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Krisengipfel der Ärztekammer: Gesundheitssystem vor Schwächung bewahren

Krisengipfel der Ärztekammer: Gesundheitssystem vor Schwächung bewahren

Standesvertreter kritisieren Gesetzesentwurf zur Primärversorgung – konkrete Vorschläge für Verbesserungen im niedergelassenen Bereich


Die Bundeskurie Niedergelassene Ärzte der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) informierte heute, Mittwoch, bei einer Pressekonferenz anlässlich des Ärzte-Gipfels im Wiener Museumsquartier über bevorstehende Änderungen im Bereich der Primärversorgung. „Aktuell steht sehr viel auf dem Spiel. Die Pläne der Politik und der Kassen gehen an die Substanz der Gesundheitsversorgung“, sagte Johannes Steinhart, ÖÄK-Vizepräsident und Obmann der Bundeskurie Niedergelassene Ärzte im Vorfeld des Gipfels. Anlass für die Veranstaltung war der Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Regelung der Primärversorgung. „Sollte dieser Entwurf so umgesetzt werden, würde das den niedergelassenen Bereich fundamental verändern“, erklärte Steinhart.
 
Die Standesvertretung möchte vor allem drei Punkte des Gesetzesentwurfs zur Diskussion stellen: die geplante Zentralisierung in Primärversorgungseinheiten, die langfristig bis zu 40 Prozent aller Hausärzte betreffen könnte; die ungewisse Zukunft der niedergelassenen Fachärzte im Rahmen der Primärversorgung; und die Klärung der Honorierung ärztlicher Leistungen auf Landesebene. Steinhart plädierte für flexible Wahlmöglichkeiten für Patienten und Ärzte, die Standesvertretung habe entsprechende Konzepte auch bereits vorgelegt: „Setzen wir diese Modelle gemeinsam mit Politik und Kassen um und bewahren wir so unser Gesundheitssystem vor mutwilliger Schwächung“, appellierte Steinhart in Richtung Politik.
 
Für den stv. Obmann der Bundeskurie Niedergelassene Ärzte, Gert Wiegele, ging es vor allem darum, die wohnortnahe Versorgung aufrecht zu erhalten und die Primärversorgung sinnvoll weiterzuentwickeln.

„Der ärztliche Einzelkämpfer, der in seiner Praxis wertvolle Arbeit leistet, wird von Politik und Kassen überhaupt nicht unterstützt. Man verweigert ihm die Wertschätzung und man finanziert ihn nicht ausreichend“, zeigte Wiegele auf.

Die Standesvertretung stehe auch für eine sinnvolle Weiterentwicklung der Primärversorgung, wie dies etwa in Wien-Mariahilf bereits passiert sei. Ein weiteres Beispiel für die Vernetzung von Ärzten sei styriamed.net, so Wiegele weiter. Seitens der ÖÄK liege das Modell „Primärversorgung 2020“ vor, das eine abgestufte, flexible Versorgung im niedergelassenen Bereich vorsehe. „Bislang sind wir damit leider nicht durchgedrungen“, sagte Wiegele.
 
Neue Formen der ärztlichen Zusammenarbeit – zusätzlich zur Einzelordination – seien für den niedergelassenen Bereich auch insofern wichtig, als sie wichtige Anreize für junge Ärztinnen und Ärzte bieten könnten, überhaupt den Gang in die Niederlassung in Erwägung zu ziehen, sagte Karlheinz Kornhäusl, Obmann der Bundessektion Turnusärzte und stv. Obmann der Bundeskurie Angestellte Ärzte. „Die neue Ärztegeneration hat ein ausgeprägtes Bedürfnis nach Vernetzung und Teamarbeit. Aber weder die im Dezember beschlossenen 15a-Vereinbarungen noch der vorliegende Gesetzesentwurf zur Primärversorgung bieten eine gute Ausgangsbasis“, erklärte Kornhäusl. Stattdessen sei eine noch größere Machtfülle der Krankenkassen vorgesehen, gleichzeitig werde das nicht mehr zeitgemäße Modell von Deckelungen und Degressionen beibehalten.

Kornhäusl: „Die jungen Kolleginnen und Kollegen werden in der Praxis mit einem teils veralteten, teils unvollständigen Leistungskatalog konfrontiert. Zu wissen, wie man helfen könnte, aber die Mittel nicht zur Verfügung zu haben – das ist frustrierend und belastend.“

Um die Primärversorgung aufrecht zu erhalten, müsse es eine ausreichende Anzahl an Primärversorgern geben, in einer Vielfalt von Modellen und Organisationsformen, welche die Politik gemein mit den Ärzten – als Verhandlungspartner auf Augenhöhe – gestalten solle, waren sich die drei Standesvertreter einig.

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