Artikel

Risikobewertung nach schwerer Komplikation der Leberzirrhose verbessert

Risikobewertung nach schwerer Komplikation der Leberzirrhose verbessert

Studie bereitet den Weg für personalisierte Therapie von Varizenblutungen

Bei mehr als der Hälfte der Patient:innen mit fortgeschrittener Lebererkrankung liegen Krampfadern im Bereich der Speiseröhre und des Magens vor, bei gut einem Fünftel von ihnen kommt es zu Blutungen aus diesen Varizen in den Verdauungstrakt. Dabei handelt es sich um eine lebensbedrohliche Komplikation, die wesentlich zur nach wie vor hohen Sterblichkeit bei Leberzirrhose beiträgt. Ein internationales Forschungsteam um Lorenz Balcar und Mattias Mandorfer von der MedUni Wien verbesserte im Rahmen einer Studie das System zur Bewertung des Sterberisikos bei Varizenblutungen. Dabei konnte eine bisher undefinierte Gruppe von Patient:innen identifiziert werden, bei der der Einsatz von Leber-Stents zur Entlastung des Pfortaderhochdrucks angezeigt sein könnte. Die Forschungsarbeit wurde aktuell im renommierten Journal of Hepatology publiziert.


Verursacht werden die Varizen in Speiseröhre und Magen durch den erhöhten Druck in der Pfortader, der meist aufgrund der Leberzirrhose entsteht. Infolge der Lebervernarbung wird der Fluss des Pfortaderblutes durch die Leber behindert, sodass sich Umgehungskreisläufe wie Krampfadern (Varizen) bilden. Innere Blutungen aus diesen Varizen in den Verdauungstrakt sind lebensgefährlich, können jedoch in der überwiegenden Anzahl der Fälle zumidest initial durch medikamentöse und endoskopische Maßnahmen gestillt werden. Als Hochrisikopatient:innen eingestufte Betroffene sollen zusätzlich einen Leber-Stent erhalten, um den Pfortaderhochdruck zu entlasten und dem erneuten Auftreten von Varizenblutungen vorzubeugen bzw. die Sterblichkeit zu reduzieren. Im Rahmen der aktuellen Studie zeigte das wissenschaftliche Team um Lorenz Balcar und Mattias Mandorfer (Vienna Hepatic Hemodynamic Lab, Klinische Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie, Universitätsklinik für Innere Medizin III), dass auch eine Untergruppe vermeintlicher Niedrigrisikopatient:innen ein beträchtliches Sterberisiko aufweist und von der Implantation eines Leber-Stents profitieren könnte.


Zielgerichteter Einsatz von Leber-Stents

Um zu diesem Ergebnis zu gelangen, analysierte die Forschungsgruppe die Daten der „International Variceal Bleeding Observational Study Group der Baveno Cooperation“, einem Konsortium der „European Association for the Study of the Liver“ (EASL), welches den internationalen Standard zum Management des Pfortaderhochdrucks definiert. So konnte ein neues System zur Risikobewertung bei aktuell als Niedrigrisikopatient:innen eingestuften Betroffenen entwickelt werden. Diese werden nach einer Varizenblutung derzeit vorrangig medikamentös mit sogenannten nicht-selektiven Betablockern und endoskopisch mit Gummiband-Ligaturen behandelt. Während die konventionelle Therapie dem Gros der Patient:innen gute Überlebenschancen eröffnet, weist die neu identifizierte Gruppe innerhalb des ersten Jahres nach der Varizenblutung eine deutlich erhöhte Sterblichkeit auf.

 

„Ob die Implantation eines Leber-Stents auch bei diesen Patient:innen angezeigt ist, soll nun eine randomisierte Studie klären“, sagen die Erstautoren Lorenz Balcar und Mattias Mandorfer über die nächsten Schritte. Die aktuellen Erkenntnisse sind jedenfalls als Grundstein für den zielgerichteten Einsatz von Leber-Stents und die weitere Personalisierung der Therapie von Varizenblutungen zu sehen.


Publikation: Journal of Hepatology
Predicting survival in patients with ,non-high-risk‘ acute variceal bleeding receiving β-blockers+ligation to prevent re-bleeding;
Lorenz Balcar, Mattias Mandorfer, Virginia Hernández-Gea, Bogdan Procopet, Elias Laurin Meyer, Álvaro Giráldez, Lucio Amitrano, Candid Villanueva, Dominique Thabut, Luis Ibáñez Samaniego, Gilberto Silva-Junior, Javier Martinez, Joan Genescà, Christophe Bureau, Jonel Trebicka, Elba Llop Herrera, Wim Laleman, José María Palazón Azorín, Jose Castellote Alonso, Lise Lotte Gluud, Carlos Noronha Ferreira, Nuria Cañete, Manuel Rodríguez, Arnulf Ferlitsch, Jose Luis Mundi, Henning Grønbæk, Manuel Nicolas Hernandez Guerra, Romano Sassatelli, Alessandra Dell'Era, Marco Senzolo, Juan Gonzalez Abraldes, Manuel Romero-Gómez, Alexander Zipprich, Meritxell Casas, Helena Masnou, Massimo Primignani, Aleksander Krag, Frederik Nevens, Jose Luis Calleja, Christian Jansen, María Vega Catalina, Agustín Albillos, Marika Rudler, Edilmar Alvarado Tapias, Maria Anna Guardascione, Marcel Tantau, Rémy Schwarzer, Thomas Reiberger, Stig Borbjerg Laursen, Marta Lopez-Gomez, Alba Cachero, Alberto Ferrarese, Cristina Ripoll, Vincenzo La Mura, Jaime Bosch, Juan Carlos García-Pagán;
International Variceal Bleeding Observational Study Group by the Baveno Cooperation: an EASL consortium;
https://doi.org/10.1016/j.jhep.2023.10.007


Rückfragen bitte an:
Mag. Johannes Angerer
Leiter Kommunikation und
Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: 01/ 40 160-11501
E-Mail: pr@meduniwien.ac.at
Spitalgasse 23, 1090 Wien
www.meduniwien.ac.at/pr


Mag.a Karin Kirschbichler
Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: 01/ 40 160-11505
E-Mail: pr@meduniwien.ac.at
Spitalgasse 23, 1090 Wien
www.meduniwien.ac.at/pr

Kommentare