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Darmkrebs: Metastasen "missbrauchen" das Immunsystem

Darmkrebs: Metastasen "missbrauchen" das Immunsystem

Therapie mit einem bereits bekannten Wirkstoff zeigt in einer ersten kleinen Studie gute Erfolge bei der Bekämpfung der Metastasen.

Ein metastasierender Darmkrebs ist kaum behandelbar. Das kommt auch daher, dass sich die Metastasen das Immunsystem zum Komplizen machen, wobei die Makrophagen eine ganz wichtige Rolle spielen. Das haben Wissenschaftler des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT), des Universitätsklinikums Heidelberg und des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) laut einem Artikel in "Cancer Cell" herausgefunden.

Konkret haben die Forscher für ihre Arbeit Immunzellen - insbesondere die Makrophagen - aus dem Gewebe um Lebermetastasen von Darmkrebspatienten genauer untersucht. "Ursprünglich vermutete man, dass auch die Immunabwehr in den Metastasen noch eine gewisse Wirksamkeit gegen den Tumor hat", erklärt Erstautor Niels Halama.

"Bei Darmkrebspatienten konnten wir jetzt zeigen, dass die Metastasen die Makrophagen in ihrer Umgebung so manipulieren, dass sie das Krebswachstum sogar fördern, statt es zu bekämpfen." Wichtig dabei ist das Signalprotein CCL5, das in der Regel an Entzündungsprozessen beteiligt ist, weil es Immunzellen in das Gewebe hineinzieht.

Es stellte sich schließlich heraus, dass die T-Zellen in Nähe der Lebermetastase CCL5 produzieren. Damit das Protein wirken kann, muss es an sein Gegenstück den Rezeptor CCR5 binden. Dieses Eiweiß befindet sich auch auf der Zelloberfläche von Makrophagen. CCR5 ist schon aus der HIV-Forschung gut bekannt. Ein bereits zugelassenes Medikament blockiert den Rezeptor und wird bei HIV-Infizierten therapeutisch genutzt. Die Wissenschaftler untersuchten die Wirksamkeit dieses HIV-Medikaments zunächst in präklinischen Versuchen. Die Blockade von CCR5 verwandelte die Makrophagen im Gewebe um die Metastase von tumorfördernd in tumorbekämpfend. Die umprogrammierten Fresszellen konnten die Krebszellen zerstören und schonten gleichzeitig das umliegende gesunde Lebergewebe. "Es scheint, dass die CCL5-CCR5 Achse eine wichtige Bedeutung für die Aktivierung der Makrophagen hat. Und das nicht nur bei einer Virusinfektion wie bei HIV, sondern auch bei Krebserkrankungen", erläutert Christine Falk, eine der Studienleiterinnen.

 

Nach den präklinischen Experimenten konnte der Mechanismus in einer Phase-I-Studie mit 14 Patienten bestätigt und ein Rückgang einzelner Metastasen beobachtet werden. "Die Daten zeigen eine sehr gute Verträglichkeit des Medikaments. Aber auch das Ansprechen in Kombination mit einer Chemotherapie ist vielversprechend", berichtet Studienleiter Dirk Jäger.

 

Quelle: Cancer Cell (abstract), APA

Foto: NCT Heidelberg

 

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