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Japanischer Wissenschaftler erhält Medizin-Nobelpreis für Autophagie - Abfallvernichtung der Zelle

Mit der Zuerkennung des Nobelpreises für Physiologie und Medizin des Jahres 2016 haben die Juroren des Karolinska Instituts einen Forscher geehrt, der in den 1990er-Jahren maßgeblich zum besseren Verständnis der Abläufe in Zellen bei Gesundheit und Krankheit beigetragen


Mit der Zuerkennung des Nobelpreises für Physiologie und Medizin des Jahres 2016 an den japanischen Wissenschafter Yoshinori Ohsumi haben die Juroren des Karolinska Instituts einen Forscher geehrt, der in den 1990er-Jahren maßgeblich zum besseren Verständnis der Abläufe in Zellen bei Gesundheit und Krankheit beigetragen. Dem voran gegangen waren bereits jahrzehntelange Forschungsarbeiten. "Mitte der 1950er-Jahre beobachteten Wissenschafter ein für sie neues und spezielles Zellkompartment, wie man eine Organelle nennt. Es enthält Enzyme, welche Proteine, Kohlenhydrate und Fette verdauen können", stellte das Nobelpreiskomitee am Montag die Entwicklung auf diesem Gebiet dar. Dieser Zellbestandteil wurde "Lyosom" genannt.

Der belgische Wissenschafter Christian de Duve wurde für Arbeiten auf diesem Gebiet bereits 1974 mit dem Medizin-Nobelpreis ausgezeichnet. Schließlich wurde entdeckt, dass nicht nur Proteine etc. sich in diesen Lyosom-Bläschen befinden, sondern sogar ganze Zell-Organe (Organellen; z.B. Mitochondrien). In den 1970er- und 1980er-Jahren entdeckten Aaron Ciechanover, Avram Heshko und Irwin Rose mit der Markierung von nicht mehr benötigten Eiweißen per "Ubiquitin-Fähnchen" und deren Beseitigung im "Proteasom" einen zweiten Müll-Beseitigungsmechanismus der Zellen. Sie erhielten 2004 den Nobelpreis für Chemie.

Yoshinori Ohsumi benutzte für seine Arbeiten Hefezellen

Offen blieb, wie die Zellen eben große Komplexe beseitigen können. Er entdeckte, wie diese Proteinkomplexe und Organellen von einer Membran umgeben werden und schließlich mit den Enzym-gefüllten Lyosomen verschmelzen. Dort werden sie schließlich beseitigt. Der japanische Wissenschafter und sein Team verwendeten einen Trick, um diese Abläufe in den winzigen Hefezellen unter dem Mikroskop beobachten zu können: Sie heizten die Autophagie der Hefe an, indem sie diese Zellen einer Hungerkur unterzogen und blockierten gleichzeitig den Abbauprozess. Dadurch wurden die Bläschen größer und sichtbar. Gleichzeitig identifizierte der Wissenschafter auch die dafür verantwortlichen Gene. Es handelt sich um den einzigen Mechanismus, mit dem Zellen ganze Organellen wie Mitochondrien ("Kraftwerke" der Zellen), Peroxisome und das endoplasmatische Reticulum (Organelle, welche u.a. die Proteinfaltung kontrollieren) beseitigen können.

"Autophagie ist an einer Vielzahl von physiologischen Prozessen beteiligt,

zum Beispiel an der Zelldifferenzierung und Embryogenese, an Prozessen, welche den Abbau großer Bestandteile des Zellinneren notwendig machen. Das schnelle Herbeiführen der Autophagie stellt einen Schutzmechanismus für verschiedene Stressfaktoren dar und ist auch eine Abwehr bei einer Verletzung der Zelle oder von altersbedingten Krankheiten", hieß es am Montag im Hintergrundmaterial des Karolinska Instituts zum diesjährigen Medizinnobelpreis. Ohsumi und seine Kollegen haben - ausgehend von der Bäckerhefe (Saccharomyces cerevisae) - auch jene Gene identifiziert, welche bei den Säugetieren diese Prozesse steuern.

Kommt es bei der Autophagie zu Fehlern - dies ist zum Beispiel der Fall, wenn Mutationen in den beteiligten Genen auftreten -, kann das eine ganze Reihe von Erkrankungen fördern. So zum Beispiel dürfte eine Mutation im menschlichen Autophagie-Gen BECN1 an Brust- und Eierstockkrebsformen beteiligt sein. Mehrere erbbedingte Krankheiten - zum Beispiel auch Epilepsie-Formen, Bewegungsstörungen und neurodegenerative Prozesse - werden mit Autophagie-Defekten in Verbindung gebracht. Das Bild ist aber sehr komplex.

Quelle: APAMED

Bildquelle: titech.ac.jp

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