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Erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Rheumapatienten

Von Rheuma können nicht nur Gelenke, sondern auch viele andere Organe betroffen sein – darunter auch das Herz. Dazu das Statement von Prim. Univ. Prof. Dr. Marcus Köller bei der Pressekonferenz der Österreichischen Rheumaliga: "Neuigkeiten aus der Rheumatologie" (11. Oktober 2016).


Während früher davon ausgegangen wurde, dass entzündlich-rheumatische Erkrankungen ausschließlich in den Gelenken Schäden verursachen, ist heute belegt, dass es im ganzen Körper zu negativen Auswirkungen kommen kann, insbesondere auch im Herz-Kreislauf-System. Als Hauptursache dafür wird angesehen, dass chronische Entzündungsprozesse ein rascheres Voranschreiten von Arteriosklerose verursachen. Für Rheumapatienten ist daher besonders wichtig, auf einen gesunden Lebensstil zu achten und andere kardiovaskuläre Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes und erhöhte Blutfettwerte zu reduzieren.

Rheuma und Herz: Forschungsstand

Aktuelle Studien zeigen, dass die Gesamtmortalitätsraten im Vergleich zur Gesamtbevölkerung bei Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) bis zu 2,3-fach, bei Morbus Bechterew (AS) bis zu 2-fach und bei Psoriasisarthritis (PsA) bis zu 1,6-fach erhöht ist. Bei RA ist das kardiovaskuläre Risiko mit jenem von Diabetikern oder Bluthochdruckpatienten vergleichbar (1). Darüber hinaus gibt es auch Erkrankungen im breiten Spektrum der rheumatologischen Autoimmunerkrankungen, welche Herz und Gefäße direkt schädigen, vor allem Kollagenosen (wie SLE, systemische Sklerose) oder die Vaskulitiden (Gefäßentzündungen). Statistisch gesehen sterben Rheumapatienten rund sechs bis zehn Jahre früher, meist an Herzinfarkt oder Schlaganfall. In der Regel müssen bei Rheumapatienten zum biologischen Alter etwa fünf bis fünfzehn Jahre addiert werden.

Kardiovaskuläres Risikomanagement und Therapie: EULAR-Empfehlungen

Die Europäische Rheuma-Liga (EULAR) hat Empfehlungen zum kardiovaskulären Risikomanagement für Patienten mit RA, PsA und AS formuliert (2). Demnach sollte das individuelle kardiovaskuläre Risiko jährlich bzw. bei Veränderungen des Therapieregimes evaluiert werden. Der Risiko-Score sollte bei Rheumapatienten mit dem Faktor 1,5 multipliziert werden, wenn zwei von drei Kriterien erfüllt sind:

·         Krankheitsdauer von mehr als zehn Jahren;

·         Positivität bezüglich Rheumafaktor oder ACPA (Antikörper gegen cyclisches citrulliniertes Peptid);

·         Vorliegen von extraartikulären Manifestationen.

Bei betroffenen Patienten gelten vor allem strengere Zielwerte für Bluttfette wie Cholesterin und insbesondere LDL-Cholesterin – angestrebt werden sollten Level wie bei Patienten mit Diabetes oder einem zurückliegenden kardiovaskulären Ereignis wie z.B. Herzinfarkt. Als bevorzugte Therapien werden zur Blutfettsenkung Statine sowie zur Blutdrucksenkung ACE-Hemmer und AT-II-Blocker empfohlen. Die Rolle der meisten nichtsteroidalen Antirheumatika bei kardiovaskulären Risiken ist nicht ausreichend geklärt. Daher sollten sie mit Vorsicht verschrieben werden, insbesondere auch bei Rheuma-Patienten mit bekannter Herz-Kreislauf-Erkrankung. Kortikosteroide sollten in der geringstmöglichen Dosis zum Einsatz kommen, da sie negative Effekte auf Blutzucker, Blutfette und Blutdruck haben können.

Hingegen können wirksame antientzündliche Therapien das kardiovaskuläre Risiko senken, und zwar nicht nur durch die Kontrolle der Entzündung und den Schutz der Gelenke vor Zerstörung, sondern auch durch die positive Beeinflussung metabolischer Parameter. Darüber hinaus sollten Rheumapatienten insbesondere bei erhöhtem kardiovaskulärem Risiko auf einen gesunden Lebensstil achten. Das bedeutet: Sie sollten nicht rauchen, sich ausreichend bewegen und Normalgewicht anstreben.

Literatur:
(1)   Agca R, Heslinga SC, et al. Atheroslerotic cardiovascular disease in patients with chronic inflammatory joint disorders. Heart 2016;102:790-795.
(2)   Peters MJL, Symmons DPM, McCarey D, et al. EULAR evidence-based recommendations for cardiovascular risk management in patients with rheumatoid arthritis and other forms of inflammatory arthritis. Ann Rheum Dis 2010;69:325–331.

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