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Influenza: Lungenpatienten hoch gefährdet

Influenza: Lungenpatienten hoch gefährdet

Influenza kann bei Menschen mit Lungenerkrankungen besonders schädlich sein. Schätzungen zufolge sind dabei die Chancen für Komplikationen mit Todesfolge um das 120-fache erhöht. Experten raten zur Impfung.


Jährlich infizieren sich in Österreich etwa 550.000 Erwachsene mit Influenza[1], also der „echten“ Grippe. Die meisten gesunden Erwachsenen erholen sich spätestens nach ein paar Wochen wieder zur Gänze. Personen mit chronischen Krankheiten haben dagegen ein stark erhöhtes Risiko, schwere Komplikationen zu erleiden oder sogar an den Folgen einer Grippe zu sterben. Wer eine zugrundeliegende Lungenerkrankung hat, landet mit einer besonders hohen Wahrscheinlichkeit im Spital. Experten raten daher dringend zur vorbeugenden Impfung.

 

Niedrige Durchimpfungsrate

 

Die Durchimpfungsrate bei Influenza liegt in Österreich unter zehn Prozent und befindet sich damit im internationalen Vergleich auf den hintersten Rängen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass sich jährlich etwa jeder zehnte Österreicher und sogar jedes siebente Kind damit infizieren[2]. Die klassischen Grippe-Symptome - starkes Krankheitsgefühl, hohes Fieber, Myalgie (=Muskelschmerzen), bohrender Kopfschmerz, starke Halsschmerzen und schmerzhafter Husten -  sind zwar für Gesunde höchst unangenehm, aber meist ohne Komplikationen zu überstehen.

 

Schwerer Verlauf bei Risikopersonen

 

Anders ist das bei Personen, deren Abwehr noch nicht oder nicht mehr gut funktioniert, bei Personen, die an Grundkrankheiten leiden oder unter immunsupprimierenden Therapien stehen. In diese Personengruppe fallen zum Beispiel Kinder bis zum 5. Lebensjahr, Personen ab 50 Jahre, werdende Mütter und Menschen mit chronischen Erkrankungen wie z.B. Herz-Kreislauferkrankungen, Lungenerkrankungen oder Diabetes. „Leider sehen wir bei solchen Patienten häufig Komplikationen wie virale oder bakterielle Lungenentzündungen, Muskelentzündungen, Herzmuskelentzündungen oder schwere neurologische Komplikationen bis – in seltenen Fällen – hin zu einer Entzündung des Gehirns. Der einzige Schutz, den wir diesen Patienten momentan anbieten können, ist eine vorbeugende Impfung.“ erläutert Univ. Prof. Prim. Dr. Wolfgang Popp, Vorstand des Zentrums für Lungenkrankheiten und Langzeitbeatmung des Pflegewohnhauses Donaustadt mit sozialmedizinischer Betreuung in Wien.

 

Der österreichische Impfplan, herausgegeben vom Gesundheitsministerium, empfiehlt eine Impfung außerdem für Betreuungspersonen (z.B. in Spitälern, Altersheimen und im Haushalt) und Haushaltskontakte von Risikogruppen. Ganz besonders gefährlich ist eine Influenza-Infektion für Personen mit zwei oder mehr Grunderkrankungen. Experten haben errechnet, dass diese ein etwa 200-fach höheres Risiko haben, an Influenza-Komplikationen zu sterben wie gesunde Erwachsene.

 

Sterberisiko bei Patienten mit Lungenerkrankungen durch Influenza dramatisch erhöht

 

Patienten mit Asthma oder COPD riskieren durch eine Grippe-Infektion neben den oben erwähnten Komplikationen auch eine akute Verschlechterung ihrer Lungenfunktion, die nicht selten auch zu einer stationären Aufnahme führt. In Österreich betrifft das etwa jeden neunten Einwohner. Etwa 500.000 bis 600.000 davon leiden an Asthma, 400.000 an COPD. Dazu kommt eine Dunkelziffer von etwa 800.000 nicht diagnostizierten COPD-Patienten. Eine Studie aus Australien/Neuseeland zeigt, dass etwa ein Drittel aller Personen, die wegen Influenza im Spital behandelt wurden, eine zugrundeliegende Asthma- oder COPD-Erkrankung aufwiesen.[3] Umgekehrt zeigen Daten aus Deutschland, dass bei einem Viertel aller Patienten, die mit schweren Exazerbationen stationär aufgenommen werden mussten, ein Influenza-Virus nachgewiesen wurde.[4] Ganz besonders erschreckend: Das Risiko für Personen mit Lungenerkrankungen sogar an Influenza-Komplikationen zu sterben ist bis zu 120 Mal so hoch als bei gesunden Erwachsenen.[5]

 

Die gute Nachricht: Eine Analyse der renommierten Cochrane-Library zeigt, dass eine Impfung mit einem inaktivierten Grippeimpfstoff (alle intra-muskulär gespritzen Impfstoffe in Österreich) die sogenannten Flare-ups (akute Symptomverschlechterung) bei COPD, die auf eine Influenza-Infektion zurückzuführen sind, vermindert. Es besteht sogar die Möglichkeit, dass sie auch einen positiven Effekt auf die Exazerbationen ohne Influenza-Zusammenhang hat.[6] Neben der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie rät auch Otto Spranger von der Selbsthilfe-Organisation Österreichische Lungenunion „Alle COPD- und Asthma-Patienten sollten sich dringend Grippe-Impfen lassen.“

 


[1] Errechnet auf Basis Statistik Austria Bevölkerungsstand 1.1.2016 und Infektionsrate Erwachsene durch Radlberger-Fritz et al, Eur J Epidemiol.2012 Jul;27(7):567-75

[2] Radlberger-Fritz et al, Eur J Epidemiol.2012 Jul;27(7):567-75

[3] The ANZIC Influenza Investigators, N Engl J Med 2009; 361:1925-1934.

[4] Rohde G, Wiethege A, Borg I, Kauth M, Bauer TT, Gillissen A, Bufe A, Schultze-Werninghaus G

Thorax. 2003 Jan; 58(1):37-42.

[5] Barker WH, Mullooly JP Arch Intern Med. 1982 Jan;142(1):85-9.

[6] Poole P, Chacko EE, Wood-Baker R, Cates CJ. Cochrane Database of Systematic Reviews 2006, Issue 1. Art. No.: CD002733.

Quelle: APA
Bildquelle: APA / Barker & Mullooly 1982, adaptiert nach Vortrag von Prof. Wiedermann-Schmidt

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