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Ausreichende Mindestsicherung - beste Prävention für psychische Gesundheit

Ausreichende Mindestsicherung - beste Prävention für psychische Gesundheit

Zwei von drei psychisch kranken Menschen leben in Österreich unter der Armutsgrenze


„Ein gutes Sozialsystem mit einer Mindestsicherung, die auch wirklich zum Leben reicht und die Existenz sichert, ist die beste Prävention für psychische Gesundheit“, sagte heute Prof. Univ.-Doz. Dr. Werner Schöny, Präsident des Dachverbandes pro mente Austria und Vorstandsvorsitzender von pro mente OÖ, anlässlich einer Kampagne der „Armutskonferenz“. Gerade in Zeiten zunehmender Armut sei eine ausreichende Bedarfsorientierte Mindestsicherung (BMS), die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, des Wohnbedarfs und den Schutz bei Krankheit und Schwangerschaft umfasst, wenn die eigenen Mittel eines Menschen zur Deckung des notwendigen Bedarfs nicht ausreichen, für die psychische Gesundheit ganz besonders wichtig.

„Armut kann psychisch krank machen, und psychische Erkrankungen münden oft in Armut. In Österreich leben zwei von drei psychisch kranken Menschen unter der Armutsgrenze“, so Prof. Schöny. Das sei nicht nur ein Problem für die Betroffenen selbst, sondern für die gesamte Gesellschaft, weshalb hier auch die Politik gefordert ist, Lösungen anzubieten: „Zusätzlich zu einer ausreichenden Existenzsicherung ist aus sozialpsychiatrischer Sicht der Ausbau von therapeutischen und sozialen Präventionsangeboten erforderlich. Hier besteht ein Nachholbedarf.“

Klare Zusammenhänge zwischen Armut, Gesundheitszustand und Lebenserwartung

Die Zusammenhänge zwischen Armut, dem Gesundheitszustand und der Lebenserwartung sind inzwischen gut erforscht: Armut und Arbeitslosigkeit sind wichtige Faktoren für sozialen Stress, der sich bei bestehenden psychischen Krankheiten wie einer Depression zusätzlich massiv verstärkt. Gleichzeitig verstärkt sozialer Stress das Depressionsrisiko. Deutsche Studien zeigen, dass Frauen und Männer, deren Einkommen unterhalb der Armutsgrenze liegen, ein im Verhältnis zur höchsten Einkommensgruppe um das 2,4- bzw. 2,7fache erhöhtes Sterblichkeitsrisiko haben.

Armut ist alles andere als ein Randproblem. Armutsgefährdet bzw. von Einkommensarmut betroffen waren im Jahr 2015 in Österreich rund 1,2 Millionen Menschen bzw. 14 Prozent der Bevölkerung. Als armutsgefährdet gilt, wer über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtgesellschaft verfügt.

BMS-Bezieher mit mehr Defiziten und erschwertem Zugang zu Gesundheitsleistungen

Eine Evaluation der BMS hat gezeigt, dass BMS-Bezieher sich tendenziell von Langzeitarbeitslosen unterscheiden und zum Beispiel über größere Defizite verfügen, darunter körperliche und psychische Probleme. Es zeigte sich auch, dass viele Betroffene etwa aufgrund von Selbstbehalten, Kostenersätzen, Finanzierungsschwierigkeiten bei Medikamenten und Therapien einen erschwerten Zugang zu Gesundheitsleistungen haben, insbesondere zu Psychotherapie. Prof. Schöny: „Ohne soziale Unterstützung, Wohnung, Reintegration ins Arbeitsleben und Hilfe bei der Kindererziehung wird in vielen Fällen eine soziale Reintegration nicht möglich sein. Ohne soziale Reintegration gibt es aber keine psychische Genesung.“

pro mente Austria

pro mente Austria ist ein Zusammenschluss von Institutionen, die in Österreich im Bereich psychische und soziale Gesundheit aktiv sind. 26 Mitgliedsorganisationen in den Bundesländern leisten Betreuungsarbeit für etwa 80.0000 psychisch kranke Menschen. Zahlreiche Dienstleistungsangebote stehen in unterschiedlichen Bereichen wie Beratung, Wohnen, Arbeit oder Freizeit zur Verfügung. Ziel ist die Integration psychisch Benachteiligter in die Gesellschaft. Ein Hauptanliegen von pro mente Austria ist die Forderung nach einem toleranten gesellschaftlichen Klima für psychisch Erkrankte sowie der Abbau von Vorurteilen, Diskriminierung, sozialer Ausgrenzung und materieller Benachteiligung.

Foto & Pressetext: B&K Kommunikationsberatung

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