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Forscher identifizieren Ursache für seltene Immunschwäche

Außerdem wurde bereits eine Therapiemöglichkeit mit Contergan-Nachfolgesubstanz gefunden


Wissenschaftler des Ludwig Boltzmann Institute for Rare and Undiagnosed Diseases (LBI-RUD) in Wien haben laut einem Artikel in "Nature Immunology" die Ursache einer seltenen Immunschwäche entdeckt. Durch diese Erkenntnis wurde auch die Suche nach einer Erfolg versprechenden Therapie möglich. Sie könnte mit einer Nachfolgesubstanz des Contergan-Wirkstoffes Thalidomid erfolgen.

Ein zwölfjähriger Patient war der Ausgangspunkt der Studie gewesen: Das Kind hatte seit seiner Geburt mit lebensbedrohlichen Infektionen der Atemwege zu kämpfen. Immunologische Untersuchungen ergaben eine gestörte Zusammensetzung der Lymphozyten. Drei seiner sechs Geschwister starben an vermutlich ähnlichen Komplikationen noch vor ihrem dritten Lebensjahr, was für einen genetische Ursprung der Erkrankung sprach.

Fehler in dem Gen, der ein Schlüsselprotein für Lymphozyten produziert

"Die Untersuchungen, bei denen wir das Genom des Patienten analysierten, bestätigten diesen Verdacht", erläuterte Erstautorin Elisabeth Salzer. Durch "homozygosity mapping" stießen die Forscher auf einen Fehler in dem Gen, dessen Produkt RASGRP1, ein Schlüsselprotein für die Entwicklung von Lymphozyten, darstellt. Bei den gesunden Eltern sowie den drei gesunden Geschwistern lag jeweils nur eine Kopie der Mutation im Genom vor, der erkrankte Bub hatte jedoch zwei defekte Kopien von seinen Eltern geerbt.

RASGRP1 spielt eine bisher unbekannte Rolle für das Zellskelett

Welche Bedeutung RASGRP1 für das Immunsystem hat, war zuvor in Mausexperimenten nur zum Teil untersucht worden. Die genaue Rolle des Proteins im Menschen war unbekannt, nie zuvor wurde eine Mutation beschrieben, die es funktionsuntüchtig macht. In dem nun vorliegenden Fall zeigte sich, dass das Fehlen von RASGRP1 nicht nur die Funktion von T-Lymphozyten stört, sondern auch, dass RASGRP1 eine bisher unbekannte Rolle für das Zellskelett von Natürlichen Killer-Zellen (NK-Zellen) spielt. Durch eine Reihe von weiteren Experimenten gelang es den Forschern, die defekten molekularen Schaltkreise genauer zu analysieren.

Schließlich fanden die Wissenschafter mit Lenalidomid einen zugelassenen Wirkstoff, der für die Therapie der neu entdeckten RASGRP1-Defizienz infrage kommt. Lenalidomid wird zur Behandlung des Multiplen Myeloms verwendet. Er ähnelt der Contergan-Wirksubstanz Thalidomid. IA

Quelle: Nature Immunology

Bildquelle: shutterstock

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