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Ekaterina Latinova, Studentin an der Charité: Das Medizinstudium in Deutschland hat einen starken Praxisbezug

Ekaterina Latinova, Studentin an der Charité: Das Medizinstudium in Deutschland hat einen starken Praxisbezug

Ekaterina Latinova ist Medizinstudentin am renommierten Berliner Institut „Charité“. Die Tatsache, dass beide Eltern Ärzte sind und weiterhin in Bulgarien praktizieren, ist für ihr Interesse an diesem Beruf sicherlich wichtig. In der deutschen Hauptstadt findet Ekaterina auch Zeit für wissenschaftliche Arbeit im Team von Dr. Bettina Heidecker (PD Dr. med. Bettina Heidecker), Kardiologin und Leiterin der Beratungsstelle für Herzinsuffizienz und Kardiomyopathien am Charité Krankenhaus.

 

Peter Galev spricht mit Ekaterina Latinova:

 

Ekaterina, warum haben Sie sich für ein Medizinstudium in Deutschland entschieden?

Ich habe das Erich-Kästner-Gymnasium in Sofia besucht und hatte somit bereits Deutschkenntnisse. Bei meiner Entscheidung war die Auswahl der Klinik wichtiger als der Ort. Für eine Tätigkeit in der Forschung ist die Charité in Berlin ein guter Ort, mit Vielfältigkeit in der Schwerpunktsetzung. Im Laufe des Studiums entwickelt sich die Vorstellung von der zukünftigen Karriere wahrscheinlich in verschiedene Richtungen, daher war Vielfalt für mich ein wichtiger Faktor.

Wie erfolgt die Zulassung an den medizinischen Universitäten und gibt es einheitliche Prüfungen für alle medizinischen Fakultäten?

An erster Stelle steht der Notendurchschnitt des gesamten Gymnasialabschlusses. Das Abschlusszeugnis und andere erforderliche Dokumente werden auf eine Online-Bewerbungsplattform hochgeladen. Außerdem gibt es eine Aufnahmeprüfung, welche verpflichtend ist. Die Note dieser Prüfung wird zur Gesamtnote des Abschlusszeugnisses addiert und kann als Ausgleich dienen. An größeren Universitäten gibt es mehr Bewerber mit einer hohen Erfolgsquote als Plätze im Rahmen dieser Quote. Es ist dann wahrscheinlich, dass der Bewerber zu dieser Prüfung eingeladen wird und, wenn er/sie gut abschneidet, in einem zweiten Ranking zugelassen wird. Es gibt einige wenige Universitäten, welche die Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einladen. Das Zulassungsverfahren unterscheidet sich von dem in Bulgarien und man muss sich über die Regeln der jeweiligen Universität vorab gut informieren.

 

Wie unterscheidet sich das Bildungssystem der Charité von der traditionellen bulgarischen Praxis?

Auch hier hängt es von der Universität ab. An den meisten Orten wird immer noch das klassische Programm durchgeführt - zwei Jahre Vorklinik und nach bestandener Prüfung wird die Ausbildung in den klinischen Semestern fortgesetzt. Der Trend geht dahin, dieses System durch das Modellsystem der Ausbildung zu ersetzen - es gibt verschiedene Module, keine einzelnen Fächer. Jedes Modul dauert im Durchschnitt einen Monat. Dort wird ein gemeinsames Thema, zum Beispiel "Haut", aus verschiedenen Aspekten behandelt - Therapie, Prozesse und Anatomie. Eine vorklinische Phase der Ausbildung gibt es nicht. Man muss im 6. Semester eine wissenschaftliche Arbeit erstellen, praktische Prüfungen ablegen und jedes Semester eine allgemeine schriftliche Prüfung über alle Module des Semesters ablegen. Ein semesterbegleitendes Abfragen mit Benotung gibt es nicht. Das Staatsexamen ist jedoch für alle medizinische Universitäten in Deutschland einheitlich.

