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Blutungsstörungen erkennen & behandeln

Blutungsstörungen erkennen & behandeln

Blutungsstörungen erkennen & behandeln

CredoWeb im Interview mit Frauenarzt Dr. med. Jürgen Bleier

 

CredoWeb: Wann sollte eine Frau mit Blutungsstörungen zum Frauenarzt gehen?

 

Dr. med. Jürgen Bleier: Viele Frauen leiden an Blutungsstörungen und grundsätzlich sollte jede

Blutungsstörung abgeklärt werden. Meist wird eine zu starke Blutung (= Hypermenorrhoe, Menorrhagie) oder eine zu häufige Blutung (= Polymenorrhoe) als unangenehm empfunden und kann sogar aufgrund des chronischen Blutverlustes zu einer Blutarmut führen.


Aber auch Zwischenblutungen sollten ernst genommen werden, da manchmal eine Infektion dahintersteckt welche behandelt werden muss, damit es nicht zu Unfruchtbarkeit führt.

 

Eine zu seltene und sehr schwache Regelblutung ist manchmal Ausdruck einer hormonellen Fehlfunktion der Eierstöcke und Grund für unerfülltem Kinderwunsch und daher auch abklärungswürdig.

 

Kinderwunsch

 

Jede Blutungsstörung um den Wechsel und vor allem jede Blutung nach der Menopause

(letzte Regelblutung) sollte unbedingt abgeklärt werden, da diese Blutung auch Ausdruck einer bösartigen Erkrankung (z.B. Gebärmutterschleimhautkrebs) sein kann.

CredoWeb: Was sind die häufigsten Ursachen für Blutungsstörungen?

 

Dr. med. Jürgen Bleier: Blutungsstörungen können hormonell bedingt sein, hier führen einerseits Hormonbestimmungen im Blut aber auch die Ultraschalluntersuchung der Gebärmutter und der Eierstöcke zur Diagnose.

 

Uterus

 

Eine der häufigsten Ursachen für Blutungsstörungen sind Myome (= gutartige Tumore der

Gebärmuttermuskulatur bzw. des Gebärmutterbindegewebes).

Myom
Vor allem wenn Myome unter der Gebärmutterschleimhaut lokalisiert sind, kommt es zu unangenehmen Blutungsstörungen.

 

Aber auch gutartige und bösartige Veränderungen der Gebärmutterschleimhaut (sog.

Endometriumpolypen bzw. das Endomertiumkarzinom) sind oft verantwortlich für Blutungsanomalien.

Sowohl Myome, als auch Veränderungen der Gebärmutterschleimhaut können mittels einfacher Ultraschalluntersuchung festgestellt werden.

Manchmal handelt sich auch um sog. funktionelle Blutungsstörungen ohne das eine genaue Ursache gefunden wird.

 

CredoWeb: Wie werden hormonell bedingte Ursachen von Blutungsstörungen

behandelt?

 

Dr. med. Jürgen Bleier: Eine Ursache für zu häufige Regelblutungen (= Polymenorrhoe) liegt oft in einer sog. Corpus luteum Insuffizienz d.h. einer zu schwachen Gelbkörperhormonbildung in der zweiten Zyklushälfte.

Hier kann durch die Einnahme eines Gelbkörperhormons (meist des Progesterons) in der zweiten Zyklusphase ein normaler Zyklus erreicht werden.

 

Falls gleichzeitig der Wunsch nach einer sicheren Verhütung besteht wird häufig eine Pille

(Ovulationshemmer, OH) verschrieben, welche den Zyklus reguliert und zumeist die Blutungsstärke abschwächt.

Ein weiterer Vorteil der OH-Einnahme ist auch das Regelschmerzen vermindert werden. Es gibt auch Gründe OH im Langzyklus d.h. ohne Einnahmepause einzunehmen (z.B. bei Endometriose).

 

Pille

 

CredoWeb: Müssen Myome immer operativ entfernt werden? Welche Therapien stehen

zur Verfügung?

 

Dr. med. Jürgen Bleier: Myome sind wie bereits erwähnt, gutartige Tumoren der

Gebärmuttermuskulatur bzw. des Bindegewebes. Sie kommen sehr häufig vor und werden je nach ihrer Lokalisation in der Gebärmutter unterschiedlich klassifiziert.

Man unterscheidet Myome, welche

  • hauptsächlich in der Gebärmutterwand wachsen (= intramurale Myome) von solchen,
  • die unter der Gebärmutterschleimhaut dem Endometrium liegen (= submuköse Myome).
  • Weiters gibt es Myome die sich unter der Gebärmutteroberfläche (= subseröse Myome) entwickeln.

Grundsätzlich gilt für Myome, dass sie dann einer Behandlung bedürfen, wenn sie Beschwerden auslösen.  

Häufig werden Myome im Ultraschall als Zufallsbefund entdeckt und haben keinen krankheitswert.

Besonders submuköse Myome führen häufig zu Blutungsstörungen.

Submuköse Myome können sehr gut mittels Gebärmutterspiegelung (= Hysteroskopie) abgetragen werden.

Dieser Eingriff wird über die Scheide und den Gebärmutterhalskanal in kurzer Allgemeinnarkose und meist tagesklinisch durchgeführt.

 

 

Neben Blutungsstörungen können submuköse Myome auch für unerfüllten Kinderwunsch verantwortlich sein und sollten dann operativ behandelt werden.

 

Intramurale und subseröse Myome können sofern notwendig meist mittels Bauchspiegelung (= Laparoskopie) im Sinne eines minimal invasiven Eingriffes operativ entfernt werden.

Falls multiple Myome vorkommen welche Beschwerden machen ist bei abgeschlossener Familienplanung die Gebärmutterentfernung die effektivste Therapie.

 

Familie

 

Eine Alternative zur operativen Therapie von Myomen stellt in ausgewählten Fällen die Myomembolisation dar, welche durch interventionelle Radiologen durchgeführt wird.

 

Es gibt auch medikamentöse Therapien welche nachweislich Myome in ihrer Größe reduzieren und myombedingte Blutungsstörungen effektiv behandeln.

Diese sog. SPRM (= SelektivenProgesteronRezeptorModulatoren) sind in letzter Zeit aufgrund möglicher Leberschädigung in Verruf geraten und bedürfen einer strengen Therapieüberwachung.

Noch einmal möchte ich aber betonen, dass Myome sehr häufig keine Beschwerden machen und dann oft gar nicht behandelt werden müssen.

 

 

Interview: Christina Neumayer/CredoWeb

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