompensieren. Allerdings werden derzeit den Ärzten zunehmend unattraktivere Arbeitsbedingungen angeboten, wodurch der bereits bestehende Ärztemangel unterstützt wird. Die logische Folge: „viele Ordinationen sind nicht mehr besetzt und eine Reihe von Jungärzten finden attraktivere Angebote, Rahmenbedingungen und Tätigkeitsmöglichkeiten im Ausland“, äußerte Dr. Steinhart sein Bedenken.

Die positiv ausgegangenen Gespräche zwischen dem KAV und der Ärztekammer hinsichtlich die neuen Arbeitsregelungen und die weiteren Streikmaßnahmen der Spitalsärzte, bezeichnete Dr. Steinhart nicht als eine Einigung, aber als „einen Weg dazu“.

Titelbild: ÖÄK/Bernhard Noll

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