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Notfallmediziner fordern Tourniquets flächendeckend

90 Prozent der Terroropfer verbluten. Durch eine dichtere Tourniquets-Ausstattung könnten viele davon gerettet werden, meinen DGU- und DGAI-Mediziner


tourniquets

Tourniquets kommen noch hauptsächlich im militärischen Bereich bei schweren Verletzungen mit hohem Blutverlust zum Einsatz. Mittlerweile greift aber auch das zivile Rettungswesen verstärkt darauf zurück. Wenn es nach der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) und der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) geht, soll das ausgeweitet werden. Mit Blick auf die Möglichkeit von Terroranschlägen fordern sie nämlich, dass Rettungswagen bundesweit mit Tourniquets ausgestattet werden. Die DGAI hat außerdem im
November bereits eine Handlungsempfehlung herausgeben.

"Wir müssen uns gut für den Fall terroristischer Anschläge vorbereiten. Daher ist es sinnvoll, die Ausstattung mit Tourniquets für die Schwerverletztenversorgung nachzuholen", erklärte DGU-Präsident Ingo Marzi bei der Veranstaltung "Terroranschläge - eine neue traumatologische Herausforderung".

Dabei wurde darauf hingewiesen, dass 90 Prozent der Todesopfer nach einem
Terroranschlag verbluten. Die Erfahrungen nach den Anschlagen in Paris haben gezeigt, dass die Tourniquets, die an Bord der Rettungswagen waren, nicht ausreichten. Die Rettungskräfte und Ärzte griffen auf ihre Hosengürtel zurück, um die verletzten Extremitäten abzubinden. "Tourniquets sind eine einfache Maßnahme, um eine Blutung zu stoppen und somit Leben zu retten. Wir müssen sie nur parat haben", war der Tenor der Veranstaltung.

Während in Frankreich alle Rettungsfahrzeuge damit ausgestattet sind, ist das in Deutschland noch nicht flächendeckend der Fall. Die Rettungswagen in Bayern zum Beispiel verfügen bereits über eine militärische Sanitätsausrüstung an Bord.

"Schuss- und Explosionsverletzungen sind hierzulande seit 60 Jahren ein seltenes Verletzungsmuster. Daher müssen wir uns neu darauf einstellen, um optimal vorbereitet zu sein", sagt Benedikt Friemert, Leiter der DGU-AG Einsatz-, Katastrophen- und Taktische Chirurgie.

Laut den Medizinern sollte auch überlegt werden, die  Zivilbevölkerung in die Versorgung stark blutender Schuss- und Explosionsverletzungen einzubeziehen. So wäre es denkbar, öffentliche Plätze mit Tourniquets auszustatten - analog zu Defibrillatoren. Da die Tourniquets leicht zu handhaben sind, könnte jeder Bürger im Ernstfall dazu beitragen, dass bei einer lebensbedrohlichen Blutung schnell gehandelt werden kann. Die Schulung darin könnte ein Punkt bei Erste-Hilfe-Kursen sein, schlagen die Notfallmediziner vor.

Quelle: Handlungsempfehlung/APA

Bildquelle: APA/AFP/ERIC FEFERBERG

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