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Ärztekammer verlangt volle Finanzierung der verpflichtenden Lehrpraxis

Bund und Sozialversicherungen sind säumig - Ausbildung in Allgemeinmedizin gefährdet.


Die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) kritisiert, dass die Finanzierung der verpflichtenden Lehrpraxis über ein Jahr nach Inkrafttreten der Ausbildungsreform noch immer nicht gesichert ist. "Mit der Reform wurde ein erster wichtiger Schritt getan, indem die Lehrpraxis beim Allgemeinmediziner für alle angehenden Ärztinnen und Ärzte zur Pflicht erhoben wurde. Auf die Pflicht folgt aber bekanntlich die Kür, in diesem Fall die hundertprozentige Finanzierung. Auf diese warten wir noch immer", sagte Karlheinz Kornhäusl, stv. Obmann der Bundeskurie angestellte Ärzte und Obmann der Bundessektion Turnusärzte, am Montag in einer Aussendung.

Finanzierung nach wie vor ungesichert

Zwar hätten die Bundesländer im vergangenen November einstimmig beschlossen, 30 Prozent der Kosten für die Lehrpraxis zu übernehmen. Seitens des Bundes und der Sozialversicherungen passiere aber noch immer nichts, sodass die Finanzierung nach wie vor ungesichert sei. Kornhäusl: "Nur in drei Bundesländern – Vorarlberg, Salzburg und Oberösterreich – liegen Konzepte zur Finanzierung der Lehrpraxis vor." In Kärnten werde derzeit an einem eigenen Modell gearbeitet, das von Land, Krankenkasse und dem Spitalsträger Kabeg getragen werden solle, ergänzte Gert Wiegele, Obmann der Bundessektion Ärzte für Allgemeinmedizin und approbierte Ärzte.

Passende Politik wird gefordert


Die Säumigkeit des Bundes bzw. der übrigen Länder und der Sozialversicherungen könnte in nicht allzu ferner Zukunft zum Bumerang werden, so Wiegele weiter: "Die Kolleginnen und Kollegen stehen laufend vor der Entscheidung, welche Fachrichtung sie nach der neun-monatigen Basisausbildung einschlagen sollten. Für diejenigen, die sich für die Allgemeinmedizin entscheiden, muss es dann genügend Stellen in Lehrpraxen geben." Solange das nicht der Fall sei und der Abschluss der Ausbildung in Allgemeinmedizin somit dank der ungeklärten Finanzierungsfrage auf wackeligen Beinen stehe, würden sich angehende Medizinerinnen und Mediziner kaum für die Allgemeinmedizin entscheiden. Das wiederum könne langfristig den bereits bestehenden Ärztemangel verschärfen, sagten Kornhäusl und Wiegele. Für Wiegele stellt sich auch die Frage, wer das Gehalt der Jungärzte in den Lehrpraxen bezahlt: "Die niedergelassenen Ärzte, die eine Lehrpraxis betreiben, können sich das beim aktuellen Grundgehalt nicht leisten. Hier ist die Politik gefordert. Sie muss den Ausbildnern diesen Mehraufwand abgelten bzw. ihnen finanziell unter die Arme greifen", forderte Wiegele.

„Hier zu sparen, wäre grundverkehrt."

Dabei sei die Lehrpraxis beim medizinischen Nachwuchs durchaus beliebt, führte Kornhäusl weiter aus: "Wir wissen aus der Evaluierung der praktischen Ausbildung, dass der Lehrpraxis Top-Noten ausgestellt werden. Die Arbeit im Praxisalltag wird gut angenommen und ist gefragt. Hier zu sparen, wäre grundverkehrt." Wichtig sei dabei, die Lehrpraxis auch wirklich in einer Ordination zu absolvieren. Derzeit sei es jedoch noch erlaubt, die sechs Monate Lehrpraxis in einer Spitalsambulanz zu verbringen. "Das geht am Sinn der Lehrpraxis vorbei. Ziel ist es ja – neben der allgemeinmedizinischen Ausbildung – den Alltag in einer Ordination kennen zu lernen. Das ist in einer Ambulanz nicht möglich", sagten die beiden Standesvertreter abschließend.

Quelle: aerztekammer.at / APA


Bildquelle: pexels


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