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Screening zur Lungenkrebs-Früherkennung kann Sterblichkeit um 20 Prozent senken

Screening zur Lungenkrebs-Früherkennung kann Sterblichkeit um 20 Prozent senken

Welt-Lungenkrebs-Konferenz (04.12.-07.12.) in Wien: Statement PD Dr. Helmut Prosch, Universitätsklinik für Radiodiagnostik, MedUni Wien/AKH Wien.


Trotz aller medizinischen Fortschritte, bleibt die Kontrolle des Tabakkonsums nach wie vor die wirksamste Waffe im Kampf gegen den Lungenkrebs. Wo das nicht gelingt, muss es unser Ziel sein, auftretende Lungentumore so früh wie möglich zu erkennen. In den EU-Ländern werden Tag für Tag 1.100 Lungenkarzinome diagnostiziert. Leider gehört es zu den Charakteristika dieser Krankheit, dass es erst sehr spät in ihrem Verlauf zu Symptomen kommt. Deshalb werden nur rund 20 Prozent der Karzinome in einem frühen und gut heilbaren Stadium entdeckt.

Bei der Welt-Lungenkrebs-Konferenz in Wien haben Experten aus der ganzen Welt ihre Erfahrung mit Screening-Programmen zur Früherkennung diskutiert. Beflügelt durch das positive Ergebnis des US-amerikanischen „National Lung Screening Trials (NLST)“, das 2011 publiziert wurde,  wird das Lungenkarzinom-Screening von den großen amerikanischen wissenschaftlichen Gesellschaften empfohlen. Diese Studie konnte erstmals zeigen, dass sich bei starken Rauchern, mit einem Alter von über 55 Jahren, durch ein Niedrig-Dosis-Spiral-CT die Lungenkrebsmortalität um 20 Prozent senken lässt [1].

Lungenkrebs-Screening setzt Spezialisierung voraus

Obwohl die Ergebnisse dieser Studie bemerkenswert sind, wissen wir noch nicht, ob sie 1:1 auf Europa übertragbar sein werden. In den USA wurden diese Untersuchungen in hochspezialisierten Zentren durchgeführt, über die wir hier nur sehr vereinzelt verfügen. In Europa gibt es noch keine systematischen Screening-Programme. Einzelne kleine europäische Screening-Studien konnten den positiven Effekt bisher nicht bestätigen. Dies liegt vor allem an der geringen Zahl an untersuchten Patienten. Solche Studien tragen aber dazu bei, weitere Erfahrungen über die optimale Abklärung von dabei gefunden Rundherden zu sammeln und ermöglichen uns besser zu verstehen, wer am meisten von einem solchen Screening profitieren könnte.

Effizientes Screening: Gezielte Untersuchung von Risikogruppen

Sinnvoll und effektiv ist in diesem Fall nur Personen mit hohem Lungenkrebsrisiko zu erfassen. Somit sollten nach derzeitigem Wissen nur Raucher über 55 Jahre mit mindestens „30 Packungsjahren“  sowie ehemalige Raucher, die innerhalb der letzten 15 Jahre aufgehört haben, untersucht werden. Wichtig wäre eine standardisierte Abklärung der gefundenen Rundherde und eine sorgfältige Betreuung der untersuchten Personen durch Mediziner, die über ausreichende Erfahrung in der Abklärung solcher Befunde verfügen und auch in der Lage sind, die Teilnehmer über die Möglichkeit von falsch-positiven Screening-Ergebnissen, Folgeuntersuchungen sowie möglicherweise notwendige invasive Eingriffe, zu informieren.

Dazu zeigen die bisherigen Erfahrungen, dass ein solches Programm mit einem zur Rauchentwöhnung kombiniert werden sollte. Es scheint naheliegend, dass die Erfolgsaussichten zu einem Zeitpunkt wo viele Raucher erstmals mit den Konsequenzen des Tabakkonsums konfrontiert werden, eine höhere Erfolgsaussicht haben.

Screening in Österreich: Zusätzliche Kapazitäten und Qualitätsstandards nötig

Im Moment warten wir noch auf die Ergebnisse von europäischen Nachfolgestudien, insbesondere auf die niederländisch-belgische NELSON- Studie, die demnächst vorliegen sollte. Wenn sich die amerikanischen Ergebnisse dabei bestätigen lassen, muss es natürlich unser Ziel sein, diese CT-Screenings auch in Österreich zur Senkung der hohen Lungenkrebssterblichkeit zu nutzen.

Dafür müssten aber erst noch die nötigen Ressourcen geschaffen werden. Derzeit ist es so, dass es für CT-Untersuchungen sehr oft lange Wartezeiten gibt. Für ein systematisches Lungenkrebs-Früherkennungsprogramm bräuchten wir daher zusätzliche Kapazitäte – am besten in Form von spezialisierten Screening-Zentren. Wo das nicht möglich ist, müssten sehr genaue Qualitätsstandards für den niedergelassenen Bereich festgelegt und eine Anbindung an ein Zentrum mit entsprechender umfassender, interdisziplinärer Erfahrung im Management der Erkrankung sichergestellt werden.

Literatur:

1] National Lung Screening Tiral (NLST) Research Team, Aberle et al. Reduced lung-cancer mortality with low-dose computed tomographic screening. N Engl J Med 2011; 365

Foto: Welt-Lungenkrebs-Konferenz (WCLC) in Wien / 04.12. - 07.12.2016 (Copyright: bettschart.at)

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