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Vorhersagetool für Therapienutzen bei Blutkrebs entwickelt

Vorhersagetool für Therapienutzen bei Blutkrebs entwickelt

Seit 2015 unterstützt ein von der Europäischen Gesellschaft für Medizinische Onkologie entwickeltes Vorhersagetool international die Bewertung des klinischen Nutzens neuer Krebstherapien. Bisher verfügbare Versionen des Instruments waren allerdings nicht für den Einsatz bei bösartigen Erkrankungen des blutbildenden Systems wie Leukämien oder Lymphdrüsenkrebs geeignet. Diese Lücke konnte nun gefüllt werden: Einem internationalen Forschungsteam unter federführender Beteiligung der MedUni Wien ist es gelungen, ein Vorhersagetool für Blutkrebs zu entwickeln. Die Studie wurde aktuell im renommierten Fachjournal „Annals of Oncology“ publiziert.


Bei ihren Forschungen griffen Erstautorin Barbara Kiesewetter von der Klinischen Abteilung für Onkologie der Universitätsklinik für Innere Medizin I der MedUni Wien und ein internationales wissenschaftliches Team auf das 2015 etablierte Instrument zur Quantifizierung des klinischen Nutzens von neuen Krebstherapien zurück. Das ESMO-MCBS genannte Tool wurde von der Europäischen Gesellschaft für Medizinische Onkologie (European Society for Medical Oncology, ESMO) entwickelt und 2017 überarbeitet. Bis heute ist es unter Fachleuten als das am besten validierte Instrument zur Bewertung des Ausmaßes des klinischen Nutzens neuer Krebstherapien anerkannt und findet international breiten Einsatz. Die Bewertung wird mit Hilfe eines validierten Algorithmus vorgenommen; erfasst werden dabei neben Überlebensdaten und Therapieansprechen z. B. auch unerwünschte Wirkungen und Auswirkungen auf die Lebensqualität der Patient:innen. Ziel ist somit transparent darzustellen, welche neuen Therapien möglichst rasch in die klinische Routine gelangen sollten.


Ungleichheiten in der Krebsversorgung beseitigen

Bisher verfügbare geprüfte Versionen von ESMO-MCBS standen nur für den Einsatz bei sogenannten soliden Tumoren (z. B. Lungen-, Leber-, Brust-, Prostata-, Darm-, Hautkrebs) zur Verfügung, die mit 90 Prozent die größte Gruppe an Krebserkrankungen darstellen „Angesichts der sehr raschen Entwicklung zahlreicher neuer Therapien auch für die Behandlung von bösartigen Erkrankungen des blutbildenden Systems hielten wir es für dringend nötig, eine Version zu erarbeiten, die speziell bei diesen Krebsarten eingesetzt werden kann“, sagt Barbara Kiesewetter über den Ausgangspunkt der Forschungen.


Die Notwendigkeit einer separaten Version des ESMO-MCBS für Blutkrebs basierte darauf, dass es wesentliche Unterschiede im Verhalten von hämatologischen Erkrankungen im Vergleich zu soliden Tumoren gibt. In einer Pilotstudie, die 2020 veröffentlicht wurde, wurden jene Faktoren identifiziert, die spezifische Änderungen erforderten, um die Anwendbarkeit und Angemessenheit des ESMO-MCBS für hämatologisch Erkrankungen zu erreichen. Diese wurden nun in die endgültige Version des Vorhersagetools ESMO-MCBS:H aufgenommen, sodass er für alle wichtigen bösartigen Erkrankungen des blutbildenden Systems anwendbar ist. „Der Score für die Hämatologie ist nun direkt einsatzbereit und wird das gemeinsame Ziel der Europäischen Gesellschaften für Onkologie und Hämatologie unterstützen, neuartige Behandlungen zu identifizieren, die einen großen therapeutischen Nutzen für Patient:innen bieten. Ein weiteres wichtiges Anliegen ist es, durch die objektive Bewertung Ungleichheiten in der Behandlung von Krebspatient:innen in Europa zu beseitigen“, verdeutlicht Barbara Kiesewetter. Das im Rahmen der Studie entwickelte und validierte Vorhersageinstrument (ESMO-MCBS:H v1.0) schließt somit eine Lücke in der verlässlichen Quantifizierung des Nutzens neuer Krebsmedikamente. Damit setzen die Forscher:innen einen weiteren Meilenstein für eine bessere Betreuung von Krebspatient:innen in Europa.


Weitere Info zu ESMO-MCBS: https://www.esmo.org/guidelines/esmo-mcbs


Publikation: Annals of Oncology (Impact Factor: 52)
ESMO-Magnitude of Clinical Benefit Scale for Haematological Malignancies (ESMO-MCBS:H)
Version 1.0
B. Kiesewetter, U. Dafni, E. G. E. de Vries, J. Barriuso, G. Curigliano, V. González-Calle, M. Galotti, B. Gyawali, B. J. P, Huntly1, U. Jäger, N. J. Latino, L. Malcovati, S. F. Oosting, G. Ossenkoppele, M. Piccart, M. Raderer, L. Scarfò, D. Trapani, C. C. Zielinski, R. Wester, P. Zygoura, E. Macintyre, and N. I. Cherny
https://doi.org/10.1016/j.annonc.2023.06.002


Rückfragen bitte an:
Mag. Johannes Angerer
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Tel.: 01/ 40 160-11501
E-Mail: pr@meduniwien.ac.at
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Mag.a Karin Kirschbichler
Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
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