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Einnahme von zu viel Magensäureblocker birgt Risiken

Berichte über Nebenwirkungen und ein Abhängigkeitsrisiko haben die Medikamentengruppe in die Diskussion gebracht. Belastbare Studien fehlen aber noch


Protonenpumpe Inhibitoren

Die Einnahme von Protonenpumpen-Inhibitoren (PPI) erweist sich auf Dauer und ohne Not als Risiko. Trotzdem verschreiben Ärzte an Millionen Deutsche solche Magensäureblocker in Massen, berichtet der Deutsche Apothekerverband. Konkret wurden 2015 36 Millionen Packungen auf Rezept herausgegeben. Zusätzliche vier Millionen Packungen gingen in Apotheken als frei verkäufliche Produkte über den Ladentisch.

Langfristige Einnahme von PPI könnte mehr Nebenwirkungen verursachen

PPIs hemmen bekanntlich die Bildung von Magensäure. Laut Arzneiverordnungs-Report werden sie inzwischen drei Mal so häufig verordnet wie vor zehn Jahren. Die Krankenkassen sehen die Entwicklung mit Sorge. "Dass immer mehr Patienten Magensäureblocker verordnet bekommen, ist weder durch steigende Erkrankungsraten noch durch demografische Faktoren zu erklären", kritisiert Barmer-Vorstandsvorsitzender Christoph Straub.

"In jüngster Zeit mehren sich Hinweise, dass eine langfristige Einnahme von PPI mehr Nebenwirkungen verursachen könnte als bislang bekannt", heißt es bei der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS).

Vor allem ein höheres Risiko für Osteoporose wird genannt

Verschiedene Untersuchungen haben außerdem gezeigt, dass bei langfristiger PPI-Einnahme die Rate an Darminfektionen mit Erregern wie Clostridium difficile oder Campylobacter zunimmt. "Hier muss man jedoch betonen: Bei vielen der vermuteten Nebenwirkungen ist die Studienlage bislang noch dürftig und teils auch widersprüchlich", sagt DGVS-Pressesprecher Christian Trautwein. Gesicherte Erkenntnisse gebe es bislang kaum - es brauche weitere, aussagekräftige Studien, um die aktuellen Hinweise zu belegen oder zu widerlegen. Auch Nierenversagen, Demenz, Herzinfarkt werden erwähnt - wobei der mögliche Zusammenhang aus Sicht von Experten nicht bewiesen ist.

"Dennoch müssen die aktuellen Hinweise Anlass dazu geben, die bis jetzt recht unkritische Verschreibung und Einnahme von Protonenpumpeninhibitoren zu überdenken", betont Trautwein.

Bislang waren PPIs für ein sehr gutes Nutzen-Risiko-Verhältnis bekannt, weshalb die Verordnung oft sehr großzügig und die Indikationsstellung recht weit gefasst war - dies muss sich ändern."

Abgesehen von den möglichen Risiken kann "aus dem gelegentlichen Griff zu den PPIs schnell eine Dauereinnahme" werden, gibt Matthias Ebert von der Universität Mannheim zu bedenken. Der Wirkstoff unterdrückt die Produktion von Magensäure, bei einem abrupten Absetzen schießt die Säureproduktion in die Höhe und die Beschwerden kommen wieder, manchmal sogar stärker als zuvor.

Quelle: Gastroenterologie (abstract), Deutsches Ärzteblatt (pdf), Arzneiverordnungs-Report 2016/APA

Bildquelle: APA (dpa)/Susann Prautsch

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