 

Haben sich Ihre Erwartungen an ein Studium an einem der weltberühmten medizinischen Zentren wie der Charité in Berlin erfüllt?

Die Universität bietet die Möglichkeit zum wissenschaftlichen Arbeiten während des Studiums. Das hat meine Erwartungen sogar übertroffen. Das Studium erfordert viel selbstständiges Arbeiten - da kann ich nur Erwartungen an mich selbst haben.

 

Welche Möglichkeiten gibt es, Ihre individuellen Interessen in der Medizin zu entwickeln?

Das hängt wieder von der Klinik und dem Team ab. Teamarbeit ist sehr wichtig. Sie erfordert andere Fertigkeiten als medizinische Kompetenz. Die Ausbildung und Entwicklung ist hier vor allem praktisch. Die Chancen sind gut, wenn man genügend Eigeninitiative zeigt.

Haben Sie sich auf einen Bereich konzentriert, in dem Sie sich weiterentwickeln wollen?

Jeder Bereich der Medizin ist sinnvoll und es ist lohnenswert, einen eigenen Beitrag zu leisten. Ich interessiere mich für die Chirurgie, insbesondere die Transplantationschirurgie. Auch die Kardiologie gefällt mir. Ich bin begeistert von größeren Systemen und Operationen. 


© Ekaterina Latinova

Nehmen sich die Professoren genug Zeit und Aufmerksamkeit für ihre Studenten?

Fast jeder Unterricht wird von einem neuen Dozenten betreut. Jeder von ihnen ist auch als Arzt/Ärztin in der Klinik tätig und hat einen zeitintensiven Beruf. Wenn es Fragen gibt, sind sie natürlich aufmerksam, so meine Erfahrung. Als Teil eines Forschungsteams kann man als Student mit einer guten Betreuung rechnen.

Gibt es Möglichkeiten für eine Teilzeitbeschäftigung in der Klinik und wie ist diese geregelt?

Es gibt viele solcher Möglichkeiten und Ausschreibungen. Das ist nützlich, um sich in das Umfeld einzuarbeiten, obwohl es auch eine zusätzliche Arbeitsbelastung bedeutet. Man kann die internen Ausschreibungen für Studentenjobs in der Medizin im Verteiler des jeweiligen Universitätsklinikums verfolgen und sich bewerben.

Wie würden Sie das Studentenleben in Berlin beschreiben?

Es ist sehr individuell. Es gibt gute soziale Bedingungen. Die Studenten in Berlin nutzen mit ihrem Studentenausweis die öffentlichen Verkehrsmittel, es gibt Mensen an verschiedenen Orten und tolle Bibliotheken. Für viele Dinge muss man aktiv nachfragen – hierbei sollte man nicht zurückhaltend sein. Es wäre hilfreich, am Anfang so viele Bekanntschaften wie möglich zu machen.

Was sind derzeit die größten Wohn- und Lebensprobleme für einen jungen Menschen in der deutschen Hauptstadt?

Vor allem die Wohnungssuche gestaltet sich etwas schwierig. Es gibt eine sehr hohe Nachfrage, die mit der Zeit zunimmt. Es gibt Wohnheime, in denen man normalerweise mindestens ein paar Monate auf einen Platz warten muss. Hier muss man Ausdauer haben. Auch die Selbstversorgung ist ein wichtiges Thema. Mindestens zwei Jobs neben dem Studium zu haben, ist nicht selten. Es gibt auch verschieden Stipendienprogramme, je nach Interessen, wo man sich bewerben kann. Das Wichtigste ist Geduld.

 

PD Dr. med. Bettina Heidecker
© 2024 Charité – Universitätsmedizin Berlin

 

Link zum ursprünglichen Artikel auf credoweb.bg: 

https://www.credoweb.bg/publication/137124/ekaterina-latinova-studentka-v-sharite-sledvaneto-po-meditsina-v-germaniya-e-sas-silna-prakticheska-nasochenost

 

TITELBILD: © Ekaterina Latinova

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