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Heilende Impulse: die Stosswellentherapie

Heilende Impulse: die Stosswellentherapie

Die Stosswellentherapie wird seit fast 40 Jahren erfolgreich eingesetzt. Wurden anfangs mit den hochenergetischen Stosswellen Nierensteine nichtoperativ entfernt, werden sie jetzt oftmals bei nicht-heilenden Knochenbrüchen, Sehnenansatzerkrankungen sowie auch bei Herzmuskelerkrankungen eingesetzt.


Was genau sind die Stosswellen und was bewirken sie im Körper?

Prinzipiell handelt es sich bei den Stosswellen um energiereiche, akustische Druckimpulse, die sich mit Schallgeschwindigkeit wellenförmig ausbreiten und in den Körper – zum Beispiel auf das Zentrum des Schmerzes oder der Verletzung – nicht-invasiv eingeleitet werden. Dort kommt es zu der sogenannten „Mechanotransduktion“ – die Stosswellen werden in biochemischen Signale

Extrakorporale Stosswellentherapie (ESWT) regeneriert
Knochen und Gewebe

umgesetzt, die dann eine Vielzahl an unterschiedlichen Wirkungen wie etwa Freisetzung von Wachstumsfaktoren, Gefäßneubildung, Anlockung von Stammzellen, Zellvermehrung (Proliferation), und eine Modulation der Entzündung – um nur einige Wirkungen zu nennen – im Körper auslösen und somit die Heilung einleiten. Dabei konnte aufgrund der weltweit durchgeführten Grundlagenforschung nachgewiesen werden, dass die Stosswelle eine „biologische Antwort“ im behandelten Gewebe bewirkt, indem diese nicht invasive Therapie die körpereigenen Regenerationskräfte aktiviert ohne allerdings Schäden im behandelten Gewebe zu verursachen.

Bei welchen Beschwerden kommt die Stosswellentherapie am häufigsten zum Einsatz?

Es wird grundsätzlich zwischen den hochenergetischen und den niedrig- bzw. mittelenergetischen Stosswellen unterschieden. Die erste Gruppe wird in erster Linie bei Pseudarthrosen, also bei nicht heilenden Knochen eingesetzt, wobei aufgrund der Natur der Hochenergie hierfür eine Narkose notwendig ist. Die zweite Gruppe – die niedrig- bzw. mittelenregetischen Stosswellen –

Trümmerfraktur: vor und 8 Monaten nach ESWT

können auch ambulant angewendet werden und finden ihre erfolgreiche Anwendung unter anderem bei Sehnenansatzerkrankungen (mit oder ohne Kalkeinlagerung), Muskelverletzungen, aber auch bei Erektionsstörungen sowie bspw. in der ästhetisch-plastischen Chriurgie bei der Behandlung von Cellulite oder zur Therapie von chronischen Wunden.

Und wie wirken Stosswellen bei Herzmuskelerkrankungen?

In diesem Bereich hat das AKH-Wien eine Vorreiterrolle gespielt, indem eine Reihe an Studien durchgeführt wurden – dabei konnte man bezüglich der Stosswellenbehandlung am offenem Herzen bei Bypass-Operationen erstmalig zeigen, dass die Auswurfleistung des Herzens durch die Stosswellentherapie deutlich verbessert wird – ein Hinweis für die Regeneration der Muskelzellen am Herzen. In diesem Bereich befinden wir uns noch in der experimentellen Phase, allerdings mit vielversprechenden Hinweisen darauf, dass die Stosswellen tatsächlich auch bei Herzmuskelerkrankungen, Herzinfarkt usw. hilfreich sind.

In diesem Zusammenhang – gibt es auch unangenehme Nebenwirkungen, von denen der Patient wissen sollte?

