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MRT-Studie zur Gehirnreaktion nach Meditationstraining

MRT-Studie zur Gehirnreaktion nach Meditationstraining

Univ.-Prof. Dr. Elke Gizewski leitet am Universitätsklinikum Innsbruck die Universitätsklinik für Neuroradiologie. Dr. Gizewski ist sowohl Fachärztin für Radiologie mit dem Schwerpunkt auf Neuroradiologie als auch Psychotherapeutin.

Mitte März 2021 hielt sie gemeinsam mit Frau Mag. Waibel und Herrn Univ.-Prof. Dr. Singewald einen Online-Vortrag innerhalb der „Woche des Gehirns“, eine Veranstaltung der MedUni Innsbruck, zum Thema „Meditation – Neues aus der Hirnforschung“, bei welchem auch die MRT-Studie vorgestellt wurde.

 

 

 

CredoWeb: Bitte um eine kurze Beschreibung der Studie mit allen relevanten Fakten!

 

 

Univ.-Prof. Dr. Elke Gizewski: In unserer Studie wurden 25 gesunde Probanden und Probandinnen eingeschlossen und unter einer konzentrationsbasierten Meditation sowie unter fokussierter Aufmerksamkeit im MRT gemessen.


 Alle Probanden waren zu Beginn der Studie ohne Vorkenntnisse in der Meditation und absolvierten dann eine Ausbildung in Meditation über 7 Wochen. Die Messungen fanden einmal vor und einmal nach der Ausbildung statt.

 

Die MRT ist heutzutage eine weit verbreitete Methode der Bildgebung in der Medizin. Aber auch in der Wissenschaft wird diese häufig eingesetzt, da sie nebenwirkungsfrei und in hoher Auflösung Darstellungen der Körperstrukturen, Funktionen und Metabolismen erlaubt. Über die, neben der strukturellen Bildgebung, hier eingesetzten Phosphor-Spektroskopie Messung kann man die Verhältnisse des Energieverbrauches im Gehirn ohne Nebenwirkungen messen.

 


 

CredoWeb: Was war der Anstoß zum Starten einer solchen Studie?

 

 

Univ.-Prof. Dr. Elke Gizewski:

 

In einer Veranstaltung zur Woche des Gehirns vor 3 Jahren hatten Prof. Singewald (der zu molekularen Mechanismen der Angsterkrankungen forscht), die ebenfalls vortragende Yoga- und Meditationsausbilderin Frau Mag. Waibel und ich die Idee, eine Studie zum Einfluss der Meditation auf die Gehirnfunktionen und Struktur zu planen.

 

 

CredoWeb: Welche bildgebenden Verfahren wurden innerhalb der Untersuchung angewendet und warum?



 

Univ.-Prof. Dr. Elke Gizewski: Wie schon gesagt, wurden die TeilnehmerInnen vor und nach dem Meditationstraining mittels MRT (Magnetresonanztomografie) und Phosphor-Spektroskopie Messung untersucht.

 

Viele Studien wurden bislang im MRT mit der klassischen funktionellen MRT durchgeführt, die die zerebrale Aktivität über den „Umweg“ der vermehrten Durchblutung in diesen Regionen misst.

 

Unsere Idee war nun die Phosphor-Magnetresonanz-Spektroskopie zu verwenden mit denen man verschiedene Moleküle der Energieprozesse messen kann.

© Universitätsklinik für Neuroradiologie Innsbruck

 

Bezüglich der Meditationsform war es zudem wichtig, eine Form aus den vielen verschiedenen auszuwählen, die nicht zu sehr mit Visualisierungen arbeitet und zudem sehr gut standardisiert ist, so dass möglichst alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen einen vergleichbaren Prozess durchmachen konnten.

 

 

Erfahren Sie mehr zu dieser Meditationsform und den Rückmeldungen der StudienteilnehmerInnen im Artikel von Frau Mag. Michaela Waibel: Wie Meditation & Yoga unser Leben (und unser Gehirn!) verändern kann

 

 

 

CredoWeb: Welche Ergebnisse lieferte die Studie zur Hirnstruktur?

