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Welt-Diabetes-Tag: Seniorenbund fordert bessere Aufklärung und Prävention

Viele Senioren und Seniorinnen leben mit der Zuckerkrankheit Typ-2 Diabetes, ohne von der Erkrankung zu wissen. Bis zur Diagnose ist es dann oftmals schon zu spät und gefährliche Folgeerkrankungen und Behinderungen sind eingetreten


Viele Senioren und Seniorinnen leben mit der Zuckerkrankheit Typ-2 Diabetes, ohne von der Erkrankung zu wissen. Bis zur Diagnose ist es dann oftmals schon zu spät und gefährliche Folgeerkrankungen und Behinderungen sind eingetreten. "Dem muss endlich mittels einer ganzheitlichen, kontinuierlichen und qualitativ hochwertigen Förderung der Früherkennung und frühzeitigen Behandlung effektiv entgegengesteuert werden," fordert die Präsidentin des Österreichischen Seniorenbundes, Ingrid Korosec.

Mindestens 600.000 Österreicher haben Typ-2-Diabetes

Korosec macht auf die Facts und Prognosen aufmerksam: In Österreich gehört Diabetes mellitus bei den über 65-jährigen Österreichern zu den häufigsten Ursachen bei den ärztlichen Beratungen (lt. Österr. Diabetesbericht 2013). Aktuell leiden mindestens 600.000 Menschen an Typ-2-Diabetes, wobei 90 Prozent der Betroffenen ab der Lebensmitte erkranken. Tendenz steigend: Im Jahr 2030 werden es in Österreich vorsichtig geschätzt mehr als 800.000 sein. Blickt man auf Mitteleuropa, so ist die Zahl der Diabetiker seit 1998 um rund 40 Prozent gestiegen. Und weltweit hat sich die Zahl seit 1980 beinahe vervierfacht, von 108 Millionen auf etwa 422 Millionen.

"Bewusstseinsarbeit sowie Verbesserungspotenzial sind dringend erforderlich," resümiert Korosec. "Wir fordern eine konsequentere Gesundheitsförderung und Prävention und auch eine Optimierung der Behandlungsprozesse. Die bereits bestehenden Disease-Management- und Qualitätssicherungs-Programme sind gut, müssen jedoch optimiert werden. Das muss keine Mehrkosten verursachen. Im Gegenteil. Besonders teuer wird es immer nur dann, wenn chronische Krankheiten entstehen können, welche intensive und jahrelange Therapien erfordern und die Lebensqualität im Alter schmälern," so Korosec abschließend.

Neue Blutzucker-Messmethode verhindert Hypos

Zum Welt-Diabetes-Tag kommt die Nachricht, dass eine neue Blutzucker-Messmethode Hypoglykämien verhindert. Diabetiker sollten ihre Blutzuckerwerte möglichst im Normbereich halten. Doch das bedingt eine größere Gefahr für Hypoglykämien mit potenziell schweren Komplikationen. Besonders gefährlich ist das in der Nacht. Ein neues 14-Tage-Monitoring-System reduziert laut einer Studie, an der auch Salzburger Patienten teilgenommen haben, solche Unterzuckerungs-Phase deutlich.

Die wissenschaftliche Arbeit wurde jetzt im "Lancet" (5. November) publiziert, wenige Tage vor dem Welt-Diabetes-Tag 2016, morgen, Montag (14. November). Die Autoren, unter ihnen der Salzburger Spezialist Raimund Weitgasser, schrieben in der Einleitung unter anderem: "Die enge Blutzuckerkontrolle beim Typ-1-Diabetes (insulinpflichtiger oder ehemals juvenilerDiabetes; Anm.) verzögert das Auftreten von Komplikationen durch Schäden an den kleinen und großen Blutgefäßen. Die Blutzuckerwerte müssen aber auch eng kontrolliert werden, um Hypoglykämien zu verhindern." Unterzuckerung führt zu Verwirrtheitszuständen bis hin zum Koma und kann sogar tödlich sein.

