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Inflammatorische Hautkrankheiten: alles Immunologie

Inflammatorische Hautkrankheiten: alles Immunologie

Entzündliche Hauterkrankungen sind fast ausschließlich durch immunologische Fehlsteuerungen bedingt. Das Verständnis dieser Prozesse bis in ihre Details hat einen enormen Aufschwung gefunden.

Wir kommen weg von einer 'Sensenmedizin' bei Behandlung dieser Erkrankungen immer mehr zu zielgerichteten Therapien,

sagte der Wiener Immundermatologe Georg Stingl gegenüber der APA.

 

Der Hintergrund ist ein mit internationalen Spitzenforschern besetzter "Inflammatory Skin Disease Summit" (12. bis 15. Dezember) in Wien. Das Symposium der Österreichischen Akademie der Wissenschaften widmet sich der Übersetzung neuester Grundlagenforschung in die klinische Praxis der Betreuung von Patienten mit Krankheiten wie Neurodermitis, Psoriasis, Asthma, allergischer Rhinitis etc. und wird alle zwei Jahre wechselnd in New York oder Wien veranstaltet.

 

Bei allen diesen Erkrankungen spielen zum Teil unterschiedliche, zum Teil gleiche Subtypen des Immunsystems eine entscheidende Rolle. Bei weitem nicht immer ist deren Funktion aber klar.

Man hat zum Beispiel die vor 150 Jahren entdeckten Langerhans-Zellen lange Zeit für 'Bad Guys' gehalten, welche die Sensibilisierung für allergische Reaktionen hervorrufen. Mittlerweile stellte sich heraus, dass diese Zellen eher dazu da sind, überschießende Immunreaktionen unter Kontrolle zu bringen,

sagte Thomas Bieber von der Universität Bonn.

 

Bieber und sein Team haben vor 26 Jahren auf den Langerhans-Zellen (dendritische Zellen, welche Antigene aufnehmen und weiterverarbeiten; Anm.) erstmals die Rezeptoren für Immunglobulin E entdeckt und damit für die Neurodermitis einen biologischen Konnex zu allergischen Erkrankungen wie Asthma oder Heuschnupfen hergestellt.

 

Dabei sind diese Immunzellen extrem anpassungsfähig. Ob sie zu "Bösewichtern" oder "Helfern" werden, hängt vor allem von ihrer Umwelt ab. "In der Mundschleimhaut, über die wir den Erstkontakt mit Nahrung haben, gibt es keine entzündungsfördernden dendritischen Zellen", sagte Bieber. Die Zellen dort verursachen eine Entzündungs-hemmende Immunantwort.

 

Anders ist das beispielsweise nach Aktivierung von Immunzellen in der normalen Haut, wie es bei der Neurodermitis vorkommt. Wahrscheinlich spiele dabei auch das Mikrobiom der Haut - also die Besiedelung mit verschiedenen Bakterien - eine Rolle, betonte Bieber. Sowohl als mittlerweile uralte und entzündliche Immunantworten unspezifisch dämpfende Cortison als auch spezifischer wirkende neue Immunsuppressiva (Tacrolimus etc.) verursachen eine Vermehrung der "Good Guys" in der Haut und drängen die Entzündungszellen in den programmierten Zelltod.

 

Auch bei anderen Immunzellen, den T-Zellen, haben einzelne Subtypen unterschiedliche Funktionen bzw. können in Gesundheit und Krankheit eine unterschiedliche Rolle spielen, wie Rachael Clark (Harvard Medical School/Boston) darstellte. Bei der Psoriasis dürften langfristig in der Haut bleibende T-Zellen die oft genau abgegrenzten Hautsymptome auslösen. Bei anderen entzündlichen Erkrankungen sind es wiederum T-Zellen, die zwischen Haut und Blutkreislauf pendeln.

 

Bei Krankheiten wie Psoriasis, Asthma, Morbus Crohn oder Multipler Sklerose könnte die Beseitigung der krank machenden T-Zell-Subtypen eine vielversprechende Behandlungsstrategie sein.

 

Rachael Clark und ihr Team arbeiten an einer Immun-Phototherapie. An die "Bösewichter" soll über monoklonale Antikörper gezielt ein Sensitizer für Licht nahe dem Infrarot-Spektrum herangebracht werden (IR700). Dann soll mit diesem Licht bestrahlt werden.

Damit lassen sich 80 bis 90 Prozent der T-Zellen beseitigen,

sagte die Wissenschafterin.

Quelle: APA

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