 

 

Univ.-Prof. Dr. Elke Gizewski: Das Hirnvolumen änderte sich im Vergleich vor und nach dem meditativen Training, obwohl es sich hier um nur 7 Wochen handelte. Wir konnten nachweisen, und damit Ergebnisse von Studien anderer Gruppen bestätigen, dass die weiße Substanz sich vor allem in den Regionen, die die Basalganglien umgeben, im Sinne einer Zunahme verändert.

 


© Universitätsklinik für Neuroradiologie Innsbruck

 

Die graue Substanz zeigte sowohl Areale mit einer Zunahme (Stirnhirn, Insula und Teile der Basalganglien), als auch mit einer Abnahme (Schläfen- und Scheitellappen). Manche dieser Veränderungen korrelierten zudem mit der Abnahme in der situativen Ängstlichkeit.

 



CredoWeb: Hatte das Meditationstraining also messbaren Einfluss auf Ängstlichkeit bei den TeilnehmerInnen?



 

Univ.-Prof. Dr. Elke Gizewski:

 

Ja, wobei man sagen muss, dass wir keine ängstlichen Personen, sondern Normalprobanden hatten. Daher änderte sich nicht in allen per Fragebogen erhobenen Items die Werte.

 

 

Hier geht es zum Artikel von Univ.-Prof. Dr. Nicolas Singewald zum Thema „Meditation als mögliche Therapie bei Angststörungen“: Meditation als mögliche Therapie bei Angststörungen

 

 

 

CredoWeb: Welche interessanten Ergebnisse lieferte die Studie außerdem?

 

 

Univ.-Prof. Dr. Elke Gizewski: Ausgewertet wurden 4 wichtige Energie-Molekül-Verhältnisse in 5 verschiedenen Hirnregionen. Schaut man sich dann die Unterschiede zwischen den unterschiedlichen mentalen Situationen an, so finden sich Änderungen des Energiehaushaltes im Vergleich von Entspannung vor Erlernen der Meditation und unter Meditation nach Erlernen. Wir konnten einen geringeren energetischen Status okzipital (= zum Hinterhaupt gehörend) nachweisen.

 


© Universitätsklinik für Neuroradiologie Innsbruck

 

Interessant war zudem, dass insbesondere im Schläfenlappen und den Basalganglien Veränderungen des Energiehaushaltes mit einem höheren energetischen Status auftraten, wobei ein Wert auf eine höhere Vigilanz (= Zustand andauernder Aufmerksamkeit bei eintöniger Reizfrequenz) hindeuten kann.

 

 

 

CredoWeb: Was ist Ihr persönliches Fazit?



 

Univ.-Prof. Dr. Elke Gizewski:

 

Es war eine sehr spannende Studie, die in der Zusammenarbeit sehr perfekt durchgeführt wurde. Die Ergebnisse zeigen einmal wieder, dass unser Gehirn auch im Erwachsenenalter noch sehr plastisch ist und es sich je nachdem was wir tun und wie wir trainieren, in der Funktion und Struktur anpassen kann.

 

 

 

CredoWeb: Wie wird das Endergebnis dieser Untersuchung nun weiter genutzt? Sind diesbezüglich weitere Studien geplant?



 

Univ.-Prof. Dr. Elke Gizewski: Wir planen zum einen, die Probanden nun noch einmal zu messen (nach der jetzigen COVID-19-Welle) um zu sehen, ob es auch im Langzeitverlauf noch Veränderungen gibt. Zudem planen wir eine Weiterführung der Studie, in der wir die Kontrollbedingungen noch verbessern möchten und die Gruppengröße erhöhen, um eine weitere Sicherheit zu Validität der Ergebnisse zu bekommen.

 

 

 

Interview: Christina Neumayer/CredoWeb



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