Das Hypoglykämie-Risiko trifft besonders die Typ-1-Zuckerkranken

Während die Blutzuckerwerte bei Typ-2-Diabetikern (nicht-insulinpflichtiger Diabetes; ehemals "Altersdiabetes"), die auch zu einem Gutteil nicht auf Insulininjektionen angewiesen sind, oft weniger schwanken, trifft das Hypoglykämie-Risiko besonders die Typ-1-Zuckerkranken, die mehrfach am Tag ihren Blutzuckerspiegel messen sollten. "Daten von dieser Patientengruppe zeigen, dass 30 bis 40 Prozent der Typ-1-Diabetiker pro Jahr eine bis drei schwere Hypoglykämie-Episoden haben", schrieben die Wissenschafter - dies auch in einer Zeit, in der das Messen des Blutzuckers durch kleine tragbare Geräte aus dem Kapillarblut (aus Fingerkuppe und mit Messstreifen) bereits seit Jahren relativ einfach geworden ist.

Einen Fortschritt könnten neue Verfahren zur Blutzuckermessung bieten, von denen das in der Studie getestete "Freestyle-Libre"-System (Abbott) eines ist. Die Patienten bringen dabei am äußeren Oberarm einen Sensor mit 35 Millimeter Durchmesser und fünf Millimeter Dicke auf. Das System ist selbst klebend, es besitzt eine fünf Millimeter lange und 0,4 Millimeter dicke Faser, die beim Aufbringen schmerzlos in das Unterhautgewebe eindringt. Über diese Faser wird der Blutzucker via Gewebsflüssigkeit erfasst.

Fährt der Patient mit einem kleinen Lesegerät mit Bildschirm über den Sensor, wird der aktuelle Blutzuckerwert eingespielt. Da die Messeinheit auf jeden Fall alle 15 Minuten einen Test durchführt, wird gleichzeitig ein Profil über die vergangenen acht Stunden angezeigt. Damit kann der Zuckerkranke erkennen, ob der Wert ansteigt oder vielleicht stärker abfällt. Das Sensor-Modul wird 14 Tage getragen und dann entsorgt. Sehr gut erkennbar werden Muster und Verläufe der Blutzuckerwerte.

Die tägliche Zeit mit Anzeichen von Unterzuckerung sank

In der Studie wurde nun die Auswirkung der Verwendung des Systems im Vergleich zu den Blutzucker-Messtreifen-Verfahren untersucht. 241 Typ-1-Diabetiker mit einer guten Blutzuckerkontrolle und einem HbA1c-Wert (mittelfristige Blutzuckereinstellung) von 6,7 Prozent wendeten sechs Monate lang zur Hälfte entweder nur das neue Verfahren oder weiterhin die Messung über die Teststreifchen (plus das neue Verfahren, um die Ergebnisse aus der anderen Gruppe zu kontrollieren) an.

Die Ergebnisse waren ausgesprochen gut: In der Gruppe Patienten, welche das Freestyle-Libre-System verwendete sank die tägliche Zeit mit Anzeichen von Unterzuckerung (weniger als 70 Milligramm Blutzucker pro Deziliter Blut) im Durchschnitt von 3,38 Stunden auf 2,03 Stunden. Das war eine Reduktion um 38 Prozent. In der Kontrollgruppe kam es nur zu einem Rückgang von 3,44 Stunden auf 3,27 Stunden. Das war viel geringer.

Im Falle einer Hypoglykämie müssten Diabetiker möglichst schnell Zucker zu sich nehmen - das kann bis hin zu Infusionen gehen. Bei schwerer Unterzuckerung ist oft die Behandlungin Notfallambulanzen von Spitälern notwendig. Weltweit sind etwa 415 Millionen Menschen an Diabetes erkrankt. 2015 gab es fünf Millionen Todesfälle wegen Diabetes. Bis zum Jahr 2040 rechnen Fachleute mit mehr als 640 Millionen Menschen mit Diabetes.

Quellen: Seniorenbund/APA

Bildquelle: shutterstock

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