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Nuno Maulide ist Wissenschaftler des Jahres in Österreich

Nuno Maulide ist Wissenschaftler des Jahres in Österreich

Der Chemiker Nuno Maulide (39) ist "Wissenschafter des Jahres 2018"

Mit dieser Auszeichnung würdigt der Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten die Vermittlungsarbeit des aus Portugal stammenden Professors für Organische Synthese an der Universität Wien. Die heuer zum 25. Mal verliehene Auszeichnung wurde Maulide in Wien übergeben.


Mit der seit 1994 jährlich durchgeführten Wahl soll vor allem das Bemühen von Forschern ausgezeichnet werden, ihre Arbeit und ihr Fach einer breiten Öffentlichkeit verständlich zu machen und damit das Ansehen der Forschung zu heben. Maulide sieht Wissenschafter in der Verantwortung zu erklären, warum sie etwas machen und warum das wichtig für die Gesellschaft sei. "Denn letztendlich werden wir auch von der Öffentlichkeit finanziert und die Leute haben das Recht zu wissen, warum es essenziell für sie ist", begründete Maulide gegenüber der APA sein Engagement in der Wissenschaftsvermittlung.

Beitrag zu einer faktenorientierten Gesellschaft

Es sei auch Verantwortung der Wissenschafter, "Fakten zu vermitteln und einen Beitrag zu einer faktenorientierten Gesellschaft zu leisten". Kritisch sieht er hier sein Fach, habe doch in den vergangenen Jahrzehnten das Wort Chemikalie einen negativen Beigeschmack bekommen.

Wie kann so etwas sein? Wasser ist eine Chemikalie, der Mensch ist eine reine Chemikalien-Maschine, also wie kann das Wort Chemikalie eine schlechte Bedeutung haben?" Um dem entgegenzuwirken, werde die Vermittlungstätigkeit von allen Wissenschaftern "absolut und dringend gebraucht,

betont der Forscher.


Maulide wechselte 2013 mit seiner Forschungsgruppe und einem hochdotierten "Starting Grant" des Europäischen Forschungsrat (ERC) vom Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mühlheim (Deutschland) als Professor nach Wien. Als Organischer Chemiker bemühe er sich, die chemischen Eigenschaften von organischen, also aus Kohlenstoff aufgebauten Verbindungen zu erforschen, neue Reaktionen zu entdecken und Syntheseverfahren für diese Verbindungen zu entwickeln und zu verbessern, beschreibt der Wissenschafter sein Arbeitsfeld. Ein großes Thema dabei sei eine nachhaltige, umweltfreundliche Chemie - ein Bereich, für den er 2016 einen "Consolidator Grant" des ERC erhielt.

Engagement am CeMM

Dass er über den chemischen Tellerrand hinausschaut, zeigt sein Engagement am Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CeMM) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Dort hat Maulide seit Herbst als "Adjunct Principal Investigator" ein Standbein und sieht viele Kooperationsmöglichkeiten zwischen Medizin und Chemie.


Die Auszeichnung haben bisher u.a. der Komplexitätsforscher Stefan Thurner (2017), die Gendermedizinerin Alexandra Kautzky-Willer (2016), der Archäologe Wolfgang Neubauer (2015), der Weltraumforscher Wolfgang Baumjohann (2014) oder die Umwelthistorikerin Verena Winiwarter (2013) erhalten. Der "Wissenschafter des Jahres" wird alljährlich vom Office of Science and Technology (OST) an der österreichischen Botschaft in Washington zu einem Vortrag in die USA eingeladen.

Mehr Geld für Forschung notwendig

Mehr Unterstützung für die heimische Grundlagenforschung wünscht sich Maulide von der Forschungspolitik. In der Bundeshauptstadt habe der Chemiker bisher jedenfalls "starke Unterstützung" erfahren. Um Schieflagen beim öffentlichen Bild seines Faches zu beseitigen, könnte die Chemie-Community durchaus mehr tun. In Österreich werde zwar die angewandte Forschung von der öffentlichen Hand stark unterstützt, im Bereich der Grundlagenforschung sei die Situation jedoch anders. Als Mitglied des Kuratoriums des auf die Förderung letzterer spezialisierten Wissenschaftsfonds FWF beobachte er, wie zahlreiche exzellente Anträge für Forschungsprojekte aufgrund von Budgetknappheit abgelehnt werden müssten.

"Keine Angst vor der Chemie"

Bei der von der Regierung geplanten Exzellenzinitiative, die momentan von einem Expertengremium ausgearbeitet wird, sollten eher personenbezogen herausragende Wissenschafter in Österreich gefördert und mit entsprechender Forschungsinfrastruktur ausgestattet werden. Eine themenbezogene Förderung erscheint Maulide hingegen weniger zielführend.

 

Sein starkes Engagement in der Wissenschaftsvermittlung werde in der Forschungsgemeinde nicht überall geschätzt, meinte der Chemiker. Es sei aber "ein Fehler der Community", diese Vermittlungsarbeit nicht ernst zu nehmen, nur weil sie sich nicht unmittelbar in wissenschaftlicher Reputation niederschlage. In diesem Zusammenhang seien auch Ideen gefragt, "wie man diese Arbeit belohnen kann".


In der Chemie würden leider viele Leute noch immer "ein Synonym für Umweltverschmutzung" sehen. Dem müsse mit Information begegnet werden, damit zukünftig Menschen "keine Angst vor der Chemie haben". Die großen gesellschaftlichen Herausforderungen wie Umweltverschmutzung, Energiewende oder in der Medizin könnten jedenfalls nicht ohne sein Fach angegangen und bewältigt werden, sagte Maulide.

Quelle: APA / Bildquelle: APA (Punz)

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