Wie bereits erwähnt, ist es prinzipiell so, dass man für den Knochen hochenergetische Stosswellen braucht, die Schmerzen verursachen und darum eine entsprechende Anästhesie form (Narkose oder Regionalanästhesie) notwendig ist. Anders gelagert ist es bei den niedrig- und mittelenergetischen Stosswellen – dabei kommt es bereits bei der Behandlung zu einem analgetischen, also schmerzlindernden Effekt. Das gibt uns die Möglichkeit mit relativ geringen Energieflussdichte zu beginnen und diese im Laufe der Behandlung sukzessive zu erhöhen, ohne dass es für den Patienten wirklich schmerzhaft ist. Bei der Behandlung bleibt man im Gespräch mit dem Patienten, wobei wenn die Behandlung als unangenehm empfunden wird, die Energieflussdichte jederzeit adaptiert werden kann. Bislang haben wir noch keine unerwünschten Nebenwirkungen bei oder nach der Therapie gesehen.

Auf wie viel belaufen sich die Behandlungskosten in etwa? Und wird ein Teil davon von der Krankenkasse übernommen?

Die Stosswellentherapie wird von den Kassen leider nicht übernommen – es gibt einige kleine Kassen, die einen Teil der Kosten übernehmen, was jedoch eher die Ausnahme ist. Darüber hinaus haben Patienten die Möglichkeit, dank der AUVA (Allgemeine Unfallversicherungsanstalt), in sämtlichen Unfallkrankenhäusern, wo eine hochenergetische Stosswelle vorhanden ist, Pseudarthrose, also verzögert heilende Brüchen, zu behandlen – dieses Verfahren wird letztendlich übernommen.

Bei den ambulant durchgeführten Stosswellentherapien für z.B. Sehnenansatzerkrankungen , kostet eine einmalige Behandlung mit elektrohydraulischer Stosswelle, die sicherlich eine der effektivsten unter den Stosswellentherapien ist, aber auch mit relativ teueren Aufbereitungsverfahren verbunden ist, ca. 200 bis 250 Euro. Die PatientInnen benötigen in der Regel eine Behandlungsserie, die aus zwei Behandlungen besteht, wobei die zweite den gesamten Effekt der Stosswelle verstärkt. Bei anderen Generierungsformen wie etwa die elektromagnetische oder piezoelektrische Therapie braucht man üblicherweise drei bis fünf Behandlungen.

In Österreich ist das wissenschaftliche Interesse an der Stosswelle sehr hoch – was sind die neuesten Erkenntnisse zu dem Thema?

Österreich nimmt im internationalen Vergleich eine Spitzenposition bei der Erforschung der Wirkungen durch die Stosswelle ein. Eine der neuen Erkenntnisse in diesem Bereich ist sicherlich die Modulation der Entzündungsreaktion – einige Forscher konnten zeigen, dass durch die Stosswellentherapie ein Gleichgewicht der Entzündungsreaktion wiederhergestellt wird, womit bei vielen Erkrankungen die beginnende Heilung erst ermöglicht wird. Weitere Erkenntnisse kommen aus der Stammzelltherapie –neueste Studien haben nachgewiesen, dass mit Stosswellen behandeltes Gewebe Substanzen freisetzt, die körpereigene Stammzellen anlockt und wahrscheinlich auch zur Differenzierung (Ausreifung) anregt. Damit scheint es möglich mit der Stosswellenbehandlung nicht nur aufgetretene Schäden zu reparieren, sondern eine Regeneration (Neubildung) des betroffenen Gewebes und damit Wiederherstellung der Funktion zu erzielen. Es hat sich also gezeigt, dass unter dem Einfluss der Stosswelle, ein „körpereigenes Bio-engineering“ in Gang gesetzt wird, das zur vollständigen Selbstheilung führen kann. Diese Erkenntnisse haben dazu geführt, dass die Stosswelle neben den bereits etablierten Indikationen wie chronisch entzündlichen Sehnenansatzerkrankungen (Fersensporn, Tennisellenbogen, Achillodynie, Kalkschulter etc.) auch bei der Behandlung von chronischen Wunden, ischämischem Herzmuskel (nach Infarkt) und sogar in der Regeneration von Nervengewebe erfolgreich erprobt wird. 

Quelle: Artikel ist im Zuge eines Interviews mit CredoMedia entstanden, redaktionelle Bearbeitung Christina Kolin / Simona Ganeva

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