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Im Gespräch: DDr. Peter Voitl über Arzneipflanzen in der pädiatrischen Praxis

Im Gespräch: DDr. Peter Voitl über Arzneipflanzen in der pädiatrischen Praxis

DDr. Peter Voitl erklärt warum pflanzliche Arzneien zur Behandlung von Kindern eine hohe Akzeptanz unter Eltern genießen und bei welchen Erkrankungen Phytotherapeutika in der pädiatrischen Praxis eingesetzt werden.


CredoMedia: Viele Eltern bevorzugen Arzneipflanzen zur Behandlung ihres Kindes – wie erklären Sie sich das?

DDr. Peter Voitl: Vor allem weil Arzneipflanzen immer mit etwas positivem bzw. weniger chemischem assoziiert werden. Die Erfahrungen aus dem Praxisalltag sind wirklich gut und die Nebenwirkungsrate ist in der Tat geringer als bei einer Behandlung mit Antibiotika. Darüber hinaus besteht kein Unterschied in der Zeit der Erholung im Vergleich zu einer Antibiotikatherapie. Die Akzeptanz ist also insgesamt gut und aus diesem Grund werden Phytotherapeutika auch verwendet, was wiederum bedeutet, dass sie tatsächlich wirksam sind.

CredoMedia: Bei welchen Kindererkrankungen werden pflanzliche Arzneimittel als Behandlungsoption meist gewählt bzw. empfohlen?

DDr. Peter Voitl: Bei sehr vielen – es können Hauterkrankungen sein, bei welchen Cremes verwendet werden; es können Bauchbeschwerden sein, bei welchen wir mit Himbeerblätern und auch mit anderen Pflanzen gute Erfahrungen gemacht haben; aber auch beispielsweise Augenreizungen und natürlich bei Atemwegserkrankungen – grundsätzlich sind Virusinfektionen die häufigste Ursache unter Kindern zum Arzt zu gehen.

CredoMedia: In Österreich sind derzeit etwa 400 pflanzliche Medikamente zugelassen – werden diese bzw. manche davon in der kinderärztlichen Praxis häufig eingesetzt?

DDr. Peter Voitl: Ja – mit gutem Erfolg! Beispielsweise werden Anis-, Fenchel sowie Kümmelzubereitungen bei Bauchbeschwerden angewendet; Extrakte aus Thymian, Spitzwegerich oder Islandmoos – bei Husten; Augentrosttropfen werden bei Augenreizungen eingesetzt und Hanfsamenöl bei Hauterkrankungen wie zum Beispiel atopischer Dermatitis – um nur einige Beispiele zu nennen. Allerdings ist vor allem bei Hustensäften darauf zu achten, dass es sich um alkoholische Extrakte mit hohem Zuckergehalt handeln kann – und das ist besonders bei Kindern unerwünscht.

CredoMedia: Bedeutet rein pflanzlich gleich ungefährlich? Können pflanzliche Arzneien unerwünschte Nebenwirkungen haben?

DDr. Peter Voitl: Nein, pflanzlich bedeutet nicht ungefährlich – man kann bspw. einen Knollenblätterpilz zu sich nehmen, der hochgiftig ist. Aber die zugelassenen pflanzlichen Arzneimittel, die in der Praxis verwendet werden, sind gut verträglich, wobei man selbstverständlich ein bestimmtes Wissen dazu benötigt. Der Vorteil einer Phytotherapie ist nämlich, wie schon gesagt, dass sie einen milderen Nebenwirkungscharakter aufweist.

CredoMedia: Stimmt es, dass die Heilung bei Kindern schneller als bei Erwachsenen einsetzt?

DDr. Peter Voitl: Ja, tatsächlich – da bei Kindern weniger Grunderkrankungen vorhanden sind, ist der Heilungsprozess auch beschleunigt.

CredoMedia: Vielen Dank!

DDr. Peter Voitl,
Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde

Darüber hinaus betonte DDr. Voitl bei der Pressekonferenz anlässlich des Europäischen Antibiotikatages, der jährlich am 18. November begangen wird und zum Ziel hat die Gefährdung der öffentlichen Gesundheit durch antimikrobielle Resistenzen stärker ins Bewusstsein zu rücken, dass trotz der positiven Erfahrungen in der Praxis, nur für wenige Präparate ein wissenschaftlicher Wirknachweis vorliegt. Eine von den wenigen gut untersuchten Heilpflanzen ist laut DDr. Voitl die Kapland-Pelargonie (Pelargonium sidoides), deren antivirale und antibakterielle Effekte in diversen kontrollierten Studien belegt worden sind. Ihre durchaus positive Wirkung sei besonders bei der Behandlung von akuten Atemwegsinfektionen wie Erkältung, Mandelentzzündung, akute Bronchitis und akute Sinusitis sowie als gut verträgliche pflanzliche Zusatztherpie bei chronischen Erkrankungen wie etwa chronische Bronchitis, COPD und Asthma nicht nur in der Praxis, sondern auch wissenschaftlich nachgewiesen. DDr. Voitl wies darauf hin, dass weitere wissenschaftliche Studien zu mehreren pflanzlichen Arzneien vor allem bei Kindern durchaus wünschenswert sind.

*Die Fragen stellte Simona Ganeva

Bildquelle: Pelargonium sidoides Blüte (Copyright: © Austroplant-Arzneimittel GmbH): Foto Peter Voitl (Copyright: © Foto Wilke)

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