Artikel

Frühchen brauchen möglichst viele sanfte Berührungen

Frühchen brauchen möglichst viele sanfte Berührungen

Werden frühgeborene Babys oft zärtlich in die Arme genommen, gleicht sich ihre Hirnentwicklung rascher dem von regulär geborenen Kindern an


Berührungen sind extrem wichtig für die gesunde Entwicklung von Neugeborenen. Frühchen verbringen allerdings die erste Zeit ihres Lebens auf der Intensivstation - einer deutlich anderen Umgebung als Babys, die nach der 37. Schwangerschaftswoche auf die Welt kommen. Das hat Konsequenzen für die Entwicklung ihres Berührungsempfindens, wie US-amerikanische und schweizerische Wissenschaftler in "Current Biology" berichteten.

Mithilfe eines weichen EEG-Netzes maßen die Forscher bei Babys, wie ihr Gehirn auf einen Luftstoß reagierten. Dabei verglichen sie ausgereift geborene Babys mit solchen, die zu früh geboren wurden. Je früher ein Baby geboren wurde, desto wahrscheinlicher hatte es eine deutlich verminderte Hirnaktivität in Reaktion auf den Luftstoß, berichten die Wissenschaftler. Dabei zeigte sich aber auch, dass die Art der noch auf der Intensivstation des Krankenhauses erlebten Berührungen sich deutlich auf die Entwicklung der Hirnantwort von Frühchen auswirkte.

Je mehr sanfte Berührungen ein Frühgeborenes in den ersten Wochen seines Lebens erfährt, desto mehr gleicht sich demnach die Reaktion des Gehirns der von ausgereift geborenen Babys an.

"Eltern sollten wissen, dass jede Minute zählt, die sie ihr Frühgeborenes halten, und seinem Gehirn und Körper beim Wachsen hilft", sagte Nathalie Maitre vom "Nationwide Children's Hospital" in Columbus (US-Bundesstaat Ohio).

Wenn Eltern dies nicht könnten, sollten die Kliniken überlegen, Therapeuten für ein sorgfältig geplantes Berührungsprogramm zu engagieren, so Maitre weiter. Umgekehrt wirken sich schmerzhafte Berührungen negativ auf die Hirnentwicklung aus. Die Hirnantwort der Frühchen auf den Luftstoß fiel umso deutlicher anders aus als bei "fristgerecht" Geborenen, je mehr schmerzhafte Prozeduren sie auf der Intensivstation durchlaufen mussten, selbst wenn sie Schmerzmittel erhielten.

Das Forscherteam will nun neue Methoden entwerfen, um positive Berührungserlebnisse für Frühgeborene auf der Intensivstation sicherzustellen. Außerdem wollen sie untersuchen, wie sich die Kombination verschiedener äußerer Reize auf die Entwicklung von Frühchen auswirkt, zum Beispiel bei Berührung und gleichzeitigem Hören einer Stimme - zum Beispiel den tröstenden Worten der Mutter oder des Vaters.

Quelle: Current Biology/APA

Bildquelle: APA (dpa)

Kommentare